Drucksache Nr. 0271/2020:
Petition Nr. 02 / 1. Halbjahr 2019
Schriftliche Eingabe der Herren Gregor Bischoff und Gerd Reincke, Herrenhäuser Kirchweg 12, 30167 Hannover zum Thema „Entkopplung der Ampelschaltung am Industrieweg und die Entkopplung aller betreffenden Ampelschaltungen im Stadtgebiet“

Informationen:

verwandte Drucksachen:

0271/2020 (Originalvorlage)

Beratungsverlauf:

Inhalt der Drucksache:

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0271/2020
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Petition Nr. 02 / 1. Halbjahr 2019
Schriftliche Eingabe der Herren Gregor Bischoff und Gerd Reincke, Herrenhäuser Kirchweg 12, 30167 Hannover zum Thema „Entkopplung der Ampelschaltung am Industrieweg und die Entkopplung aller betreffenden Ampelschaltungen im Stadtgebiet“

Antrag,

zu beschließen, die Petition der Herren Gregor Bischoff und Gerd Reincke vom 20.05.2019 zurückzuweisen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Genderspezifische Aspekte sind nicht betroffen.

Kostentabelle


Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

Begründung des Antrages

Mit schriftlicher Eingabe haben die Herren Gregor Bischoff und Gerd Reincke ein Schreiben mit Unterschriften eingereicht, die über die Petitionsplattform openPetition gesammelt wurden. Die Unterschriftenliste umfasst 2.722 Unterzeichner. Das Schreiben ist an den Rat der Stadt Hannover gerichtet.

Nach § 34 Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes und § 15 der Hauptsatzung
der Landeshauptstadt Hannover hat jede Person das Recht, sich einzeln oder in
Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten
der Kommune an die Vertretung zu wenden. Die Eingabe wird deshalb unter der Nr. 02 / 1.
Halbjahr 2019 geführt.

Im Ergebnis fordern die Petenten, dass rechts abbiegende Kfz-Verkehre an allen Lichtsignalanlagen der Stadt Hannover getrennt von den parallelen Radfahrenden und zu Fuß Gehenden freigegeben werden. Anlass der Petition war ein Verkehrsunfall mit einem tödlich verletzten Schüler an der Kreuzung Industrieweg / Vahrenwalder Straße im April 2018. Der Petitionsinhalt ist einschließlich der textlichen Begründung in Anlage 1 beigefügt.


Stellungnahme der Verwaltung

Die kritisierte gemeinsame Signalisierung des parallel zu dem (rechts abbiegenden) Kraftfahrzeugverkehr fahrenden Radverkehrs ist die Regellösung laut Richtlinien für Lichtsignalanlagen und wird in dieser Form deutschlandweit angewendet. Die Lösung ist regelkonform und entspricht z. B. auch der Vorfahrtregelung im Bereich nicht signalisierter Knotenpunkte, an denen abbiegende Kraftfahrzeuge ebenfalls geradeaus fahrenden Radverkehr beachten müssen.

Nur an Knotenpunkten, an denen besonders starke Abbiegeströme zu verzeichnen sind und daher zwei separate Fahrstreifen für rechtsabbiegende Kraftfahrzeuge eingerichtet wurden, ist eine signaltechnische Trennung geboten und daher im Stadtgebiet bereits grundsätzlich eingerichtet.

Bei der Abwägung über eine signaltechnische Trennung zwischen rechtsabbiegenden Kraftfahrzeugen und parallel geführtem Fuß- und Radverkehr an einzelnen Überquerungsstellen sind darüber hinaus weitere Aspekte zu berücksichtigen.

So hätte eine Entkopplung der entsprechenden Freigaben zumeist deutliche Erhöhungen der Wartezeiten auch für zu Fuß Gehende und Radfahrende zur Folge. Dieses ergibt sich zwangsläufig aus der geänderten Phasenstruktur und ist nicht vermeidbar. Dadurch würde sich die Wahrscheinlichkeit des Herabsetzens der Akzeptanz der Lichtsignalanlage insbesondere bei zu Fuß Gehenden und Radfahrenden erhöhen, so dass die Zahl der Rotlichtverstöße steigen und ein erhöhtes Unfallrisiko entstehen kann.

Insgesamt ist diese Lösung auch wegen der resultierenden großen Nachteile für die Verkehrsqualität aller Verkehrsteilnehmer*innen und damit letztlich auch unter Umweltaspekten nicht als Regellösung geeignet.

Die regelhafte signaltechnische Trennung wäre aber auch aus räumlichen Gründen an den meisten signalgeregelten Knotenpunkten nicht möglich, da Flächen für die Markierung (und ggf. den Bau) eines dann notwendigen separaten Fahrstreifens für die abbiegenden Kraftfahrzeuge meist nicht verfügbar wären.

Zu der Begründung der Eingabe ist zusätzlich zu erwähnen, dass diese auf der Annahme beruht, dass die Unfallkommission, die anlässlich des tragischen Unfalls am Knotenpunkt Vahrenwalder Straße/Industrieweg im April 2018 einberufen wurde, der Stadt Hannover empfohlen hat, die getrennte Freigabe der betreffenden Ströme vorzunehmen.

Diese Annahme trifft jedoch nicht zu. Die Empfehlung der Unfallkommission lautet wörtlich „Zur Verbesserung der generellen Verkehrssicherheit sollte für o. g. Kreuzung ein Verkehrsgutachten in Auftrag gegeben werden, bei dem die unterschiedlichen Varianten der signalgeregelten Führung von Kfz-, Rad- und Fußverkehr mit dem Schwerpunkt „Rechtsabbiegen“ untersucht werden.“



Dieses Gutachten ist durch ein unabhängiges auf Signalisierungsthemen spezialisiertes Ingenieurbüro erstellt worden. Ergebnis des Gutachtens ist, dass die an diesem Beispiel angewendete gemeinsame Signalisierung des parallel zu dem (rechts abbiegenden) Kraftfahrzeugverkehr fahrenden Radverkehrs regelkonform ist.

Aufgrund der Knotenpunktgeometrie wäre im Knotenpunkt lediglich an der Furt über den Industrieweg eine getrennte Freigabe des Radverkehrs und der rechts abbiegenden Fahrzeuge möglich. Der besonders lange Rechtsabbiegestreifen in der aus Norden kommenden Knotenpunktzufahrt verhindert deutliche Auswirkungen auf den Geradeausverkehr entlang der Vahrenwalder Straße und damit auf die Leistungsfähigkeit und daraus folgend die Rückstauwahrscheinlichkeit auf die Ausfahrt der Autobahn. An dieser Stelle wurde nach intensiver Prüfung vor dem Hintergrund des Unfalls daher die Signalsteuerung im Herbst 2019 so geändert, dass inzwischen eine getrennte Freigabe erfolgt auch wenn die bisherige Verkehrsführung regelkonform war. Nachdem in der Anfangszeit nach Umstellung der Anlage zahlreiche Rotlichtverstöße beim Rechtsabbiegen in den Industrieweg trotz eindeutiger Signalisierung zu beobachten waren, konnte durch die Ergänzung der Signalscheibe für den Geradeausverkehr mit einem Geradeauspfeil inzwischen eine hohe Akzeptanz der neuen Regelung erreicht werden. Sollten sich bei den Beobachtungen vor Ort durch Verwaltung und Polizei weiterhin Auffälligkeiten hinsichtlich Rotlichtverstößen beim Rechtsabbiegen einstellen, so wird die Verwaltung weitergehende Maßnahmen wie die Einrichtung einer temporären Rotlichtüberwachungsanlage prüfen.

Auch in der aktuellen Fachliteratur (Alrutz, D., Willhaus, E.: Sicher geradeaus! Sicherung des Radverkehrs vor abbiegenden Kraftfahrzeugen. In: Straßenverkehrstechnik, Heft 7/2018, S. 481 ff.) wird bestätigt, dass die signaltechnische Trennung zwischen rechtsabbiegenden Kfz und parallel geführtem Fuß- und Radverkehr eine begründete Ausnahme im Einzelfall bleiben sollte. Demnach werden Sonderphasen für den Radverkehr lediglich als zweckmäßig bezeichnet, wenn starker Rechtsabbiegeverkehr auf einem eigenen Fahrstreifen besteht und wenn Sichthindernisse auf die Radverkehrsanlage nicht beseitigt werden können oder bei Gefällestrecken, die zu einer erhöhten Geschwindigkeit des Radverkehrs führen.

Zusammengefasst ist festzustellen, dass die mit der Petition geforderte getrennte Freigabe des rechtsabbiegenden Verkehrs und des parallelen Rad- und Fußgängerverkehrs nicht die Regellösung für alle Lichtsignalanlagen im Stadtgebiet sein kann.
66.13 
Hannover / 31.01.2020