Bitte beachten Sie, dass der folgende Text eventuell medienbedingte Formatabweichungen aufweisen kann. Eine formatgetreue Abbildung des Inhalts finden Sie in der Anlage "Druckversion.pdf".
Mit dem am 13. Juni 2013 gefassten Beschluss des Wohnungskonzept 2025 (Drs.
0840/2013) hat sich die Landeshauptstadt eine „… verbindliche Handlungsgrundlage für die Entwicklung des Wohnungsmarktes in Hannover in den kommenden 13 Jahren“ gegeben. In der Anlage zu dieser Drucksache „Wohnkonzept 2025“ ist auf Seite 7 f. zu lesen: „Die Wohnungsmarktprognose weist nach, dass bis zum Jahr 2025 die steigende Zahl an Einwohnerinnen und Einwohnern sowie von Haushalten einen Flächenbedarf für rd. 7.900 zusätzliche Wohnungen auslösen wird. In diesem Zusammenhang wird von einem sog. ‚Zusatzbedarf‘ gesprochen. Im vorhandenen Bestand wird ein sogenannter ‚Ersatzbedarf‘ von rund 7.600 Wohnungen prognostiziert.“
Seit 2013 ist nicht nur viel Wasser die Leine hinuntergeflossen. Mietpreise steigen weiterhin, und dies lässt sich auch nicht mit Hilfe der eigens geschaffenen, sogenannten Mietpreisbremse hinreichend stoppen. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum in bundesdeutschen Großstädten ist in den letzten Jahren vermehrt untersucht und beklagt worden. Auch wenn Hannover nicht zu den führenden Hotspots dieser sozialpolitisch bedenklichen Entwicklung gehört, leiden viele Menschen in unserer Landeshauptstadt darunter.
Die Niedrig- bzw. Nullzinsphase und der sogenannte Immobilienboom führen zu steigender Veräußerungs- und Erwerbsbereitschaft von Hauseigentum und zu erhöhten Sanierungstätigkeiten und entsprechenden Wertsteigerungen. Die damit einhergehenden Mietpreis-Erhöhungen sind von vielen Mietern im Bestand nicht mehr finanzierbar. Längst sind finanziell begründete Wanderungsbewegungen in der Stadt beobachtbar und für manch alleinstehende TransferleistungsempfängerInnen bleibt am Ende nur die Zwangsräumung. Die Aussicht auf menschenwürdiges Wohnen schwindet für immer mehr Menschen. So hat die Verwaltung am 10. Mai 2017 ihre Antwort auf eine Anfrage der Ratsgruppe LINKE & PIRATEN zu Zwangsräumungen in Hannover veröffentlicht (Drs. 0825/2017 F1). Demzufolge sind allein im Jahr 2016 „…510 Räumungstermine angesetzt und 367 tatsächlich durchgeführt“ worden.
Längst erwächst sich die Wohnraum-Unterversorgung nicht nur als exklusives Problem für Menschen mit mittlerem oder normalen Einkommen. So führte Andreas Schinkel in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung am 29. Dezember 2017 unter dem Titel „Hört Hannover auf zu wachsen?“ aus, dass mangelnder Wohnraum zumindest ein Faktor für die stagnierende Bevölkerungsentwicklung der LHH ist. Die dem Bedarf hinterherhinkende Schaffung von Wohnraum ist zu einem Entwicklungshemmnis geworden, das diejenigen am ersten trifft, die am unteren Ende der finanziellen Leistungsfähigkeit stehen. Auch für die Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Hannover sind dies alarmierende Aussichten, droht die LHH gegenüber Großstädten ins Hintertreffen zu geraten, die den Wohnungsbau bedarfsorientierter und schneller gestalten.
Wir registrieren, dass die Landeshauptstadt Hannover gemäß einem Artikel von Conrad von Meding in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 3. Januar 2018 „mehr preiswerte Wohnungen fördern“ will. Gleichwohl ist festzustellen, dass gerade im unteren bis mittleren Segment erheblicher Wohnraum-Mangel besteht und preisgünstiger Wohnraum durch aufwertende Sanierungen sogar abgängig wird. Solange hier das Angebot kleiner ist als die Nachfrage, ist keine Entwarnung zu geben oder gar von einem Erfolgsmodell zu sprechen.
Vor diesem Hintergrund und in Kenntnis der Antwort der Verwaltung auf eine Ratsanfrage zum sozialen Wohnungsbau in der Sitzung vom 21. Dezember 2017 (Drs. 3046/2017 F1) fragen wir die Verwaltung:
1. Wie viele Wohneinheiten wurden im Jahr 2017 in der Landeshauptstadt Hannover fertiggestellt und wie viele Wohneinheiten waren im selben Zeitraum abgängig?
2. Wie viele Wohneinheiten davon sind dem Segment „preiswerter/preisgünstiger Wohnraum“ des Wohnkonzeptes 2025 zuzuordnen, wie viele sind Belegrechtswohnungen und wie viele vertraglich mietpreisgebunden und wie hoch waren im Jahr 2017 die abgängigen Wohneinheiten der vorgenannten Segmente?
3. Wie viele Wohneinheiten sind im Jahr 2017 barrierefrei bzw. seniorengerecht ausgeführt worden, wie viele davon sind den unter Frage 2 genannten Segmenten zuzuordnen und wie hoch war die Abgängigkeitsquote derartiger Wohneinheiten in 2017 und den fünf Vorjahren?
Dirk Machentanz
Vorsitzender
Um den in der Stadt dringend benötigten Neubau - insbesondere im Bereich der preiswerten Wohnungen - zu forcieren und das Angebot zu erhöhen, hat die Landeshauptstadt Hannover bereits die Schaffung von neuen Baurechten intensiviert und beschleunigt. Parallel dazu beschloss der Rat schon 2013 ein städtisches Wohnraumförderprogramm, das als Ergänzungsförderung zum Landesförderprogramm konzipiert ist, aber auf reiner Zuschussförderung basiert. Damit können bis 2020 mindestens 1.650 Wohnungen für Bezieher von niedrigen bis mittleren Einkommen gefördert werden. wie zuletzt am 20.12.2017 im Bauausschuss berichtet, wird dieses Programm von den Investoren gut angenommen.
Allerdings berichtet die hannoversche Wohnungswirtschaft zwischenzeitlich von stark steigenden Baukosten und fordert von der öffentlichen Hand eine Nachbesserungder Förderung, damit der soziale Wohnungsbau weiterhin wirtschaftlich betrieben werden kann.
Durch die im Bereich des Wohnungsbaus in der Regel langen Vorlaufzeiten kommen die geförderten Wohnungen erst nach und nach auf den Markt, so dass sich die positiven Auswirkungen nur zeitversetzt zeigen. Zusammen mit den im Rahmen der
Hannoverschen Wohnungsbauoffensive 2016 von der hannoverschen Wohnungswirtschaft zugesagten 2.000 neuen bzw. bis 2020 zu erhaltenen Belegrechten können aber preisgünstige Wohnungen in Hannover gesichert und zur Preisdämpfung am Wohnungsmarkt beigetragen werden.
Dies vorausgeschickt, beantwortet die Verwaltung die Anfrage der Gruppe Die LINKE&PIRATEN wie folgt:
Frage 1: Wie viele Wohneinheiten wurden im Jahr 2017 in der Landeshauptstadt Hannover fertiggestellt und wie viele Wohneinheiten waren im selben Zeitraum abgängig?2016 sind 867 Wohnungen in Wohn- und Nichtwohngebäuden und durch Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden (inklusive Wohnheimen) fertiggestellt worden.
Die Baufertigstellungszahlen für 2017 liegen noch nicht vor.
Der Abriss von Gebäuden ist in der Regel nicht genehmigungspflichtig. Insoweit gibt es keine Zahlen über durch Abriss, Umnutzung oder Zusammenlegung vom Markt genommener Wohnungen.
Frage 2: Wie viele Wohneinheiten davon sind dem Segment „preiswerter/preisgünstiger Wohnraum“ des Wohnkonzeptes 2025 zuzuordnen, wie viele sind Belegrechtswohnungen und wie viele vertraglich mietpreisgebunden und wie hoch waren im Jahr 2017 die abgängigen Wohneinheiten der vorgenannten Segmente?
Von den bisher neu geförderten Bauvorhaben wurden in der Zeit von Anfang 2017 bis Anfang 2018 115 Wohnungen bezugsfertig (167 Wohnungen seit Beginn des städtischen Wohnraumförderprogrammes), davon 56 mit städtischen Belegrechten. Hinzu kommen 76 Wohnungen, die zunächst im Rahmen der Flüchtlingsunterbringung vorgenutzt werden.
Abrisse von geförderten Wohnungen in 2017 sind der Verwaltung nicht bekannt. Die Belegrechte haben sich zwar von 19.174 Ende 2016 auf 18.915 Ende 2017 verringert, die Wohnungen selbst blieben aber dem allgemeinen Markt erhalten.
Frage 3: Wie viele Wohneinheiten sind im Jahr 2017 barrierefrei bzw. seniorengerecht ausgeführt worden, wie viele davon sind den unter der Frage 2 genannten Segmenten zuzuordnen und wie hoch war die Abgängigkeitsquote derartiger Wohneinheiten in 2017 und den fünf Vorjahren?
Zahlen zu barrierefreien oder seniorengerechten Wohnungen auf dem freien Wohnungsmarkt werden nicht erfasst, zumal es dazu auch sehr unterschiedliche Definitionen gibt.
Aufgrund von § 49 der Niedersächsischen Bauordnung sind jedoch Bauherrn grundsätzlich verpflichtet, beim Neubau von Gebäuden mit mehr als vier Wohnungen die Wohnungen eines Geschosses für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar herzustellen.
Zudem müssen zusätzlich in jeder achten Wohnung die Wohn- und Schlafräume, ein Toilettenraum, ein Raum mit einer Badewanne oder Dusche und die Küche oder Kochnische rollstuhlgerecht sein.
Im Segment der geförderten Wohnungen wurden von Anfang 2017 bis Anfang 2018 24 für Rollstuhlnutzer geeignete Wohnungen bezugsfertig.
Außerdem befanden sich unter den fertiggestellten Wohnungen - neben vielen kleinen, grundsätzlich auch für Senioren geeigneten Wohnungen - ca. 50 Wohnungen, die die Vermieter speziell für Senioren vorgesehen haben.
Insgesamt müssen 1.935 aller zurzeit geförderten, belegungs- und mietpreisgebundenen Wohnungen bei ihrem Freiwerden an Senioren vermietet werden.
323 geförderte Wohnungen wurden schon bei Bezugsfertigkeit für Rollstuhlnutzer ausgestaltet. Hinzukommen noch Wohnungen, die nachträglich für Menschen mit Behinderungen ausgebaut wurden, ohne dass dies erfasst wurde.