Informationsdrucksache Nr. 0184/2005:
Förderung und Akzeptanz von Lesben und Schwulen in der Landeshauptstadt Hannover
- Jahresbilanz 2004 und Vorschau auf 2005-

Inhalt der Drucksache:

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0184/2005
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Förderung und Akzeptanz von Lesben und Schwulen in der Landeshauptstadt Hannover
- Jahresbilanz 2004 und Vorschau auf 2005-

Informationsdrucksache

Mit dieser Info-Drucksache soll ein Rückblick auf die im Jahr 2004 geleistete Arbeit und ein Ausblick auf die für 2005 geplanten Projekte und Arbeiten gegeben werden:

Im Alltag gibt es vielerorts noch tief verwurzelte Vorbehalte gegenüber gleichgeschlecht- lichen Lebensweisen. Diese Vorbehalte reichen von Ignoranz bis hin zu tätlichen Angriffen. Dadurch wird die Lebensqualität von Lesben und Schwulen beeinträchtigt und ein offener Umgang mit ihren Lebensweisen erschwert. Lesben und Schwule durchleben in unserer Gesellschaft - anders als heterosexuelle Menschen - in der Regel eine "Coming-out" genannte Phase, in der sie sich ihres der heterosexuellen Norm widersprechenden gleichgeschlechtlichen Begehrens bewusst werden, in der sie lernen, sich und ihr Begehren zu akzeptieren und auch gegenüber anderen Menschen dazu zu stehen. Lesben und Schwule erarbeiten sich ihre Identität in Auseinandersetzung mit vielfältigen Vorbehalten gegenüber gleichgeschlechtlichen Lebensweisen.

Anders als es in nachmittäglichen Talkshows oder in Soap-Operas auftretende selbstbewusste junge Lesben und Schwule suggerieren, erleben viele Jugendliche diese Lebensphase des Coming-outs als äußerst schwierig und problembeladen.

Bei den älteren Menschen ist die eigene Biographie von wichtiger Bedeutung. Der §175 des Strafgesetzbuches wurde vor nicht all zu langer Zeit abgeschafft. Der hieraus einst resultierende Tatbestand spiegelt sich in der heutigen Lebensweise der älteren Lesben und Schwulen deutlich wider. Deshalb wird noch oftmals ein Doppelleben von ihnen gelebt. Die Formulierung nach den eigenen Wünschen, Bedürfnissen und der sexuellen Identität fällt ihnen schwer. Sie suchen in der Regel nicht die Angebote des Kommunalen Senioren Service auf oder geben sich nicht zu erkennen. Zum Teil leben sie vereinsamt und sehr zurückgezogen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Die Arbeit der AnsprechpartnerIn erfüllt die Anforderungen des Gender Mainstreaming. Projekte und andere Maßnahmen richten sich grundsätzlich generationsübergreifend gleichermaßen an Lesben wie auch an Schwule. Der Gender Aspekt wird dabei auch durch die differenzierte Ansprache und gezielte Rückkopplungen mit den verschiedenen Gruppen innerhalb der lesbisch-schwulen Bevölkerungsgruppe gewährleistet.


Rückblick auf Projekte und Aktionen in 2004

Jugendkulturprojekt
Die Zielgruppe sind Jugendliche ab der 8. Klasse.
Im März wurde zum ersten Mal das Jugendkulturprojekt als Aufklärungsprojekt in zwei hannoverschen Schulen durchgeführt. Im Rahmen dieses Projektes soll versucht werden, das zwar in den Lehrplänen verankerte, aber selten tatsächlich im Unterricht behandelte Thema „Homosexualität“ so im Unterricht zu verankern, dass es nicht nur auf Sexualität reduziert wird. Mittels verschiedener Angebote (Schultheater und Lesungen homosexueller AutorInnen), flankiert durch einen Elternabend in Zusammenarbeit mit dem befah (Bundesverband der Eltern, Freunde und Angehörigen von Homosexuellen e.V.) und der schul.ag, einer Gruppe junger Lesben und Schwulen, die pädagogische Trainings durch den VNB (Verein Niedersächsischer Bildung) erhalten haben und Unterrichtseinheiten in Schulen anbieten, und einem solchen Unterrichtsbesuch soll versucht werden, den SchülerInnen zu verdeutlichen, dass Lesbisch- oder Schwulsein mehr bedeutet als nur Sex mit dem gleichen Geschlecht zu haben.
Die Resonanzen auf das Projekt waren sowohl von den Lehrern, als auch von SchülerInnen und Eltern sehr positiv. Das Kurt-Schwitters-Gymnasium strebt eine Fortsetzung in diesem Jahr an. Der „Arbeitskreis Gymnasien“ des Stadtelternrates lud zu einer Sitzung ein, um das Projekt auch an den übrigen Gymnasien bekannter zu machen.


Filmprojekt „alt und jung – hannover filmt queer“
Das Referat für Frauen und Gleichstellung der Landeshauptstadt Hannover veranstaltete gemeinsam mit Isabel Rodde (medien konkret/ Büro für Kultur- und Medienprojekte) und Andreas Buhr (Filmproduktion) einen Videoworkshop für lesbische und schwule Jugendliche und SeniorInnen, in dem die kreative Auseinandersetzung mit dem Thema „Alt und Jung“ im Mittelpunkt stehen sollte.
Die folgenden Fragen dienten als Anregung mit dem Thema:
Wie leben junge und alte Lesben und Schwule in Hannover? Wie sieht der Alltag aus? Wovon träumen sie? Was verbindet und was trennt sie?
Aufgeteilt in vier Gruppen drehten die TeilnehmerInnen an einem Wochenende Kurzfilme, die im Rahmen des Lesbisch-Schwulen Filmfestivals „Perlen“ im Oktober präsentiert wurden. Die Premierenaufführung der Kurzfilme beim Lesbisch-Schwulen Filmfest „Perlen 2004“ im Kino im Künstlerhaus Hannover war ausverkauft und sehr erfolgreich.


Coming-Out-Day
Der Internationale Coming Out Day wurde in Niedersachsen am 11.10.2004 zum zweiten Mal gefeiert, dieses Mal auch mit Beteiligung der Landeshauptstadt Hannover.

Das Coming Out gehört zu den wesentlichen Momenten im Leben von Menschen, die ihrer eigenen homoerotischen Sexualität begegnen. Im Coming Out wird die eigene Orientierung bewusst und anderen bekannt gemacht. Die Zeit der Unsicherheit und „unheilvollen Ahnung“ ist vorbei, weshalb die Betroffenen sich meist erleichtert fühlen. Nicht immer aber führt das Coming Out zu einer glücklichen Erfahrung. Lesben und Schwule werden nach wie vor diskriminiert und erleben deshalb diese Zeit oft auch als Krise.

Der Coming Out Day ist der Tag der Erinnerung an das Bekenntnis zum Lesbischsein oder Schwulsein. Er feiert den Sieg eines jeden einzelnen schwulen Mannes und jeder einzelnen lesbischen Frau über die eigene Angst im Privaten, in der Familie, gegenüber den Eltern, vor Freunden und auch am Arbeitsplatz. Der Coming Out Day ist keine Parade – eher ein gemeinsamer Geburtstag.

Die Veranstaltungen zum Coming Out Day am 11. Oktober sollten die Freude über den Eintritt in eine offene und tolerante Gesellschaft zeigen. In Niedersachsen beteiligten sich deshalb Schwulengruppen landesweit an Aktionen. 2004 stand dabei das Coming Out am Arbeitsplatz im Mittelpunkt des Tages.

Gemeinsam mit dem Schwulen Forum Niedersachsen (SFN) wurde hierzu eine Aktion im Casino des Neuen Rathauses durchgeführt.




Öffentlichkeitsarbeit:
Erarbeitung von Informationsmaterialien, Straßenfest, Vortrag
Als Gegenstück zu dem 2003 erarbeiteten Flyer „Hannover wird bunt“, der sich an die lesbisch-schwule Community in Hannover wandte, die auf Gleichbehandlung ausgerichtete Haltung der Stadtverwaltung verdeutlichte und über unsere Arbeit berichtete, wurde der Flyer „Hannover setzt auf Toleranz“ konzipiert. Er wendet sich an die Allgemeinbevölkerung und soll einerseits die Akzeptanz von lesbischen und schwulen MitbürgerInnen, andererseits unseren Bekanntheitsgrad als AnsprechpartnerIn für Fragen oder Probleme auch in der nicht-homosexuellen Bevölkerung verbessern.

Teilnahme am lesbisch-schwulen Straßenfest „flammende herzen by day“ am 30. Mai 2004 (Pfingstsonntag); Referat über die Arbeit der Ansprechpartner/in der Landeshauptstadt Hannover in Osnabrück.




Beratung und Weitervermittlung von Ratsuchenden MitbürgerInnen und MitarbeiterInnen der LHH
Ratsuchende wurden nach kurzen telefonischen oder persönlichen Erstberatungsgesprächen an der Problemlage entsprechende Initiativen oder Beratungsstellen weitervermittelt.
In einem Fall von Diskriminierung und sexueller Belästigung eines homosexuellen Mitarbeiters wurde in Gesprächen mit dem Örtlichen Personalrat und der Beschwerdekommission vermittelt.


Runder Tisch „Emanzipation und Akzeptanz von Lesben und Schwulen“
Im Referat für Frauen und Gleichstellung wird der Runde Tisch „Emanzipation und Akzeptanz von Lesben und Schwulen“ vor- und nachbereitet. Dort wird wie bereits in den Vorjahren über die geleistete Arbeit berichtet und es werden Anregungen für neue Projekte oder Ansätze entgegen genommen.


Stammtisch für homosexuelle MitarbeiterInnen
Dieser findet jeden 3. Mittwoch im Monat für die lesbischen und schwulen MitarbeiterInnen der Stadtverwaltung statt. Dieses niedrigschwellige Angebot dient dem regelmäßigen Austausch zwischen den MitarbeiterInnen unter anderem über etwaige Probleme am Arbeitsplatz und soll dazu beitragen, dass die KollegInnen sich an ihren Arbeitsplätzen wohler fühlen. Ferner kommen aus diesem Kreis aber auch Arbeitsansätze heraus (zum Beispiel für Fortbildungen), oder es wird bei Problemen am Arbeitsplatz gezielt um Hilfe gebeten.


Organisation von Fortbildungen für MitarbeiterInnen
Im letzten Jahr wurden zu verschiedenen Fragen Fortbildungen für MitarbeiterInnen der Landeshauptstadt organisiert.
Zwei verschiedene Ansätze werden hierbei verfolgt:
  • Der interne emanzipative Ansatz
    KollegInnen sollen dabei unterstützt werden, offen zu ihrer Homosexualität am Arbeitsplatz stehen zu können.
  • Der antidiskriminierende Ansatz
    Heterosexuelle KollegInnen sollen in die Lage versetzt werden, die oftmals speziellen Problemlagen lesbischer oder schwuler KundInnen und KollegInnen besser zu verstehen.


Bearbeitung von Zuwendungsanträgen freier Träger
Es werden die Anträge von zwei Zuwendungsempfängern (Beratungsstelle Osterstraße in Höhe von 35.000,- € und „Nevermind e.V. in Höhe von 32.400,- €) bearbeitet, kontrolliert und die Verwendungsnachweise auf ihre sachliche und rechnerische Richtigkeit überprüft.
Zwischen den Zuwendungsempfängern und der AnsprechpartnerIn besteht ein guter Informationsaustausch und Kontakt. Dies ist für die Arbeit wichtig, da durch diesen guten Austausch die Möglichkeit besteht, Ratsuchende direkt an kompetente AnsprechpartnerInnen verweisen zu können. Außerdem kann so vermieden werden, dass Doppelstrukturen in den Beratungsangeboten entstehen.


„Verknüpfung Diversity und Gender Mainstreaming“
Ein Anliegen war und ist die Einbeziehung des Diversity-Aspektes zu gewährleisten, indem auch die anderen Aspekte von Vielfalt der MitarbeiterInnen einerseits und BürgerInnen andererseits (z. B. verschiedene Migrationshintergründe, sexuelle Identität, Alter oder etwaige Behinderungen) mit zum Tragen kommen. Dies ist besonders bedeutsam vor dem Hintergrund der neuen Antidiskriminierungsgesetzgebung. Diversity steht für den Ansatz die Vielfalt der MitarbeiterInnen nicht länger als Problem, sondern als Chance zu begreifen, der Vielfalt der BürgerInnen gerecht zu werden. Aus den verschiedenen Perspektiven heraus können alle Gruppen dazu beitragen, die Sichtweisen und das Problembewusstsein der jeweils anderen Gruppen zu erweitern.


Ausblick auf 2005
Geplant sind bislang neben den regelmäßigen Terminen oder Aktionen nachfolgende Projekte:

Filmprojekt: „alt und jung – hannover filmt queer“
Geplant ist die Erstellung einer DVD mit den Projektergebnissen und weiteren Materialien zum Thema.

Projekt „Wohnen im Alter“
Es gibt keinerlei Angebote des Kommunalen Senioren Service Hannover, die auf die speziellen Bedürfnisse lesbischer Seniorinnen und schwuler Senioren zugeschnitten sind. Hier wird versucht diese Bedürfnisse zu ermitteln und Lösungswege zu finden.

Kooperationsprojekt „Herzrasen - L(i)ebe wie Du dich fühlst!“
In ganz Niedersachsen sind Jugendliche unter 28 Jahre aufgefordert, sich aktiv bei diesem Wettbewerb zu beteiligen und ihre Sichtweisen, Gedanken und Erfahrungen über das eigene Coming out zu schreiben. Die besten eingeschickten Geschichten sollen im Frühjahr dieses Jahres prämiert und als Broschüre gedruckt werden. Die Broschüre soll in ganz Niedersachsen an jugendrelevanten Einrichtungen und Jugendgruppen verteilt werden. Sie soll u. a. aufklären, Vorurteile abbauen, Mut machen, ein Stück weit Normalität zeigen und als Arbeitsmaterial in Schulen eingesetzt werden.




Weitere Informationen und Details können Montags und Donnerstags erfragt werden unter der Rufnummer 168 – 4 10 80 in der Zeit von 10 – 18 Uhr.

Kostentabelle

Für die Akzeptanz von Lesben und Schwulen sind wie im Vorjahr 25.000,-€ veranschlagt.

 18 F
Hannover / 25.01.2005