Informationen:
Nachrichtlich:
- Ratsversammlung
Antragsteller(in):
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
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Wegen der landesweiten und überregionalen Folgen eines möglichen Störfalls in einem Atomkraftwerk hat die Strahlenschutzkommission (SSK) „Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen“ erstellt. Die Strahlenschutzkommission berät das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) in allen Angelegenheiten des Schutzes vor radioaktiven Strahlen. Diese zurzeit noch aktuellen Rahmenempfehlungen aus dem Jahr 2008 sind auch in Niedersachsen per Erlass des Innenministeriums im Juli 2009 verbindlich eingeführt worden. Das heißt, dass alle Maßnahmen, die sowohl präventiv als auch konkret im Schadensfall erforderlich sind, auf Basis dieser Rahmenempfehlungen erstellt wurden.
Für die Katastrophenschutzplanungen wird das Gebiet um eine kerntechnische Anlage kreisförmig in Zonen aufgeteilt. Zurzeit wird nach den Rahmenempfehlungen aus dem Jahr 2008 neben einer Zentralzone mit einem Außenradius von 2 km, eine 10 km Mittelzone und eine 25 km Außenzone festgelegt. Ferner wird eine Fernzone, die als kreisförmige Planungszone einen inneren Radius von 25 km und einen Außenradius von 100 km hat, definiert. Das Gebiet der Landeshauptstadt Hannover liegt in der Fernzone um das Kernkraftwerk Grohnde.
Für die Fernzone ist vorgesehen, dass die Verteilung von Jodtabletten an Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie Schwangere vorzubereiten ist. Für das Stadtgebiet betrifft dieses ca. 80.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Weiterhin ist sicher zu stellen, dass die Warnung der Bevölkerung, insbesondere vor dem Verzehr frisch geernteter Lebensmittel, unverzüglich vorbereitet werden kann. Alle weiteren Schutzmaßnahmen in der Fernzone werden erst im Schadensfall und in Abhängigkeit der konkreten Lagebeurteilung durch das Radiologische Lagezentrum geplant und durchgeführt.
Alle Maßnahmen für das hannoversche Stadtgebiet würden im Schadensfall durch den SAE, den Stab außergewöhnliche Ereignisse, festgelegt und koordiniert. Wie bei allen anderen Schadenslagen auch, wäre der Oberbürgermeister als Hauptverwaltungsbeamte zuständig für die Feststellung des Katastrophenfalls. Im SAE bzw. Katastrophenschutzstab würde dann auch eine eigenständige Auswertung der radiologischen Lage durchgeführt. Die Feuerwehr verfügt zusätzlich zu extern bereitgestellten Messdaten auch über ein eigenes leistungsfähiges ABC-Konzept, das auch geeignet ist, eigene radiologische Messungen durchzuführen und Messstellen einzurichten. Auf diese Weise wird es möglich, die überregional bereit gestellten Daten vor Ort mit eigenen Mitteln zu überprüfen und nach eigenen Vorgaben zu erweitern.
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat nach dem Unfall in Fukushima 2011 die Auswirkungen eines Unfalls in einem deutschen Kernkraftwerk mit einem ähnlichen Verlauf wie in Fukushima in Deutschland untersucht. Eine systematische Vertiefung dieser ersten Untersuchung wurde zwischen 2012 und 2013 durchgeführt und der ausführliche Bericht dazu im Februar 2015 veröffentlicht. Die Ergebnisse sind direkt in eine neue Empfehlung der SSK eingeflossen. Die Rahmenempfehlungen aus dem Jahr 2008 wurden von der Strahlenschutzkommission entsprechend überarbeitet und im Februar 2015 verabschiedet. Die Veröffentlichung im Bundesanzeiger erfolgte im Januar 2016.
Die neuen Empfehlungen sehen eine Ausweitung der bisherigen Planungsradien in der Umgebung von Kernkraftwerken vor. Die bisherige Fernzone entfällt und das Gebiet der Landeshauptstadt Hannover würde dann in der Außenzone (20-100 km) um das Kernkraftwerk Grohnde liegen. Wesentliche Änderung gegenüber den bisherigen Planungen wäre, dass die Verteilung von Jodtabletten an alle Personen bis 45 Jahre vorzuplanen ist, anstatt wie bisher nur an Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren sowie Schwangere.
Das Land Niedersachsen steht nun in der Zuständigkeit und Verantwortung, die neuen Rahmenempfehlungen zunächst per Erlass für verbindlich zu erklären sowie zusammen mit dem Bund die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. Hierunter fällt im Wesentlichen die Beschaffung und zentrale Bereitstellung der zusätzlichen Jodtabletten. Anschließend werden die Notfallplanungen der LHH entsprechend an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst. Die vorbereitenden Maßnahmen hierzu sind bereits eingeleitet.