Drucksache Nr. 0081/2022 N1:
Fernwärmesatzung Hannover

Informationen:

Beratungsverlauf:

Nachrichtlich:

  • Stadtbezirksrat Mitte
  • Stadtbezirksrat Vahrenwald-List
  • Stadtbezirksrat Bothfeld-Vahrenheide
  • Stadtbezirksrat Buchholz-Kleefeld
  • Stadtbezirksrat Misburg-Anderten
  • Stadtbezirksrat Südstadt-Bult
  • Stadtbezirksrat Linden-Limmer
  • Stadtbezirksrat Herrenhausen Stöcken
  • Stadtbezirksrat Nord

Inhalt der Drucksache:

Bitte beachten Sie, dass der folgende Text eventuell medienbedingte Formatabweichungen aufweisen kann. Eine formatgetreue Abbildung des Inhalts finden Sie in der Anlage "Druckversion.pdf".
Landeshauptstadt HannoverBeschlussdrucksache-ZeichenBeschlussdrucksache
In den Ausschuss für Umweltschutz und Grünflächen
In den Stadtentwicklungs- und Bauausschuss
In den Ausschuss für Arbeitsmarkt-, Wirtschafts- und Liegenschaftsangelegenheiten
In den Ausschuss für Haushalt, Finanzen, Rechnungsprüfung, Feuerwehr und öffentliche Ordnung
In den Verwaltungsausschuss
In die Ratsversammlung
An den Stadtbezirksrat Mitte (zur Kenntnis)
An den Stadtbezirksrat Vahrenwald-List (zur Kenntnis)
An den Stadtbezirksrat Bothfeld-Vahrenheide (zur Kenntnis)
An den Stadtbezirksrat Buchholz-Kleefeld (zur Kenntnis)
An den Stadtbezirksrat Misburg-Anderten (zur Kenntnis)
An den Stadtbezirksrat Südstadt-Bult (zur Kenntnis)
An den Stadtbezirksrat Linden-Limmer (zur Kenntnis)
An den Stadtbezirksrat Herrenhausen Stöcken (zur Kenntnis)
An den Stadtbezirksrat Nord (zur Kenntnis)
 
Nr.
Anzahl der Anlagen
Zu TOP
1. Neufassung
0081/2022 N1
2
 
BITTE AUFBEWAHREN - wird nicht noch einmal versandt

Fernwärmesatzung Hannover

Die Neufassung wurde erforderlich, weil Vorschläge aus DS-Nr. 15-0906/2022 des SBR Herrenhausen-Stöcken zur Erweiterung des Satzungsgebiets teilweise übernommen wurden. Zudem wurde der Satzungstext in § 7 (6) a) aa) auf Vorschlag der Handwerkskammer vereinfacht.
(Die Änderungen betreffen den Lageplan in Anlage 2 und den Satzungstext in Anlage 1.)

Mit der DS-Nr. 15-0906/2022 hat der Stadtbezirksrat Herrenhausen-Stöcken einen Änderungsantrag zur DS-Nr. 0081/2022 in die Sitzung am 29.03.2022 eingebracht und einstimmig beschlossen.

Der Änderungsantrag DS-Nr. 15-0807/2022 wurde am 16.03.2022 in die Sitzung des SBR Südstadt-Bult eingebracht und beschlossen.

Der Änderungsantrag DS-Nr. 15-0899/2022 wurde am 28.03.2022 in die Sitzung des SBR Mitte eingebracht und beschlossen.

Der Änderungsantrag DS-Nr. 15-1424/2022 wurde am 18.05.2022 in die Sitzung des SBR Linden-Limmer eingebracht und beschlossen.

_______________________________________________________________________

Fernwärmesatzung Hannover



Antrag,

die Einführung anliegender Fernwärmesatzung einschließlich Anlage (Lageplan Fernwärmeversorgungsgebiet) zu beschließen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Aussagen zur Geschlechterdifferenzierung sind im Zusammenhang mit dieser Drucksache nicht relevant.

Kostentabelle

Darstellung der zu erwartenden finanziellen Auswirkungen in Euro:
Teilfinanzhaushalt 67 - Investitionstätigkeit
Bezeichnung
EinzahlungenAuszahlungen
Zuwendungen für Investitionstätigkeit 0,00 €
Beiträge u.ä. Entgelte für Investitionstätigkeit 0,00 €
Veräußerung von Sachvermögen 0,00 €
Veräußerung von Finanzvermögensanlagen 0,00 €
Sonstige Investitionstätigkeit 0,00 €
  
  
  
Erwerb von Grundstücken und Gebäuden 0,00 €
Baumaßnahmen 0,00 €
Erwerb von bewegl. Sachvermögen 0,00 €
Erwerb von Finanzvermögensanlagen 0,00 €
Zuwendungen für Investitionstätigkeit 0,00 €
Sonstige Investitionstätigkeit 0,00 €
  
Saldo Investitionstätigkeit 0,00 €
0,00 €

Teilergebnishaushalt 67 - Investitionstätigkeit
Produkt 56101
Umweltschutzmaßnahmen
Angaben pro Jahr
Ordentliche ErträgeOrdentliche Aufwendungen
Zuwendungen und allg. Umlagen 0,00 €
Sonstige Transfererträge 0,00 €
Öffentlichrechtl. Entgelte 0,00 €
Privatrechtl. Entgelte 0,00 €
Kostenerstattungen 0,00 €
Auflösung Sonderposten (anteilige Zuwendungen) 0,00 €
Sonstige ordentl. Erträge 0,00 €
  
Außerordentliche Erträge 0,00 €
  
Erträge aus internen Leistungsbeziehungen 0,00 €
Personalaufwendungen 236.559,00 €
Sach- und Dienstleistungen 0,00 €
Abschreibungen 0,00 €
Zinsen o.ä. (TH 99) 0,00 €
Transferaufwendungen 0,00 €
Sonstige ordentliche Aufwendungen 0,00 €
  
Saldo ordentliches Ergebnis -236.559,00 €
Außerordentliche Aufwendungen 0,00 €
Saldo außerordentliches Ergebnis 0,00 €
Aufwendungen aus internen Leistungsbeziehungen 0,00 €
Saldo aus internen Leistungsbeziehungen 0,00 €
Saldo gesamt -236.559,00 €
Die für die Umsetzung notwendigen Stellenbedarfe werden nach erfolgter Prüfung bedarfsgerecht eingerichtet.

Begründung des Antrages


I. Anlass
Die Landeshauptstadt Hannover (LHH) strebt das Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2035 an (DS 2459-2019). Die weitgehende Dekarbonisierung der Wärmeversorgung in Hannover stellt einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele dar: In Gebieten mit hoher städtebaulicher Dichte und Nähe zum Fernwärmenetz ist durch Ausbau der Fernwärmeversorgung zügig eine deutliche Reduzierung der Treibhausgasemissionen umsetzbar. Am 15.07.2021 beschloss der Rat der Landeshauptstadt Hannover mit der Drucksache 1326/2021 N1 „Vereinbarung für eine Wärmewende in Hannover“ den Ausbau der Fernwärme als flankierende Maßnahme zur vorzeitigen Stilllegung des Kohlekraftwerks in Stöcken. Im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist ab 2022 eine Fernwärmesatzung mit Anschluss- und Benutzungspflicht einzuführen.


II. Gesetzliche Ermächtigung
Gemäß §§ 10 Abs. 1, 13 Abs. 1 Nr. 1a, 2a NKomVG können Kommunen im eigenen Wirkungskreis durch Satzung für die Grundstücke ihres Gebiets den Anschluss an die Fernwärmeversorgung anordnen sowie deren Benutzung vorschreiben, wenn sie ein dringendes öffentliches Bedürfnis dafür feststellen. § 109 Gebäudeenergiegesetz (GEG) stellt darüberhinausgehend klar, dass die Gemeinden und Gemeindeverbände von einer Bestimmung nach Landesrecht, die sie zur Begründung eines Anschluss- und Benutzungszwangs an ein Netz der öffentlichen Fernwärme- oder Fernkälteversorgung ermächtigt (also der vorgenannten Vorschrift des § 13 NKomVG) auch zum Zwecke des Klima- und Ressourcenschutzes Gebrauch machen können.

Ein dringendes öffentliches Bedürfnis im Sinne des § 13 Satz 1 NKomVG besteht, wenn Gründe des öffentlichen Wohls für die einheitliche und flächendeckende Nutzung einer öffentlichen Einrichtung sprechen. Vorliegend spricht die Notwendigkeit eines Beitrags für den Klimaschutz auf dem Gebiet der LHH für eine einheitliche und flächendeckende Fernwärmeversorgung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 8.9.2016 – 10 CN 1.15) besteht nämlich eine unwiderlegliche gesetzliche Vermutung dafür, dass der Anschluss- und Benutzungszwang ein geeignetes Mittel zur Förderung des Klima- und Ressourcenschutzes darstellt, wenn die Fernwärme einer kommunalen Fernwärmeeinrichtung zu einem wesentlichen Anteil aus erneuerbaren Energien, zu mindestens 50 Prozent aus der Nutzung von Abwärme, aus KWK-Anlagen oder aus einer Kombination dieser stammt.

In Hannover werden aktuell mehr als 90% der Fernwärme durch Kraft-Wärme-Kopplung, aus erneuerbaren Energien sowie Abwärme der Müllverbrennungsanlage Lahe erzeugt. Für die Zukunft ist die ständige Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien vorgesehen, bis die Wärmeerzeugung vollständig aus erneuerbaren Energien sowie Ab- und Umweltwärme stammt.

In städtischen Ballungsgebieten hat die räumliche Trennung von Wärmeverbrauch und Erzeugung weitere Vorteile: In dichten Wohngebieten fehlen häufig geeignete Standorte und Räumlichkeiten für erneuerbare Anlagen. Der Transport von klimafreundlicher Wärme über ein Fernwärmenetz hat den Vorteil, dass am Ort des Verbrauchs kein Platzbedarf für Erzeugungsanlagen entsteht und keine Emissionen wie z. B. Lärm oder Feinstaub auftreten. Auch weiter entfernte Wärmequellen (z. B. industrielle Abwärme) können so nutzbar gemacht werden.

Ein weiterer Vorteil ist, dass Fernwärmeerzeugungsanlagen unterschiedlicher Technologien die Möglichkeit der optimalen Systemsteuerung bieten: Wenn zukünftig große Anteile erneuerbaren Stroms im Stromnetz vorhanden sind, können z. B. vorrangig Groß-Wärmepumpen betrieben werden oder überschüssiger erneuerbarer Strom kann mittels „Power to Heat“-Anlage zur Aufheizung eines Stromspeichers verwendet werden. Ist wenig Wind- und Solarstrom verfügbar, kann die Fernwärme auf Basis von Biomasse und Abwärme bereitgestellt werden. Die immer stärkere Verbindung von Strom- und Wärmeversorgung, aber auch industrieller Prozesse wird Sektorenkopplung genannt und ist essentiell, um die Herausforderungen der Klimaneutralität umfassend und effizient zu lösen.


III. Öffentliche Einrichtung der Fernwärmeversorgung
Voraussetzung der Begründung eines Anschluss- und Benutzungszwangs ist, dass es sich bei der Fernwärmeversorgung um eine öffentliche Einrichtung handelt. Dabei ist die privatrechtliche Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses sowie die Übertragung des Betriebs der Einrichtung an eine juristische Person des Privatrechts zulässig (BVerwG, Urteil vom 06.04.2006 8 CN 1.04), solange sich die Kommune einen maßgeblichen Einfluss auf die wesentlichen Fragen der Betriebsführung vorbehalten hat. Der Betrieb der Fernwärmeeinrichtung soll vorliegend durch die enercity AG erfolgen. Mehrheitsaktionärin der enercity AG ist mit 75,01 Prozent die VVG GmbH, welche wiederum ausschließlich in öffentlicher Hand, und zwar zu 80,49 Prozent bei der LHH und zu 19,51 Prozent bei der Region Hannover liegt. Damit hat die LHH gesellschaftsrechtlich den maßgeblichen Einfluss auf die Betriebsführung der enercity AG, um dauerhaft eine gesicherte Versorgung aus der Fernwärmeeinrichtung zu gewährleisten.


IV. Ausnahmen
Gemäß § 13 Satz 2 NKomVG kann die Satzung Ausnahmen vom Anschluss- oder Benutzungszwang zulassen und den Zwang auf bestimmte Gebietsteile der Kommune und auf bestimmte Gruppen von Personen oder Grundstücken beschränken. Ausnahmen und Beschränkungen dienen der Verhältnismäßigkeit des angeordneten Zwangs.


a. Satzungsgebiet
Das Fernwärmeversorgungsgebiet gem. Anlage ist Bestandteil der Satzung und wurde nach folgenden Kriterien bestimmt:
- Hohe Wärmedichte: Besonders geeignet zur Fernwärmeversorgung sind Gebiete mit hoher Wärmeabnahme, z. B. große Wohngebäude, Gewerbebetriebe, Hochhäuser oder Quartiere mit Blockbebauung.
- Nähe zum vorhandenen Fernwärmenetz: Die größtmögliche Anschlussquote bei begrenzt verfügbaren finanziellen Ressourcen wird erreicht, indem der Ausbau vom vorhandenen Fernwärmenetz ausgehend erfolgt.
- Gebäudetypen: Quartiere, in denen Ein- und Zweifamilienhäuser dominieren, eignen sich in der Regel nicht für die Erschließung mit Fernwärme, da der Anschlussaufwand und die Netzverluste bezogen auf die Wärmeabnahme zu hoch sind.

b. Ausnahmetatbestände


Ziel der Satzung ist die Senkung von Treibhausgasemissionen in der Energieversorgung.

Ggf. ist nicht jedes Grundstück im Satzungsgebiet sofort technisch anschließbar. Solange die tatsächliche oder rechtliche Unmöglichkeit besteht oder die für den Anschluss erforderlichen Aufwendungen selbst mit dem wichtigen Satzungszweck nicht zu rechtfertigen sind bzw. nicht optional vom potentiellen Anschlussnehmer übernommen werden, besteht kein Anschluss- und Benutzungsrecht/-zwang.

Zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gelten Bestandsanlagen, beauftragte und genehmigte Anlagen von der Anschluss- und Benutzungspflicht mit Antragstellung als befreit. Erst bei wesentlichen Änderungen an diesen Anlagen greift der Anschluss- und Benutzungszwang.

Soweit keine nachteiligen Auswirkungen im Hinblick auf den Satzungszweck zu erwarten sind, sieht die Satzung

- für optionale Versorgungsvarianten Befreiungsmöglichkeiten vor, sofern es sich um eine emissionsfreie Wärmeerzeugung oder um eine Anlage handelt, deren Treibhausgasemissionen die der Fernwärmelieferung nicht übersteigen,


- weitere Ausnahmen für Gebäude mit einer Gesamtwärmeleistung kleiner 25 Kilowatt, bei Nutzung eigener Abwärme oder unbilliger Härte vor.
Die vorgenannten Befreiungstatbestände stehen im Ermessen der Behörde, wobei dieses für die vorgenannten optionalen Versorgungsvarianten intendiert ist, d. h. bei Vorliegen der Befreiungstatbestände die Befreiung in der Regel zu erteilen ist.

Anträge auf Erteilung von Ausnahme- und Befreiungstatbeständen bearbeitet die Landeshauptstadt Hannover. Ausgehend vom aktuellen Satzungsgebiet und dessen Struktur wird der Aufwand für Beratung und Bearbeitung auf zwei Stellenkapazitäten eingeschätzt.


V. Änderungsanträge der Stadtbezirksräte:

1. Die Verwaltung empfiehlt, dem Änderungsantrag DS-Nr. 15-0906/2022 des SBR Herrenhausen-Stöcken auf Ausweitung des Satzungsgebietes teilweise zu folgen.


Folgende Gebiete werden in das Fernwärmesatzungsgebiet aufgenommen:

- Teilgebiet 1: Übernahme entsprechend DS 15-0906/2022


- Teilgebiet 2: Teilübernahme entsprechend DS 15-0906/2022 ohne den von Westschnellweg (B6), Stöckener Straße und Dünenweg eingegrenzten Streifen nördlich des Westschnellweges mit Ergänzung des von Schaumburgstr., Berggartenstr./Orchideenweg und Herrenhäuser Str. begrenzten dreieckigen Gebiets
- Teilgebiet 3: Teilübernahme entsprechend DS 15-0906/2022 ohne das von Gretelriede, Wernigeroder Weg, Zellerfelder Allee und Altenauer Weg begrenzte Gebiet sowie das nördlich der Gretelriede gelegene Gebiet

In den vorgeschlagenen Teilgebieten liegen bereits Fernwärmeversorgungsleitungen, sodass eine Ausweitung des Satzungsgebietes vertretbar erscheint. Eine Ausweitung im Bereich der B6 und im östlichen Teil des Stadtbezirks Herrenhausen-Stöcken ist aufgrund der fehlenden Fernwärme-Netzinfrastruktur und der geringen Wärmedichte nicht zu empfehlen. Für Teilgebiet 2 wird eine Ergänzung westlich des Berggartens vorgeschlagen.
Der Lageplan des Satzungsgebietes ist um die beschriebenen Gebietserweiterungen ergänzt und die Anlage wurde ensprechend verändert.

2. Zu den Änderungsantragen DS-Nr. 15-0807/2022 des SBR Südstadt-Bult und DS-Nr. 15-0899/2022 des SBR Mitte auf Ausweitung des Satzungsgebietes empfiehlt die Verwaltung, den Änderungsanträgen nicht zu folgen.


Begründung der Verwaltung:

Der vorliegende Entwurf zur Fernwärmesatzung einschließlich des dazugehörigen Satzungsgebietes basiert auf ökologischen, ökonomischen und technologischen Kriterien. Neben der Wärmedichte ist die vorhandene Fernwärme-Netzinfrastruktur ein entscheidendes Kriterium bei der Definition des Satzungsgebietes.


Im Zooviertel ist das Kriterium einer ausreichenden Wärmedichte nicht erfüllt. In den zur Erweiterung angefragten Gebieten der Südstadt liegen keine Fernwärmeleitungen. Beim angesprochenen Gebiet zwischen Große Düwelstraße, Redenstraße, Tiestestraße und Kleine Düwelstraße handelt es sich um ein dezentrales Nahwärmenetz und kein Fernwärmenetz.
Aus ökologischer und ökonomischer Sicht ist es sinnvoll, zunächst die Gebiete zu erschließen, in denen sich mit möglichst wenig Aufwand (kurzer Weg zur nächstmöglichen Fernwärme-Leitung) große Mengen fossil erzeugter Wärme substituieren lassen. Sollte das Satzungsgebiet auf weitere Stadtteile ausgeweitet werden, müssten zusätzliche Transportleitungen mit einem erheblichen finanziellen Aufwand gebaut werden, da die hydraulischen Kapazitäten des vorhandenen Netzes nicht ausreichen würden. Ggfs. wären auch weitere Erzeugungsanlagen erforderlich. Würden Gebiete mit einer geringeren Wärmedichte erschlossen, verschlechtert sich die Wirtschaftlichkeit deutlich, so dass auch mit höheren Preisen für alle Fernwärme-Kund*innen zu rechnen ist. Dies könnte neben den Einschränkungen durch viele Großbaustellen Akzeptanzprobleme verursachen. Bei den notwendigen Baumaßnahmen zum Ausbau des Fernwärmenetzes ist die Nutzung von Synergieeffekten mit anderen Tiefbauarbeiten vertraglich im laufenden Konzessionsvertrag gesichert.

Spätestens in fünf Jahren beabsichtigen die Landeshauptstadt Hannover und enercity in einer gemeinsamen Überprüfung den Fortschritt bei der Fernwärmeversorgung zu bewerten und bei Bedarf nachzusteuern. Dies umfasst dann auch eine mögliche Ausweitung des Satzungsgebietes. Anfragen zur Fernwärmeversorgung außerhalb des Satzungsgebietes werden ebenfalls durch enercity geprüft und bei gegebener Wirtschaftlichkeit umgesetzt.

3. Die Verwaltung empfiehlt, dem Änderungsantrag DS-Nr. 15-1424/2022 des SBR Linden-Limmer bezogen auf die konkrete Fernwärmesatzung nicht zu folgen.
Begründung der Verwaltung:

Der vorliegende Ergänzungsantrag beschäftigt sich nicht mit den Inhalten der Fernwärmesatzung bzw. enthält keine konkreten Vorschläge zu deren Änderung. Die vom Stadtbezirksrat vorgetragenen Themen sind beachtenswert, führen jedoch nicht zur Änderung des Satzungsentwurfs.



Selbstverständlich ist der LHH daran gelegen, die Fernwärmeversorgung sozialverträglich auszugestalten. Sozialverträglichkeit lässt sich jedoch generell nicht mit einer kommunalrechtlichen Satzung herstellen. Soweit satzungsrechtlich Vorgaben gemacht werden können, enthält der Entwurf entsprechende Vorschriften: §1 Abs. 1 regelt, dass die Fernwärmeversorgungseinrichtung als öffentliche Einrichtung betrieben wird. Derzeit ist dies durch gesellschaftsrechtliche Beteiligungen der Landeshauptstadt an der enercity AG sichergestellt. Der Verwaltung ist es jedoch nicht möglich, den Rat anzuweisen, dauerhaft diese Beteiligungen unverändert zu lassen. Daher sollen mit der Übertragung des Betriebs an die enercity die Einwirkungs- und Kontrollrechte der Landeshauptstadt vertraglich geregelt werden.

Fragestellungen der Preisgestaltung regelt §24 der Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme nach der AVBFernwärmeV, auf die der Satzungsentwurf in §8 Abs. 3 Satz 2 Bezug nimmt. Hiernach müssen Preisgleitklauseln sowohl die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme (Kostenelement) als auch die Verhältnisse am Wärmemarkt (Marktelement) berücksichtigen. Bei zurückgehendem Erdgaseinsatz in den Kraftwerken muss die Kostenorientierung der Preisgleitklausel durch den Versorger ohnehin sichergestellt und ggf. angepasst werden.
Die im Ergänzungsantrag geforderten Maßnahmen zur Sicherstellung der Sozialverträglichkeit können nicht im Rahmen der vorgelegten Fernwärmesatzung abgehandelt werden. Die Forderung, immer ausreichend Mittel für Beratung und Förderung zur Verfügung zu haben, liegt in der Entscheidung des Rats als Haushaltssatzungsgeber. Aktuell werden entsprechende Förder- und Beratungsangebote vorgehalten und die Verwaltung beabsichtigt, diese auch fortzusetzen.

Auch die gewünschte Verpflichtung zur Einbindung der Handwerkskammer sowie der relevanten Innungen kann nicht satzungsrechtlich erfolgen. Der Austausch mit dem Handwerk zur Entwicklung und Umsetzung von Beratungs- und Förderangeboten ist im Netzwerk der Partnerschaft für Klimaschutz sowie im Beirat des proKlima-Fonds seit vielen Jahren gelebte Praxis.

Satzungsrechtliche Vorgaben für die Anwendung von Contracting, d. h. für den Abschluss von Dienstleistungsverträgen zwischen Eigentümer*in und Dienstleistungsunternehmen, liegen ebenfalls nicht im kommunalen Handlungsspielraum. Die Wärmelieferverordnung (WärmeLV) regelt Fragen der Kostenverteilung und -entwicklung zwischen Mietenden und Vermietenden. §11 der WärmeLV enthält Vorgaben für Inhalte und Fristen von Umstellungsankündigungen. Hiernach sind Mieter*innen spätestens 3 Monate vor der Umstellung zu informieren. Das Knowhow und die Erfahrung von Contracting-Unternehmen tragen dazu bei, dass Fördermittel in Anspruch genommen werden.

Die bestehende lokale und Bundesförderkulisse setzt Förderanreize mit hohen Förderquoten, die zur Erstellung attraktiver Angebote durch Contracting-Unternehmen auch genutzt werden.

Ziel der angestrebten Preisgestaltung von enercity ist es u.a., für Fernwärmeanschlüsse ein zum Tausch von Gasheizungsanlagen vergleichbares Kostenniveau anzubieten. Ist der Instandhaltungsaufwand genauso hoch wie der Fernwärmeanschluss, können keine Modernisierungskosten umgelegt werden. Der Fernwärmepreis in Hannover liegt unter dem Durchschnitt aller Nah- und Fernwärmeversorger in Niedersachsen, aber auch im Vergleich zu den Städten über 500.000 Einwohner*innen in Deutschland. Durch den zunehmenden Anteil erneuerbarer Energien im Energiemix von enercity wird der Einfluss des steigenden CO2-Preises dazu führen, dass die Fernwärme perspektivisch noch besser im Vergleich zu den fossilen Energieträgern wie Heizöl, Erdgas und Kohle abschneiden wird. Gemäß aktueller BDEW-Gaspreis-Analyse verdoppelte sich der Erdgaspreis für Haushalte in Mehrfamilienhäusern im April 2022 auf rund 13 Cent je Kilowattstunde. Der Angriff auf die Ukraine lässt für Erdgas ein anhaltend hohes Energiepreisniveau mit weiteren Preissteigerungen befürchten. Die Umstellung auf die Fernwärme trägt dazu bei, die bevorstehenden Kostensteigerungen abzudämpfen und stellt eine Maßnahme der sozialen Abfederung dar.

Die derzeitige Energiepreisentwicklung bringt soziale Härten mit sich, die die Bevölkerung nicht nur in Hannover, sondern im gesamten Bundesgebiet betrifft. Programme der sozialen Abfederung sind unbedingt zu begrüßen, sind aber durch den Bundesgesetzgeber vorzunehmen, was teilweise bereits erfolgt ist, und können durch die Kommunen nur im geringen Maße flankiert werden.
67.11 
Hannover / 09.06.2022