Informationsdrucksache Nr. 0340/2015:
Bericht zur Vergabe der Mittel Antirassismus und Integration
für das Haushaltsjahr 2014

Inhalt der Drucksache:

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0340/2015
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Bericht zur Vergabe der Mittel Antirassismus und Integration
für das Haushaltsjahr 2014

Gemäß Änderungsantrag zum Haushalt 2014 H-0240/2014 legt die Verwaltung diese Informationsdrucksache als Bericht zur Vergabe der Mittel Antirassismus und Integration vor.

Die Landeshauptstadt Hannover engagiert sich stark gegen rechtsextremistische Tendenzen. Im Fachbereich Jugend und Familie gibt es eine Stelle zur Koordination u.a. der Themenschwerpunkte Rechtsextremismus, Antidiskriminierung sowie gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Dort sind auch die Mittel für die Arbeit zur Bekämpfung von Rechtsextremismus angesiedelt. Mit dieser Anbindung soll eine stärkere Verzahnung mit anderen Aktivitäten der Stadt gegen rechtsextremistische Tendenzen erreicht werden.

Nach Beschlusslage der Landeshauptstadt Hannover sind 10.300 € vorrangig der Präventionsarbeit gegen Alltagsrassismus und Neonazis der Mitgliedsverbände des Stadtjugendrings zu Gute kommen. Mit den Mitteln sollen neue Ideen gefördert und bestehende Projekte unterstützt werden.


Mittelverbrauch und Mittelvergabe im Jahr 2014

Maßnahmen und Projekte, die aus dem Etat in Höhe von 10.300 € gefördert werden sollten, mussten vom jeweiligen Träger jeder Maßnahme gesondert beantragt werden.

Die Anträge wurden auf Grundlage der eingereichten Projektinformationen und im Gespräch mit den Antragstellern fachlich bewertet und geprüft, ob eine finanzielle Unterstützung gewährt werden konnte.

Wichtige Voraussetzung für die Bewilligung der zentralen Mittel ist ein Bezug zum Thema Antirassismus, Integration oder gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit.

Geförderte Maßnahmen

Insgesamt wurden im Jahr 2014 acht unterschiedliche Projekte gefördert. Die in den Haushalt eingestellten Gelder in Höhe von 10.300 € wurden im laufenden Jahr wie folgt verwendet:


Projekt „Fair play“ (SJD - Die Falken, in Koop. mit Jugendzentrum Roderbruch)
1.500,00 €
Projekt “Deserteure auf dem Fössefeldfriedhof“ (SJD - Die Falken)
1.500,00 €
Projekt „Integration und Gewaltprävention durch Kampfsport“
(Olympic Sport Club Hannover e.V. in Kooperation mit Jugendsportzentrum)
1.750,00 €
Flyer zur Präventionsveranstaltung „zwischen Bratwurst und Blockade“
297,50 €
Projekt „Mädchen in der Stadt“ (Hannover MAK)
2.015,00 €
deutsch-kurdischer Jugendaustausch „Abend der Begegnung“ (Janun e.V.)
707,74 €
„Konflikte im Nahen Osten und ihre Auswirkungen in Deutschland“
356,00 €
Fachtag Antisemitismus (Amadeu Antonio Stiftung)
1.550,76 €
9.677,00 €


Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass im Jahr 2014 94 % der Mittel abgerufen wurden.

Die Projekte und Veranstaltungen befassten sich mit folgenden Inhalten:

Projekt der türkischen Jugend Niedersachsen zur Veranstaltung „Konflikte im Nahen Osten und ihre Auswirkungen in Deutschland“

Die Veranstaltung hatte zum Ziel im Rahmen einer multinational besetzten Diskussionsrunde den Dialog und Kennenlernen unter Jugendlichen zu fördern und so Vorurteile abzubauen. Damit leistet die Veranstaltung einen Beitrag gegen Islamophobie und leistet somit direkt einen Beitrag gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit.


Veranstaltung deutsch-kurdischer Jugendaustausch Diyarbakir-Hannover

Im Rahmen der Veranstaltung berichteten Jugendliche aus Diyarbakir über die dortige Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen. Es wurden Informationen zu Kooperationen und der sich entwickelnden Partnerschaft zwischen beiden Städten gegeben. Impressionen der Jugendaustauschfahrt nach Diyarbakir im September 2013 wurden gezeigt. Während des Abends gab es die Möglichkeit einander kennen zu lernen, sich auszutauschen und zu vernetzen.

Diese Gelegenheit wurde mit großem Interesse wahrgenommen. Das Verständnis für die jeweils andere Kultur wurde gestärkt und somit ein Beitrag zur Integration geleistet.


Projekt des Mädchenarbeitskreis Hannover „Mädchen in der Stadt“

Das Projekt richtet sich an Mädchen aller Nationalitäten und leistet somit einen wertvollen Beitrag zur Integration. Mädchen aus verschiedenen Kulturkreisen erleben Teilhabe- und Partizipationsmöglichkeiten im Rahmen eines politischen Bildungsangebotes. Darüber hinaus werden Selbstbewusstsein und Selbstbehauptung gestärkt. Gerade dieser Teil ist ein wesentliches Element der Prävention gegen Rechtsextremismus, da die Geschlechterbilder im Rechtsextremismus Frauen eine klare Rollenzuweisung zuschreiben, die sich auf die häusliche Fürsorge und die Reproduktion beschränkt und die Vielfalt der möglichen Lebensweisen ausblendet.


Projekt „Fair Play! Und das nicht nur auf dem Rasen“ (SJD Die Falken)

Das medienpädagogische Projekt hatte zum Ziel, für Integration und die Gleichwertigkeit aller Menschen zu werben und für das Gemeinsame der in Deutschland lebenden Menschen zu sensibilisieren. Als positiver Bezugsrahmen diente die Fußballweltmeisterschaft. Während der WM wurde Diversität und Vielfalt in der Welt positiv beschrieben und gefeiert. Gleichzeitig wurde deutlich gemacht, dass die deutsche Mannschaft aus Spielern unterschiedlicher Herkunftsländern besteht. Diese positive Stimmung nutzte das Projekt um Diversität in der Realität des Alltags zu transportieren. Bearbeitet wurden mit Jugendlichen die Themen Ausgrenzung und rassistisches Verhalten und somit explizit Elemente aus der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit mit der Zielsetzung auf Integration und Gleichwertigkeit hinzuwirken. Einzelne Interviews wurden während der WM regelmäßig über soziale Netzwerke 'gepostet', um über die Stadt Hannover hinaus Verbreitung zu finden – und als Anregung zu dienen, selbst gesellschaftlich aktiv zu werden.

Nach der WM wurden alle Interviews aufbereitet (Schnitt etc.) und in einer Projektdokumentation zusammengefasst.


Projekt „… und wenn sie mich an die Wand stellen“ Desserteure auf dem Fössefeldfriedhof (SJD Die Falken)

Das Projekt vermittelte Jugendlichen einen Einblick in historische Zusammenhänge und sensibilisierte für die Themen Missachtung und Herabsetzung von Menschen und Menschengruppen. Dazu wurde sich mit Gründen und Motiven von Desserteuren auseinandergesetzt und mit deren Biographien beschäftigt. In der Diskussion um Männlichkeitsbilder aus nationalsozialistischer Sicht steht zu erwarten, dass Jugendliche in der Selbstwahrnehmung gestärkt und somit widerstandsfähig gegen rechtsgerichtete Ideologien werden.


Projekt Multiplikatoren Ausbildung „Integration und Gewaltprävention durch Kampfsport“

Das Ziel des Projektes ist die Jugendlichen und jungen Erwachsenen Teilnehmer des pädagogischen Boxangebotes des Olympic-Sport-Clubs Hannover in Kooperation mit dem Jugendsportzentrum zu mehr Verantwortungsübernahme und sozialem Engagement zu fördern und das Potential von Multiplikatoren in der pädagogischen Arbeit zu nutzen. Die Lebensrealitäten und -welten zwischen Teilnehmer/innen und Anleitern stimmen überein.


Der Vorbildcharakter und die bereits vorhandene „informelle“ Akzeptanz durch die Zielgruppe legt die Vermutung nah, dass allein durch das Angebot mit diesen neu ausgebildeten Betreuern „neue“ Kinder und Jugendliche erreicht werden, mit denen pädagogisch gearbeitet werden kann.


Flyer zur Präventionsveranstaltung „zwischen Bratwurst und Blockade“

Die Veranstaltung wurde im Vorfeld des sogenannten “Trauermarsches“ in Bad Nenndorf durchgeführt und vermittelte Inhalte zum Thema „Versammlungsrecht“ und Zivilgesellschaftliches Engagement am Beispiel einer Bremer Initiative gegen rechten Lifestyle (analog des Thor Steinar Ladens in Hannover).


Fachtag Antisemitismus und Bewirtung/Dekoration

Die Veranstaltung wurde vom Bereich Kinder- und Jugendarbeit in Kooperation mit der Amadeu Antonio Stiftung durchgeführt. Die Projektpartner entwickelten langfristige Strategien zum pädagogischen Umgang mit Antisemitismus und anderen Ungleichwertigkeitsideologien und brachten diese zur Umsetzung. Beispielhaft sei genannt das Tanzprojekt „Dancing History“. Jugendliche aus dem Jugendzentrum Sahlkamp beschäftigten sich anhand der Biographien von vier im Nationalsozialismus verfolgten Personen mit Rassismus und Antisemitismus in Geschichte und Gegenwart und setzten diese mit dem Medium Tanz in Szene. Der Fachtag schloss die dreijährige Projektphase von „ju:an - Jugendarbeit gegen Antisemitismus“ im Stadtteil Sahlkamp ab. Insgesamt haben über 50 Personen aus der offenen Kinder- und Jugendarbeit an der Veranstaltung teilgenommen und wurden über das Projekt informiert und über Vorträge, Podiumsdiskussion und Thementischen für das Thema Rassismus/Antisemitismus sensibilisiert.


Ausblick auf die Vergabe der Mittel Antirassismus und Integration ab Januar 2015

Seit Mai 2014 ist die Stelle der Koordination gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit
im Fachbereich Jugend und Familie besetzt. Schwerpunkt der Arbeit im kommenden Jahr soll das Thema `Anerkennungskultur´ sein.

Die Planung der Koordination gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sieht vor, dass Projekte, die sich mit dem Thema `Anerkennungskultur´ beschäftigen besonders gefördert werden. Dies können z.B. Partizipationsprojekte sein oder Projekte, die jungen Menschen ihre Selbstwirksamkeit zugänglich machen. Ohne Anerkennung entwickelt sich keine Selbstwirksamkeitsüberzeugung, ohne diese keine Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. „Je weniger Anerkennung, man kann auch sagen: je weniger Liebe, Recht und Solidarität ein Mensch erhält, je schlechter seine Anerkennungsbilanz insgesamt ausfällt, desto weniger wird er selbst dazu bereit sein, die Gleichwertigkeit und Unversehrtheit aller Menschen zu achten, besonders nicht derer, die er als „anders“ erlebt“ (Anhut/Heitmeyer 2001). Damit einher kann die Neigung gehen, Überlegenheit und Macht mit menschenfeindlichem Verhalten zu demonstrieren. Dies ist auch eine zentrale These des Forschungsprojektes „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“, nämlich dass die Abwertung anderer der eigenen Aufwertung dienen kann. In den Projekten sollten Jugendliche ein Bewusstsein für (eigene) Anerkennung und Abwertung entwickeln und den Wert von Anerkennung erleben.


Idealerweise sollen Jugendliche nach den Projekten als Multiplikatoren für Anerkennungskultur fungieren.
Auf diese Weise wird Nachhaltigkeit sichergestellt. Das Vorgehen wird mit dem Stadtjugendring abgestimmt.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Die Projekte erreichen Jugendliche beiderlei Geschlechts, somit sind die Genderaspekte berücksichtigt.

Kostentabelle

In 2015 stehen die Fördermittel in Höhe von 10.300,00 € für Projekte aus dem Themenfeld Integration und Antirassismus wieder zur Verfügung.

51.5 8
Hannover / 11.02.2015