Antrag Nr. 0395/2022:
Antrag der Fraktion die PARTEI & Volt zu einer Anhörung “Dekolonialisierung in Hannover”

Informationen:

verwandte Drucksachen:

0395/2022 (Originalvorlage)

Beratungsverlauf:

Antragsteller(in):

Fraktion Die PARTEI & Volt

Inhalt der Drucksache:

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Antrag der Fraktion die PARTEI & Volt zu einer Anhörung “Dekolonialisierung in Hannover”

Antrag

Die Verwaltung wird beauftragt, gemeinsam mit dem Kulturausschuss, dem Stadtentwicklungs- und Bauausschuss und dem Internationalen Ausschuss zum nächstmöglichen Termin eine Anhörung zum Thema “Dekolonialisierung in Hannover” durchzuführen. Dabei soll es unter anderem darum gehen, wie die Landeshauptstadt und die Stadtgesellschaft mit ihrer kolonialen Geschichte umgehen und diese aufarbeiten sollte, ebenso Umgang mit Denkmälern, Straßennamen und ähnlichem sowie die Erörterung der Frage, ob ein Beirat ein sinnvolles Instrument für diese Themen sein kann.

Als Expert*innen werden zu diesem Thema eingeladen:

  • Vertreter*in der Initiative “Decolonize Hannover”
  • Vertreter*in vom kargah e.V.
  • Vertreter*in vom ADV-Nord
  • Mareike Späth (Landesmuseum Hannover)

Begründung


Die Fremdherrschaft über Teile Afrikas, Ozeaniens, Amerikas und Asiens ist ein verdrängtes Kapitel europäischer, deutscher, aber eben auch hannoverscher Geschichte.

Auch in unseren Museen finden sich verschiedenste Exponate wie Alltags-, Ritual- und Kunstgegenstände, die uns nicht gehören. Hannovers Straßen tragen Namen von gewalttätigen Befehlshabern und Dieben aus den ehemaligen Kolonien.

Aus dieser kolonialen, nicht aufgearbeiteten Geschichte resultieren rassistische Ressentiments. Der deutsche Kolonialismus, der auch für Niedersachsen relevant war, bleibt bis heute häufig unerwähnt oder wird im Vergleich mit anderen ehemaligen Kolonialmächten kleingeredet.

Dabei ist erstens ein Vergleich verschiedener Gräueltaten mit dem Ziel der Verharmlosung einer Tätergruppe unangebracht, und zweitens haben deutsche Kolonialistinnen und Kolonialisten Menschenrechtsverbrechen begangen, die durch nichts schönzureden sind.

Obwohl wir uns in Deutschland immer wieder mit unserer Erinnerungskultur in Bezug auf die Gräueltaten des Nationalsozialismus rühmen, gibt es einige Kapitel der Deutsch Geschichte, die längst nicht aufgearbeitet sind. Das Thema Kolonialismus wird bis heute in der Öffentlichkeit kaum aufgearbeitet. Nicht nur das, es stehen sogar in vielen Städten (so auch in Hannover) tagtägliche Erinnerungen an die Kolonialzeit in Form von Statuen herum. Bürger*innen stellt sich die Frage, wer hat diese Statuen warum dort hingestellt? Und stehen wir als Gesellschaft dahinter, eine Statuen in unserer Stadt stehen zu haben, die ursprünglich zu Ehren von Kolonialismus, Unterdrückung und Genozoid aufgestellt wurden?

Dieser Diskurs ist nicht neu, und dennoch immer noch aktuell. Rassistische Übergriffe in Hannover steigen (siehe Bericht des Recherchenetzwerkes Hannover 2021) und zeigen auf, dass wir unsere Vergangenheit und die mit kolonialem Herrschaftsanspruch begründeten Gräueltaten nicht aufgearbeitet haben.

Um diese Fragen gemeinsam zu klären, beantragen wir diese Anhörung und hoffen, dass wir gemeinsam mit Expert*innen eine Idee finden, wie wir in Zukunft mit diesem schwierigen Thema insbesondere in Bezug auf den Diskurs, der Aufarbeitung und der Denkmäler lokal handeln wollen.

Es geht darum gemeinsam zu diskutieren und bestenfalls eine Entscheidung treffen ob die Statuen (künstlerisch) umgewandelt, versetzt oder ganz entfernt werden sollten.

Juli Klippert
Fraktionsvorsitz