Drucksache Nr. 0462/2015:
Erhaltungssatzung Hildesheimer Straße 230; Döhren
Satzungsbeschluss

Inhalt der Drucksache:

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0462/2015
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Erhaltungssatzung Hildesheimer Straße 230; Döhren
Satzungsbeschluss

Antrag,

die Erhaltungssatzung für das Grundstück Hildesheimer Straße 230 (Anlage 3) in Hannover-Döhren gem. § 172 Abs. 1 Nr.1 BauGB und § 10 Abs. 1 und § 58 Abs. 2 NKomVG zu beschließen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sind nicht zu erkennen.

Kostentabelle

Grundsätzlich entstehen der Stadt keine Kosten. Im Einzelfall ist gem. § 173 Abs. 2 BauGB auf Antrag eines betroffenen Eigentümers zu prüfen, ob die Voraussetzungen für einen Übernahmeanspruch bestehen.

Begründung des Antrages

Das Grundstück Hildesheimer Straße 230 ist mit einem eingeschossigen Gebäudekomplex mit ausgebautem Dachgeschoss bebaut, der als Gaststätte genutzt wird. Die Aufgabe dieser Nutzung wird von der Eigentümerin in Betracht gezogen. Mit Bescheid vom 8. Juli 2014 wurde die Entscheidung über die Bauvoranfrage einer Projektentwicklungsgesellschaft zur Zulässigkeit von zwei Mehrfamilienwohnhäusern nach § 15 Abs. 1 S. 1 BauGB zurückgestellt und der Abbruch von Gebäuden und Gebäudeteilen wurde nach § 15 Abs. 1 S. 2 BauGB vorläufig untersagt.

Gegenüber der Eigentümerin wurde mit Bescheid vom 26.08.2014 nach § 15 Abs. S. 2 BauGB ebenfalls die vorläufige Versagung des Abbruchs von Gebäuden und Gebäudeteilen ausgesprochen. Im Rahmen der Anhörung zu diesem Bescheid hat die Eigentümerin durch ihren Rechtsanwalt mitteilen lassen, dass sie die rechtliche Zulässigkeit der Erhaltungssatzung bezweifelt.

Am 19. Dezember 2014 wurde beim Verwaltungsgericht aufgrund des ergangenen Widerspruchsbescheides Klage eingereicht.

Inhaltlich wird argumentiert, dass die Prägung des Gebäudes für die Stadtgestalt deshalb nicht gegeben sei, weil die Hildesheimer Straße mit 3- bis 4-geschossigen Häusern in geschlossener Bauweise bebaut sei. Das Gebäude Hildesheimer Straße 230 sei ein von Bäumen verdeckter Fremdkörper, der eher wie eine Baulücke wirke. Insoweit dürfte es auch aus städtebaulicher Sicht sogar erforderlich sein, das Gebäude abzureißen, um die geschlossenen Bebauung fortzuführen. Weiterhin wird angezweifelt, dass das Gebäude eine städtebauliche und geschichtliche Bedeutung hat, denn durch zahlreiche Um- und Anbauten im Laufe der Zeit wäre die Eigenart der ehemaligen Hofstelle nicht mehr zu erkennen. Schließlich wird angedroht, einen Schadenersatz in sechsstelliger Höhe geltend zu machen, da infolge der – aus Sicht der Klageerheber- rechtswidrigen Erhaltungssatzung und dem damit verbundenen Abrissverbot ein Verkauf des Gebäudes nur zu einem geringeren Kaufpreis möglich wäre.

Ergänzend wird in der Begründung der Klage ausgeführt, dass aufgrund eines Fluchtlinienplanes und des Baunutzungsplanes von 1960 Baurechte bestünden, nach denen eine IV-geschossige und geschlossene Wohnbebauung zulässig wäre.



Die Verwaltung teilt diese Meinung nicht. In der Begründung zur Erhaltungssatzung (siehe Anlage 2 der Drucksache) werden die Erhaltungsziele detailliert ausgeführt.

Demnach spiegelt das historisch wertvolle Bauwerk als typischer Vertreter der Baukultur seiner Zeit die besondere bauliche Entwicklung einer bestimmten Epoche wieder und ist als zeitgeschichtliche Reminiszenz von Bedeutung. Unter dem Gesichtspunkt der Ortsgeschichte ist es eines der sehr wenigen profanen Bauten Döhrens mit vorgründerzeitlicher Entstehung. Die vorhandenen An- und Umbauten sind im Verhältnis zur Kubatur des Hauptgebäudes deutlich untergeordnet und ohne erhebliche Wirkung auf das Hauptgebäude. Durch seine Kubatur und als Kontrast zur Umgebung ist dieses Gebäude als Besonderheit zu betrachten und ist demnach als Herausstellungsmerkmal erhaltenswert. Das Gebäude prägt heute als Zeugnis der vorindustriellen Geschichte Döhrens als einziges, nicht blockgebundenes Gebäude auf 500 m Länge von Willmerstraße bis zur Abelmannstraße durch seine Andersartigkeit in Bezug auf Eingeschossigkeit, Walmdach und Giebelständigkeit. Das Ensemble auf dem Grundstück Hildesheimer Straße 230 übt seine prägende Wirkung durch den klaren Gegensatz zur umgebenden, deutlich später entstandenen Blockrandbebauung aus. Mit dieser Präsenz sichert es dem Quartier ein subtiles Alleinstellungsmerkmal und steuert so zur Unverwechselbarkeit der Ansicht des Straßenzuges bei. Sein Wegfall würde den Block gestalterisch ärmer machen. Aus diesem Grund hat das Gebäude mit seiner beschriebenen Einzig- und Andersartigkeit, eine große städtebauliche Bedeutung. Zur Frage einer wirtschaftlich vertretbaren Verwertung kann derzeit auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Erlass dieser Erhaltungssatzung einer zukünftigen Nutzung und damit der Erhaltung des Gebäudes in wirtschaftlich unvertretbarem Maße im Wege stünde. Denkbar ist z.B. eine Weiternutzung als Restaurant, Wohnprojekt oder Verkaufsstätte mit besonderem Ambiente. Nach Einschätzung der Verwaltung liegen somit die Voraussetzungen für den Erlass der Satzung entgegen der Auffassung der Eigentümerin vor. Demnach wären auch Schadensersatzforderungen ausgeschlossen.

Im Rahmen der Abwägung der genannten Erhaltungsziele dieser Satzung mit den Eigentümerinteressen ist die Verwaltung der Ansicht, dass trotz der Gefahr einer Klage und gerichtlicher Überprüfung die Satzung zur Rechtskraft gebracht werden sollte.


Ein qualifizierter Bebauungsplan besteht nicht. Der angeführte Baunutzungsplan von 1960 ist am 19.03.1990 durch Fristablauf außer Kraft getreten. Es gilt lediglich noch der Fluchtlinienplan Nr. 580, der eine Vorgartenfläche festsetzt und keine Aussagen zu Art und Maß der baulichen Nutzung macht. Die Zulässigkeit von Vorhaben richtet sich darüber hinaus nach § 34 BauGB. Danach wäre eine dreigeschossige Wohnbebauung mit ausgebautem Dachgeschoss zulässig, die sich an die vorhandene Bebauung an der Hildesheimer Straße anschließt. Der Bestand der Gebäude auf dem Grundstück Hildesheimer Straße 230 ist gefährdet, falls die vorhandenen Baurechte ausgenutzt werden sollten. Die vorhandene Bebauung prägt jedoch die Stadtgestalt und ist von besonderer städtebaulicher und geschichtlicher Bedeutung. Sie soll deshalb erhalten bleiben.

61.1B 
Hannover / 26.02.2015