Drucksache Nr. 0209/2012:
Wasserkraftanlage an der „Döhrener Wolle“

Informationen:

Beratungsverlauf:

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverBeschlussdrucksache-ZeichenBeschlussdrucksache
In den Stadtbezirksrat Döhren-Wülfel
In den Ausschuss für Umweltschutz und Grünflächen
In den Stadtentwicklungs- und Bauausschuss
In den Verwaltungsausschuss
In die Ratsversammlung
 
Nr.
Anzahl der Anlagen
Zu TOP
 
0209/2012
2
 
BITTE AUFBEWAHREN - wird nicht noch einmal versandt

Wasserkraftanlage an der „Döhrener Wolle“

Antrag,

Der von der Landeshauptstadt mit der AUF Eberlein & Co. GmbH geschlossene Vorvertrag über den Bau einer Wasserkraftanlage im Bereich der Döhrener Leineinsel (Ratsbeschluss zu den Drucksachen Nr. 2038/2009 und 2620/2009) wird, wie in Anlage 1 dargestellt, verändert. Wie in der Ausgangsbeschlusslage kann die Verwaltung den endgültigen Erbbaurechtsvertrag auf dieser Basis dann abschließen, wenn es für die Wasserkraftanlage einen bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss gibt.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Es ergeben sich keine Auswirkungen auf die Gleichbehandlung der Geschlechter.

Kostentabelle

Gegenüber der bisherigen Beschlusslage ergeben sich für die Landeshauptstadt keine neuen Kostenauswirkungen.

Begründung des Antrages

Planung und Bau einer Wasserkraftanlage bedürfen eines extrem aufwändigen mehrjährigen Planungs- und Genehmigungsprozesses und ein privater Investor nimmt diesen Aufwand nur auf sich, wenn er bei einem rechtskräftigen Planfeststellungsbeschluss die Gewissheit haben kann, die Anlage dann auch auf dem (der Landeshauptstadt gehörenden) Grundstück errichten zu können. Der Vorvertrag, der den Abschluss eines Nutzungsvertrags (Erbbaurechtsvertrag) für die spätere Wasserkraftanlage nach Planfeststellung zum Ziel hat, sichert der Investorin vorläufig die Nutzung des bestehenden Staurechts in der Leine und der vorhandenen Wehranlagen im Bereich der Leineinsel zu. Das Nutzungsrecht ist auch Voraussetzung für die von der AUF Eberlein angestrebte Planfeststellung. Das dafür erforderliche Verfahren wird bei der Wasserbehörde der Region Hannover durchgeführt, die unabhängig nach öffentlich-rechtlichen Kriterien entscheidet und die nicht Vertragspartei ist.

Der Rat beschloss am 11.02.2010, den Bau einer Wasserkraftanlage im Turbinenkanal an der Döhrener Leineinsel zu unterstützen (Drucksachen Nr. 2038/2009 und 2620/2009). Dies geschah durch Abschluss des Vorvertrags mit der Investorin AUF Eberlein & Co. GmbH (AUF Eberlein) am 11.05.2010. Aufgrund der Änderung des geplanten Standorts und aufgrund der bisherigen Ergebnisse aus dem Nachbarschaftsdialog ist eine Veränderung des bisherigen Vorvertrags notwendig und sinnvoll. Die Änderungen sind mit dem Vertragspartner abgestimmt.

1. Neuer Standort

Der Vorvertrag vom Mai 2010 bezog sich auf den damals in Betracht gezogenen Standort im Turbinenkanal unterhalb des Brückenhauses. Im Zuge der Vorgespräche mit der Planfeststellungsbehörde Ende 2010 ergab sich die Notwendigkeit, zum Vergleich auch andere potenziell geeignete Standorte in Bereich des Döhrener Leineaufstaus zu untersuchen. Diese Variantenprüfung sollte insbesondere helfen, die für die Anwohnerinnen und Anwohner sowie für die Umweltschutzbelange beste Lösung zu finden. Dabei kam der Standort im Streichwehr südlich der Leineinsel in Betracht.

Im Zuge dieser Untersuchungen hat sich der Standort im Leinewehr als der besser geeignete herausgestellt, so dass AUF Eberlein die Wasserkraftanlage an dieser Stelle errichten und betreiben möchte. Sie hat die Stadt deshalb um einen neuen Vorvertrag gebeten, der die jetzige Planung ermöglicht. Einen Überblick über die Lage der neuen Anlage vermittelt die Anlage 2.

Die wesentlichen Unterschiede zur Planung am Standort im Turbinenkanal sind:
- Einbau einer Wasserkraftanlage mit Fischpass an der Nordseite des bestehenden Streichwehrs und Einbau von steuerbaren Wehranlagen im Südteil des Wehrs (s. Anlage 3).
- Für die vergrößerte Baufläche im Bereich des Streichwehrs entfällt die Baufläche im Turbinenkanal einschließlich der Eingriffe in das Kanalufer und den Baumbestand.
- Die vorhandenen Emissionsorte von Wasserlaufgeräuschen sowie die bisherigen Wassermengenverhältnisse zwischen Leine und Turbinenkanal werden – anders als beim Standort im Turbinenkanal – nicht wesentlich verändert.

Auch an diesem Standort wird eine ansprechende Gestaltung angestrebt, die dem historischen Ort und der Umgebung gerecht wird. Deshalb soll das Krafthaus bei erreichtem Stauziel vom Wasser überströmt werden. Lediglich wenige technische Bauteile, die Anlagen zur Steuerung des Wehrs sowie eine Brücke dorthin, werden im Normalbetrieb aus dem Wasser herausragen. Die beschlossenen Anforderungen des Änderungsantrags (Drucksache Nr. 2620/2009) an Fischverträglichkeit und Lärmschutz sind wie bisher enthalten (Nr. 4. Buchst. d des Vertrags).

Da insgesamt wesentliche Vorteile gegenüber einem Standort im Turbinenkanal erkennbar sind, unterstützt die Stadtverwaltung diese Planung. Um sie zu ermöglichen, soll der als Anlage 1 beigefügte neue Vorvertrag geschlossen werden, der den bisherigen Vorvertrag zugleich außer Kraft setzt.

2. Berücksichtigung bisheriger Ergebnisse des Bürgerdialoges

Gemäß Ratsbeschluss zu Drucksache Nr. 2411/2010 wurde seit Januar 2011 ein intensiver Nachbarschaftsdialog durchgeführt, bei dem herausgearbeitet wurde, dass der bisherige Vorvertrag einige Mängel hat, die in der Neufassung beseitigt werden:

· Es wird eine Bauruine befürchtet für den Fall, dass die Investorin während der Bauphase insolvent würde. Aus diesem Grund wird nunmehr eine hundertprozentige Bauerfüllungsbürgschaft vereinbart, die die Stadt und damit auch die Nachbarschaft gegen diesen Fall absichert.
· Anwohnerinnen und Anwohner befürchten aufgrund der Erfahrungen aus dem letzten Umbau des Leinewehrs Bauschäden. Aus diesem Grund wird nun der Nachweis einer angemessenen Haftpflichtversicherung vor Baubeginn vertraglich vereinbart.

Die weiteren im Nachbarschaftsdialog vorgetragenen Bedenken, insbesondere zum Hochwasserschutz, sind Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens. Dort ist unabdingbare Voraussetzung, dass hinsichtlich des Wasserabflusses der Leine keine Verschlechterung gegenüber dem heutigen Zustand eintritt. Die Investorin muss dies im Planfeststellungsverfahren nachweisen. Da der Nutzungsvertrag wiederum nur bei erfolgreicher rechtskräftiger Planfeststellung geschlossen wird, ist ein Bau des Wasserkraftwerks bei unsicherem Hochwasserschutz ausgeschlossen.

Die Stadtverwaltung ist auch angesichts der im Nachbarschaftsdialog vorgetragenen Positionen überzeugt, dass die Wasserkraftnutzung an dieser Stelle für alle Beteiligten zumutbar betrieben werden kann. Im Planfeststellungsverfahren wird die AUF Eberlein & Co. GmbH die Unbedenklichkeit der meisten Gegenpositionen beweisen müssen und nach derzeitiger Einschätzung der Verwaltung auch beweisen können. Dazu gehören der sichere Hochwasserabfluss, die Vermeidung von unzumutbaren Geräuschen und Erschütterungen beim Bau und Betrieb sowie eine ökologisch verträgliche Ausgestaltung und Betriebsweise der Anlage.

Im Folgenden sind die wichtigsten inhaltlichen Änderungen im beantragten Vorvertrag gegenüber dem Vorvertrag von 2010 aufgeführt (die übrigen, überwiegend redaktionellen, ergeben sich aus Anlage 1):

Änderung
Vorvertrag 2010
Vorvertrag neu 2012
1. Der Standort ist nicht mehr auf den Turbinenkanal zugeschnitten, sondern auf das Leinewehr
Nr. 1, Nr. 3, Nr. 4 b und c
Nr. 1, Nr. 3, Nr. 4 b und c
2. Aufgrund einer Forderung der Anwohnerschaft im Nachbarschaftsdialog wird AUF Eberlein der Stadt vor Baubeginn den Abschluss einer Bauhaftpflichtversicherung nachweisen. Bei den 2005 abgeschlossenen Umbauarbeiten am Leinewehr war es aufgrund von Rammarbeiten zu Entschädigungszahlungen für Bauschäden in Höhe von ca. 7.400 € gekommen.
Nr. 5 d
3. Für den Fall, dass die Planfeststellungsbehörde bei sicher erscheinender, aber noch nicht rechtskräftiger Planfeststellung den vorzeitigen Baubeginn zulässt, besteht ein Restrisiko des nachträglichen Scheiterns der Planfeststellung. Für diesen Fall war bisher schon ein entschädigungsloses Rücktrittsrecht der Stadt vereinbart. Zusätzlich wird eine Rückbauverpflichtung der Investorin geregelt, für die auch die Bauerfüllungsbürgschaft verwendet werden kann.
Nr. 6.1 b
Nr. 6.4 (vgl. Nr. 5 e)
4. Die ursprünglich auf 10 % begrenzte Bauerfüllungsbürgschaft wird aufgrund der Anregung im Nachbarschaftsdialog auf 100 % der Bausumme erhöht.
Nr. 7 a (alte Zählung)
Nr. 5 e
5. Für kleinere Restforderungen der Stadt an die AUF Eberlein, z. B. für Ausbesserungsarbeiten an städtischen Bauten o. ä., war schon bisher eine Kaution (ähnlich einer Mieterkaution) vereinbart, die bei Abschluss des Nutzungsvertrags auf einen im Vorvertrag noch nicht fixierten Prozentsatz des Jahresumsatzes (von 1,0 bis 1,5 %) festgelegt werden sollte. Zur besseren Klarheit und weil die Investorin an anderer Stelle, z. B. bei der Bauerfüllungsbürgschaft, Mehraufwendungen hat, wird sie nun auf 1 % des Umsatzes verbindlich festgelegt. Bei den erwarteten 3 Mio. kWh/a Strom, der heute gesetzlich festgelegten Einspeisevergütung von 12,7 ct/kWh und einem Zinssatz von 3 % werden nach 20 Jahren mit Zinseszins 105.000 € als Sicherheit angespart sein.
Nr. 7 b (alte Zählung)
Nr. 7 a

3. Weiterer Verfahrensablauf

Nach Erarbeitung und Einreichung aller Unterlagen kann das Planfeststellungsverfahren eröffnet werden. Da für die Umweltverträglichkeitsprüfung im Laufe des Jahres noch Untersuchungen anstehen, wird nicht vor Herbst 2012 mit der Eröffnung des Verfahrens gerechnet.

Im anschließenden Planfeststellungsverfahren folgen neben internen Verfahrensschritten
- die einmonatige Auslegung der Planunterlagen, d. i. die Beteiligung der Öffentlichkeit mit anschließender Frist zur Einreichung von Einwendungen,
- die Beteiligung von Behörden und Verbänden,
- ein Termin zur mündlichen Erörterung der eingegangenen Stellungnahmen und Einwendungen und
- schließlich die Abwägung und Entscheidung (Planfeststellung), üblicher Weise mit Nebenbestimmungen der Behörde (z. B. Auflagen).

Diese Schritte werden voraussichtlich – mit dazwischen liegenden Arbeitsphasen zur Anpassung der Planung – mindestens ein Jahr dauern. Nach erfolgter Planfeststellung ist Gelegenheit für Rechtsmittel (Klagen vor dem Verwaltungsgericht). Soweit Klagen eingereicht werden, hemmen sie grundsätzlich die Umsetzung der Planfeststellung, d.h. mit dem Bau kann noch nicht begonnen werden. Mit einem Baubeginn ist frühestens Ende 2013 zu rechnen.
67.1 
Hannover / 24.01.2012