Informationsdrucksache Nr. 0375/2013:
Patenschaften für Kinder von psychisch erkrankten Elternteilen

Inhalt der Drucksache:

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0375/2013
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Patenschaften für Kinder von psychisch erkrankten Elternteilen


2008/2009: Entwicklung der fachlichen Grundlage

In der Info-Drucksache Nr. 1587 / 2009 wurde über das beabsichtigte Vorhaben des Fachbereiches Jugend und Familie informiert, ein Patenschaftsmodell für Kinder aufzubauen, die mit einem psychisch erkrankten Elternteil zusammenleben.

Das Projekt wurde zwischenzeitlich auf den Personenkreis der "psychisch belasteten" Eltern erweitert.

Im Erprobungszeitraum wurde von fünf Patenfamilien und damit von fünf Einzelfällen ausgegangen.

Die psychische Erkrankung eines Elternteils hat Auswirkungen auf den Alltag der Kinder, auf ihre Bewältigungsstrategien und auf ihre Entwicklung insgesamt. Kinder sind im Familiensystem immer die schwächsten Mitglieder. Sie tun alles, was ihnen möglich ist, um die Familie zusammenzuhalten und zu stabilisieren. Mangels verlässlicher und verantwortlicher Familienstrukturen sind Kinder durch die zwangsläufige Übernahme von Aufgaben und Funktionen einer permanenten Stress- und Überforderungssituation ausgesetzt.

Kinder sind in vielfacher Hinsicht von der psychischen Erkrankung eines Elternteiles mit betroffen. Sie benötigen besondere Hilfe im Umgang mit der Erkrankung der Eltern, um eine Traumatisierung zu verhindern. Bei ungünstigen Psychodynamiken innerhalb des Familiensystems droht die Gefahr, selbst psychisch zu erkranken bzw. eine Teilhabestörung zu entwickeln.

Um sich emotional gesund entwickeln zu können, benötigen Kinder verlässliche Beziehungen zu Erwachsenen. Sie benötigen berechenbare Bezugspersonen, die ihnen einen stabilen Bezugspunkt bieten, ihnen emotional kontinuierlich zur Seite stehen, sie versorgen und denen sie ihre Probleme anvertrauen können.

Patenschaftsmodelle sind eine Form der Netzwerkförderung, die sich anbietet, wenn im familiären Beziehungssystem keine stabilen sozialen Bezüge vorhanden sind, die in Krisenzeiten aktiviert werden und den Kindern Rückhalt geben können. Paten können als vertraute Personen im jeweiligen Lebensumfeld für die vorübergehende Unterbringung in einer Krisensituation eingesetzt werden.

Die Beziehungen zwischen Kindern und Herkunftseltern bleiben erhalten. Patenschaften kommen nur in Familien infrage, in denen die Eltern die Betreuung und Versorgung ihrer Kinder überwiegend selbst sicherstellen können. Nur in diesen "stabilen" Zeiten kommt die Vermittlung einer Patenschaft infrage. Die Konzeption sieht keine Überführung des Betreuungsverhältnisses in eine unbefristete Vollzeitpflege vor.

Die Stützmaßnahme ist als langfristig anlegte Hilfe ausgerichtet auf Kinder, die im Haushalt eines psychisch erkrankten Elternteils leben können, weil noch eine ausreichende Stabilität vorhanden ist und (noch) keine Indikation für eine Fremdunterbringung besteht. Es handelt sich dementsprechend um eine niedrigschwellige familienunterstützende Hilfe.

Das Projekt wird durch eine Koordinationsgruppe (KSD-Fachberatung und KSD-Pflegekinderdienst, Jugend- und Familienberatung der LHH; Sozialpsychiatrischer Dienst der Region Hannover) begleitet und umgesetzt, die auch für die Erarbeitung des Qualifizierungskonzeptes sowie die Durchführung und Auswertung der Qualifizierung verantwortlich ist.


1. Durchgang (2010 / 2011)

Aus dem BewerberInnenpool des KSD-Pflegekinderdienstes und IKEM (Informations- und Koordinationsstelle für ehrenamtliche Mitarbeit) wurden vier interessierte Einzelpersonen und Ehepaare angefragt, eine Patenschaft zu übernehmen.

Nach Durchlaufen einer Informationsveranstaltung und der Qualifizierung im Herbst 2010 wurde 2011 eine erste Patenschaft eingerichtet, die seitdem erfolgreich läuft.


2. Durchgang (2011 / 2012)

Um das Projekt auf eine breitere Basis zu stellen, wurde im Herbst 2011 eine Anzeige in den Tages- und Wochenzeitungen zur Gewinnung weiterer Interessierter für eine Patenschaft veröffentlicht.

Daraufhin meldeten sich 17 an dem Projekt Interessierte, von denen nach einer entsprechenden Informationsveranstaltung im November 2011 fünf Personen im Frühjahr 2012 in die Qualifizierung gingen.

Nach entsprechenden Auswertungs- und Reflektionsgesprächen standen Mitte 2012 drei weitere Patinnen zur Vermittlung zur Verfügung. Davon wurden zwischenzeitlich zwei Patenschaften eingerichtet. In einem Einzelfall läuft die Vermittlung.

Ablauf einer Patenschaft/Zuständigkeiten

Die Familien, aus denen die Kinder kommen, werden durch den zuständigen KSD-Bezirk betreut. Dort erfolgt auch die Hilfeplanung nach dem SGB VIII.

Die Eltern werden bzw. der Elternteil wird fachärztlich / psychiatrisch behandelt bzw. es ist ein entsprechendes Hilfenetz vorhanden; ggf. erfolgt eine Beteiligung des Sozialpsychiatrischen Dienstes.

Die kontinuierliche Begleitung der Patinnen erfolgt im Rahmen einer Begleitgruppe durch die Jugend- und Familienberatung.

Die Koordination für das Gesamtprojekt liegt bei der KSD-Fachberatung.

Finanzierung

Patenschaften verbinden Elemente der Tagespflege und der Bereitschaftspflege mit der Möglichkeit einer flexiblen Krisenintervention und einer alltagspraktischen, verwandtenähnlichen Unterstützung für die Familie.

Die Finanzierung erfolgt vom Grundsatz her nach § 16 SGB VIII (Allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie); in der Phase III nach § 33 SGB VIII.

Zur Anbahnung und Aufrechterhaltung des Kontaktes wird ein monatlicher Festbetrag von 170,- € gezahlt, der eine Pauschale von 20,- € für Aktivitäten mit dem Kind beinhaltet. Dabei wird von zwei wöchentlichen Kontakten ausgegangen. Bei einem geringeren Betreuungsumfang verringert sich dieser Betrag entsprechend.

Wenn es zu einer intensiveren Betreuung zur Entlastung des erkrankten Elternteils kommt, (bis drei Stunden tägliche Betreuung) wird zusätzlich ein Betrag von 162,- € gezahlt.

Kommt es zu einem Ausfall des erkrankten Elternteils, wird der monatliche Festbetrag entsprechend der geltenden Sätze der Vollzeitpflege aufgestockt.


Ausblick

Die bestehenden Patenschaften verlaufen grundsätzlich positiv. Die Patinnen werden von den betreuten Kindern und ihren Eltern gut angenommen.

Eine abschließende Bewertung dieser niedrigschwelligen familienunterstützenden Hilfe (u.a. zur Nachhaltigkeit bzw. Wirksamkeit der Patenschaft für die betreuten Kinder) ist aufgrund des noch relativ kurzen Betreuungszeitraums noch nicht möglich.

Zurzeit wird überlegt, über eine erneute Zeitungswerbung wieder Interessierte für diese Aufgabe zu finden.









Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Mit der Maßnahme trägt die Landeshauptstadt Hannover u. a. dazu bei, im Sinne des Bundeskinderschutzgesetzes (Ausbau Früher Hilfen) jungen Müttern und Vätern frühzeitig Unterstützung bei der Erziehung und Betreuung ihrer Kinder zu geben.

Aufgrund bisheriger Erfahrungen kann die Aussage getroffen werden, dass insbesondere alleinerziehende Mütter Adressatinnen der Hilfe sind bzw. sein werden.

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

51.2 
Hannover / 14.02.2013