Informationsdrucksache Nr. 0373/2020:
Sachstandsbericht zur Beteiligung der LHH an der Umsetzung des Teilhabechancengesetzes – 10. SGB II ÄndG

Inhalt der Drucksache:

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Sachstandsbericht zur Beteiligung der LHH an der Umsetzung des Teilhabechancengesetzes – 10. SGB II ÄndG


Einleitung

Mit der I-DS 1338/2019 hat die Verwaltung über das Teilhabechancengesetz, dass mit Wirkung zum 01.01.2019 in Kraft getreten ist, und die beabsichtigte Beteiligung der LHH an der Umsetzung berichtet. Folgende Aspekte sind als zentrale Inhalte der Drucksache hervorzuheben:


- Ziel des Gesetzes ist es, die Gruppe von arbeitsmarktfernen Langzeitarbeitslosen, die seit langem Leistungen nach dem SGB II beziehen und ohne besondere Unterstützung absehbar keine realistische Chance auf Aufnahme einer Beschäftigung haben, durch das vermehrte Angebot von Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem allgemeinen und sozialen Arbeitsmarkt zu fördern.


- Als Mittel zur Schaffung entsprechender Beschäftigungsmöglichkeiten ist ein degressiver Zuschuss für Arbeitgeber, von bis zu fünf Jahren im Rahmen des §16i SGB II und für bis zu zwei Jahren im Rahmen des §16e SGB II, vorgesehen.


- Die Fördermöglichkeit richtet sich an alle Arbeitgeber, unabhängig von Art, Branche, Rechtsform oder Region. Es kommt nicht darauf an, ob die Arbeitgeber erwerbswirtschaftliche, gemeinnützige oder öffentliche Arbeitgeber sind.


- Die Arbeit unterliegt im Gegensatz zu Maßnahmen nach § 16d SGB II (Arbeitsgelegenheiten) keinen Einschränkungen und muss nicht zusätzlich bzw. wettbewerbsneutral sein und/oder im öffentlichen Interesse liegen.


- Geförderte Arbeitnehmer*innen sollen in Form einer ganzheitlichen beschäftigungsbegleitenden Betreuung intensiv unterstützt, individuell beraten und wirksam gefördert werden.


- Der Bund stellt bis zum Jahr 2022 insgesamt vier Milliarden Euro zur Verfügung und setzt zusätzlich die durch die Begründung von Arbeitsverhältnissen eingesparten Mittel des Bundes für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Finanzierung der Maßnahmen nach §16i SGB II ein (sog. Passiv-Aktiv-Transfer).


- Aufgrund der positiven Rahmenbedingungen des vorliegenden Gesetzes bezüglich Finanzierung und Einsatzmöglichkeiten hat die Verwaltung entschieden bis zu 100 langzeitarbeitslose Menschen, die auf der Grundlage des § 16i SGBII gefördert werden, zu beschäftigen.


- Der Eigenfinanzierungsanteil der LHH muss in der Beschäftigungsförderung erwirtschaftet bzw. durch vorhandene Budgetansätze der Fachbereiche gedeckt werden.

Generelle Umsetzung

Nachfolgend wird ausschließlich die Umsetzung des § 16i SGB II (Teilhabechancengesetz) betrachtet.

Bundesweit wurden über § 16i SGB II bis Ende Oktober 2019 30.200 geförderte sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse geschaffen. Die Eintritte nach Bundesländern aufgeschlüsselt sind sehr ungleich verteilt. Niedersachsen lag mit 3.100 geförderten Arbeitsverhältnissen hinter Nordrhein-Westfalen (9.700) und Berlin (3.500) an dritter Stelle.

Informationen zu Strukturmerkmalen der geförderten Arbeitsverhältnisse und geförderten Personen liegen in der Statistik der Bundesagentur für Arbeit erst nach einer dreimonatigen Wartezeit vor. Deswegen weisen die nachfolgend genannten Ausführungen Unschärfen bezogen auf die o.g. absolute Zahl der Beschäftigungsverhältnisse auf.

Das Instrument Teilhabe am Arbeitsmarkt wird bundesweit zu einem Drittel von Frauen und zwei Dritteln von Männern in Anspruch genommen. Zwei Drittel der genehmigten Förderungen haben Menschen erhalten, die das 45. Lebensjahr bereits erreicht bzw. überschritten haben. 9 Prozent waren im Alter von 25 bis 34 Jahren. Die Hälfte der geförderten Personen hatte bei Eintritt in die Förderung keine abgeschlossene Berufsausbildung. Das entspricht in etwa der Qualifikationsstruktur der Arbeitslosen in Deutschland. Ausländer sind mit einem Anteil von 10% eher unterrepräsentiert. In der Arbeitslosigkeit liegt ihr Anteil bei rund 25%.

Die bundesweiten Erkenntnisse aus dem ersten halben Jahr seit Maßnahmeeinführung deuten darauf hin, dass Arbeitsplätze insbesondere im Gesundheits- und Sozialwesen sowie der Öffentlichen Verwaltung entstanden sind. Gefördert wurden vor allen Dingen Berufe im Gartenbau, in der Gebäudetechnik oder auch Bürokräfte.

Das Jobcenter Region Hannover hat Mitte November für die Region folgende Zahlen veröffentlicht:

Es lagen 836 gestellte Anträge von Arbeitgebern auf Förderungen von Arbeitsverhältnissen nach § 16i SGB II vor. Davon wurden bisher 706 Anträge bewilligt. In der Region Hannover sind 47 % der Anträge von der freien Wirtschaft gestellt worden. 36 % von gemeinnützigen und 17 % von öffentlichen Arbeitgebern.

Die häufigsten Branchen waren allgemeine Dienstleistungen mit 30 %, Gesundheit und Sozialwesen mit 17% und der Handel ebenfalls mit 17%. Die Arbeitgeber haben die Beschäftigungsverhältnisse in der Region Hannover zu 48% tariflich und zu 52% mit Mindestlohn vergütet. Die geförderten Personen waren zu 37% weiblich und 63% männlich, dies entspricht in etwa den bundesweiten Zahlen.

Werden die Zahlen des Jobcenters Region Hannover in Bezug zu den landesweiten Zahlen gesetzt, 3.100 zu 836, zeigt sich deutlich, dass dieses neue Instrument der Beschäftigungsförderung in der Region Hannover mit weitem Abstand besonders intensiv genutzt wird. Dieses Engagement des Jobcenters Region Hannover ist ausgesprochen begrüßenswert, weil für die immer noch große Gruppe von Langzeitarbeitslosen echte Perspektiven und Chancen im allgemeinen und sozialen Arbeitsmarkt geschaffen werden.

Umsetzung in der LHH

Bis Dezember 2019 wurden von der Verwaltung 50 Verträge mit langzeitarbeitslosen Personen auf Basis des § 16i SGB II geschlossen. Zum 01.01.2020 kommen weitere 2 Vertragsabschlüsse hinzu. Von den 52 geförderten Teilnehmenden sind 50 männlich und nur zwei weiblich. Die Ursachen hierfür sind zum einen in den angebotenen überwiegend handwerklich ausgerichteten Arbeitsfeldern der Beschäftigungsförderung, die nach wie vor männerdominiert sind, und zum anderen in der Zuweisungspraxis des Jobcenters zu sehen. Zu 13 Gesprächsrunden wurden vom Jobcenter Region Hannover insgesamt 221 Bewerbende (ca. 5 Prozent weiblich) eingeladen, davon sind 148 zum Vorstellungsgespräch erschienen.

Im Ergebnis kam es dann zu 81 Vertragsablehnungen von beiden Seiten, 15 Übernahmen in eine AGH-Maßnahme als Vorbereitung eines § 16i SGB II Vertrages und den bereits erwähnten 52 Einstellungen. Von den 52 Personen sind 42 als Helfer und 10 als Facharbeiter (Maler, Maurer u. Tischler) eingestellt worden. Bei den Facharbeitern liegen oftmals gesundheitliche Problemlagen vor, die eine ungeförderte Einstellung auf dem Arbeitsmarkt deutlich erschweren bzw. kaum möglich machen. Die Altersstruktur weist im Vergleich zum Bundestrend ein deutlich höheres Durchschnittsalter bei der LHH auf. 37 Beschäftigte sind über 50 Jahre, 11 über 40 Jahre und 4 über 30 Jahre alt. Bislang hat es bei der LHH noch keinen Vertragsabbruch gegeben (vgl. Jobcenter Region Hannover insgesamt 9%), obwohl der beschäftigte Personenkreis vielfach mit erheblichen Problemen und Einschränkungen versehen ist, wie die in der DS 1338/2019 aufgeführten Beispiele gezeigt haben.

Die Beschäftigung erfolgt in allen Arbeitsbereichen der Beschäftigungsförderung, insbesondere in den Arbeitsgebieten Garten und Landschaft, Umwelt und Natur, Innenraum und Dienstleistungen für Fachbereiche. Aufgrund der zusätzlichen § 16i SGB II geförderten Beschäftigten konnten zusätzliche, auch langfristige, Arbeitsaufträge in den Fachbereichen akquiriert werden. Hierzu gehören u.a. Aufgaben der Verkehrssicherungspflicht für die FB 19 und 23, Sanierungsprogramm für Sitzbänke beim FB 67, Unterstützung der Rathauskantine während der Renovierungsarbeiten, mehrmonatige, unterstützende Umzugs- und Handwerksarbeiten beim Umzug des FB 32 in das neue Verwaltungsgebäude (HannoverServiceCenter) am Schützenplatz sowie Rückbau der ehemaligen Liegenschaften des FB 32.

Im Verlauf des Jahres 2019 konnte bereits ein Anstieg der erledigten Arbeitsaufträge und eine verbesserte Einnahmesituation im Budget der Beschäftigungsförderung festgestellt werden. Dies führen wir zum einem auf die bereits erfolgten Einstellungen von Beschäftigten mit § 16 SGB II Förderungen und den zusätzlichen MAK aufgrund der Drucksache DS 2605/2018 zurück. Mit Stand Ende November resultieren aus den abgeschlossenen Verträgen § 16i SGB II Förderungen durch das Jobcenter in Höhe von rund 584.000 €. Dem stehen Personalausgaben in Höhe von 700.000 € gegenüber. Hieraus ergibt sich eine Refinanzierungsquote durch die Förderung des Jobcenters Region Hannover in Höhe von 83,5 %.

Probleme bei der innerstädtischen Umsetzung

Die Planungen der Verwaltung gehen davon aus, dass von den 100 Beschäftigungsmöglichkeiten im Rahmen von § 16i SGB II 80 in der Beschäftigungsförderung und 20 in den Fachbereichen der LHH geschaffen werden. Alle 52 Einstellungen sind bislang bei der Beschäftigungsförderung (50.4) erfolgt. Die gewünschte Einstellung von nach § 16i SGB II geförderten Personen in den anderen Fachbereichen der LHH (vgl. I-DS 1338/2019) konnte bislang aufgrund der fehlenden oder von der Verwaltung als Rahmen gesetzte Finanzierungsmöglichkeiten nicht realisiert werden. Der Haupthinderungsgrund für die gewünschten Einstellungen ist somit der fehlende Finanzierungsspielraum in den Sachkostenbudgets der Fachbereiche. Aus diversen Rückmeldungen an die Beschäftigungsförderung ist bekannt, dass es jedoch interessante Einsatzmöglichkeiten und Beschäftigungsinhalte gibt. Für die Kofinanzierung der ursprünglich geplanten 20 Beschäftigungsmöglichkeiten in den Fachbereichen ist eine Summe von ca. 1,8 Mio. € für fünf Beschäftigungsjahre erforderlich. Durch die degressiv gestaffelte Förderung des Jobcenters fällt der größte städtische Kofinanzierungsanteil in den letzten Jahren der Beschäftigung an.

Die Umsetzung im Rahmen der Beschäftigungsförderung mit 52 abgeschlossenen Verträgen ist bislang positiv verlaufen. Allerdings stellte sich bei dem Personenkreis auch ein in dieser Form unerwartet hoher Betreuungs- und Unterstützungsaufwand heraus. Er zeigt sich insbesondere in einem sehr hohen und wiederkehrenden Anleitungsbedarf auch bei relativ einfachen Tätigkeiten. Hier bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten, ggf. muss das Anleitungspersonal verstärkt werden.

Ausblick

Dem Jobcenter Region Hannover stehen auch in 2020 zusätzliche finanzielle Mittel zur Förderung von Beschäftigungsmöglichkeiten auf Basis des §16i SGB II zur Verfügung. Es wird davon ausgegangen, dass weitere 700 Personen in der Region Hannover gefördert werden können. Im Rahmen der Beschäftigungsförderung sollen die geplanten 80 Beschäftigungsverhältnisse begründet werden.

Für die übrigen Fachbereiche sieht es vor dem Hintergrund des o.g. Finanzierungsproblems in der Umsetzung eher problematisch aus. Die Verwaltung beabsichtigt, für eine teilweise Refinanzierung, mit der Region Hannover über einen Ausgleich bezogen auf den sog. kleinen „Passiv-Aktiv-Transfer“ zu verhandeln. Diese Überlegung geht davon aus, dass die eingesparten kommunalen Mittel im SGB II ebenso wie auf Bundesebene (s.o.) wiederum der Beschäftigungsförderung zugutekommen.

Insgesamt kann am Ende des ersten Umsetzungsjahres des Teilhabechancengesetzes eine positive Zwischenbilanz gezogen werden. Die Erwartungen des Gesetzgebers und von Praktikern der Beschäftigungsförderung, dass Perspektiven für langzeitarbeitslose Personen entstehen, haben sich bisher erfüllt.

Es gibt keine geschlechtlichen, kulturellen, religiösen Einschränkungen der Zielgruppe. Angesprochen sind Männer wie Frauen wie Diverse sowie Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen.

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

50.4 
Hannover / 11.02.2020