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Am 9.März 2007 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze (RV-Alters-grenzenanpassung) beschlossen. Mit dem Auslaufen der sogenannten 58-Regelung hat das Gesetz auch Auswirkungen auf Langzeitarbeitslose. Danach können Langzeitarbeitslose, teilweise schon ab 60 Jahren in die „Zwangsrente“ geschickt werden. Die Rentenabschläge können je nach Fall bis zu 18% betragen.
In einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE, geht sie davon aus, dass Hilfsbedürftige erstmal alle anderen Möglichkeiten ausschöpfen müssen, um ihre Hilfsbedürftigkeit zu verringern. Zur Vermeidung der Hilfsbedürftigkeit gehört daher grundsätzlich auch, die Inanspruchnahme einer Rente mit Abschlägen zum frühesten Zeitpunkt. Diese Renten liegen oft unter der Grundsicherung in Alter, sodass viele Rentnerinnen und Rentner gezwungen sind noch Leistungen nach dem SGB XII zu beantragen.
Wir fragen die Verwaltung:
1. Wie viele Rentnerinnen und Rentner, die vorzeitig Rente beantragen mussten, beziehen derzeit in Hannover zusätzlich noch Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII?
2. Welche Kosten sind dafür im Jahr 2012 entstanden?
3. Wie sind die Kosten im Vergleich zu den Jahren 2008 bis 2011 zu bewerten? (Angaben bitte nach Jahren, Anzahl der Bewilligungen und Kosten)
Oliver Förste
Fraktionsvorsitzender
Das Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) sieht vor, dass Personen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld II ab 01.01.2008 entstanden ist, grundsätzlich verpflichtet sind, ab Vollendung des 63. Lebensjahres, eine Rente wegen Alters vorzeitig, d. h. auch mit Abschlägen, in Anspruch zu nehmen.
Für ältere Leistungsempfänger, bei denen die Vollendung des 58. Lebensjahres und die Entstehung des Anspruchs nach dem SGB II vor dem 01.01.2008 lag, besteht Vertrauensschutz. Sie müssen keine Altersrente mit Abschlägen beantragen. Darüber hinaus hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales weitere Ausnahmen von der Verpflichtung zur Inanspruchnahme einer Altersrente mit Abschlägen durch Verordnung festgelegt.
In der Ratsanfrage wird Bezug genommen auf eine kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Partei Die Linke und die diesbezügliche Antwort der Bundesregierung. Dort wurde unter anderem gefragt, ob die Bundesregierung der Aussage zustimmt, dass die Rückkehr der zwangsverrenteten Erwerbslosen ins Erwerbsleben dadurch erschwert wird, dass sie zum einen keinen Anspruch mehr auf Maßnahmen zur Wiedereingliederung haben und zudem auch kein finanzieller Anreiz dazu besteht, weil die durch die Zwangsverrentung verursachten Abschläge auf die Rente auch bei erneuter Arbeitsaufnahme voll erhalten bleiben (Drucksache 16/4952). Dies wird von der Bundesregierung verneint, weil im Rentenrecht ein starker finanzieller Anreiz für Bezieher einer vorgezogenen Altersrente bestehe, wieder eine Beschäftigung aufzunehmen. Bei Wegfall der vorgezogenen Altersrente z.B. durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verringere sich nämlich der Abschlag pro Monat, in dem die Rente nicht mehr vorzeitig in Anspruch genommen wird, um 0,3 Prozentpunkte (Drucksache 16/5461).
Hilfebedürftige, die eine vorgezogene Altersrente beziehen, erhalten ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel des SGB XII, soweit ihre Rente nicht ausreicht, den notwendigen Lebensunterhalt zu bestreiten. Erst mit Erreichen der Altersgrenze besteht ein Anspruch auf Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII.
Träger der Sozialhilfe und für die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel des SGB XII ist für die Landeshauptstadt bekanntlich die Region Hannover. Über die Regionsumlage ist die Stadt Hannover an diesen Kosten beteiligt.
Die Kosten der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII trägt der Bund seit dem 01.01.2013 zu 75 % und ab dem Jahr 2014 zu 100 %. Auf den Haushalt der Stadt Hannover ergeben sich für die Kosten der Grundsicherung somit ab 2014 keine direkten Auswirkungen mehr.
Erkenntnisse, darüber, wie viele Leistungsberechtigte nach dem SGB II vorzeitig eine Rente wegen Alters beantragen mussten, liegen der Verwaltung nicht vor. Eine Nachfrage im JobCenter hat ergeben, dass auch dort hierüber keine statistischen Erhebungen erfolgen. Im Übrigen ist der Verwaltung eine Einflussnahme darauf, ob der Hilfesuchende eine vorgezogene Altersrente beantragt, nicht möglich, da die Prüfung und Entscheidung darüber nach den Bestimmungen des SGB II im Jobcenter getroffen wird.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die gestellten Fragen noch wie folgt:
Frage 1: Wie viele Rentnerinnen und Rentner, die vorzeitig Rente beantragen mussten, beziehen derzeit in Hannover zusätzlich noch Leistungen der Grundsicherung?
In den über 9.000 Leistungsfällen beziehen derzeit in Hannover etwa 130 Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, ergänzend zu einer vorgezogenen Altersrente Hilfe zum Lebensunterhalt. Davon sind ca. 90 Personen über 63 Jahre alt.
Eine Auswertung, in wie vielen Fällen diese Renten einen Abschlag beinhalten, bzw. wie viele Rentner über der Altersgrenze schon in der Vergangenheit Renten mit Abschlag beantragen mussten, ist der Verwaltung nicht möglich.
Frage 2: Welche Kosten sind dafür im Jahr 2012 entstanden.
Frage 3: Wie sind die Kosten im Vergleich zu den Jahren 2008 bis 2011 zu bewerten?
Die Höhe einer Altersrente und damit auch der in Kauf zu nehmende Abschlag sind abhängig von den eingezahlten Rentenversicherungsbeiträgen. Da die Anzahl der Fälle durch uns nicht ermittelt werden kann, ist es der Verwaltung auch nicht möglich zu ermitteln, welche Kosten durch die Inanspruchnahme von vorgezogenen Altersrenten entstehen."