Informationsdrucksache Nr. 0049/2008:
Ausbauprogramm zur Betreuung von Kleinkindern

Inhalt der Drucksache:

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0049/2008
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Ausbauprogramm zur Betreuung von Kleinkindern

Ausgangslage

Bund und Länder haben sich darauf verständigt, das Betreuungsangebot für unter Dreijährige auszubauen. Danach soll bis zum Jahr 2013 die Erreichung einer 35%igen Versorgungsquote im Bundesdurchschnitt realisiert werden und – darauf aufbauend – voraussichtlich zum Kindergartenjahr 2013/2014 ein Rechtsanspruch für Kinder ab Vollendung des ersten Lebensjahres folgen.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind in Kürze zu erwarten; ein Gesetzentwurf des Bundes liegt derzeit allerdings noch nicht vor.

Gemäß der bereits geschaffenen Finanzierungsvoraussetzungen des Bundes will sich dieser an der Finanzierung in der Ausbauphase bis zum Jahr 2013 mit insgesamt 4 Mrd. €. beteiligen. Für Investitionen werden nach dem Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens „Kinderbetreuungsausbau“ bundesweit 2,15 Mrd. € zur Verfügung gestellt. Mit diesem Gesetz soll den Ländern und Kommunen die finanzielle Absicherung für die Bereitstellung der Plätze gegeben werden.

Nach dem vorliegenden Entwurf der Landesrichtlinie „Investitionen Kinderbetreuung“ will das Land Niedersachsen - jeweils einmalig -
- für den Neubau oder den Erwerb von Gebäuden einschließlich nachfolgendem Umbau 13.000 € je Platz,
- für einen Erweiterungs- oder Umwandlungsbau bzw. Umbaumaßnahmen 5.000 € je Platz,
- für Ausstattungsgegenstände 1.500 € je Platz
gewähren.
Die o. g. Zuwendungen sollen in gleicher Höhe für Neubau, Erweiterungs- oder Umwandlungsbau und für Ausstattungsgegenstände für Plätze in der Kindertagespflege gewährt werden.

Die Zuwendungshöhe darf 95 % der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben nicht übersteigen.

Vom Jahr 2009 an will sich der Bund mit einer bis 2013 aufsteigenden Summe über einen Festbetrag bei der Umsatzsteuerverteilung zugunsten der Länder an den zusätzlich entstehenden Betriebsausgaben wie folgt beteiligen:
2009 100 Mio. €
2010 200 Mio. €
2011 350 Mio. €
2012 500 Mio. €
2013 700 Mio. €.
Ab 2014 wird sich der Bund dann fortlaufend mit 770 Mio. € p. a. an der Finanzierung der durch den Ausbau der Betreuungsangebote entstehenden zusätzlichen Betriebskosten, die über die Marge des Tagesbetreuungsausbaugesetzes (TAG) hinausgehen, beteiligen. Derzeit ist noch nicht bekannt, wie das Land Niedersachsen den „Bundeszuschuss“ an die örtlichen Träger der Jugendhilfe weiterleiten wird.

Bevölkerungsentwicklung in der LHH

Als Grundlage der LHH- Bedarfsplanung werden die Ergebnisse der Bevölkerungsprognosen des Bereiches Stadtentwicklung (OE 61.5) herangezogen. Diese werden jährlich erkennbaren Entwicklungen angepasst (z.B. bei Erschließung neuer Baugebiete) sowie im Abstand von etwa drei bis fünf Jahren umfassend - zuletzt im Oktober 2007 - aktualisiert.

Die zuvor im Jahr 2002 prognostizierte demografische Entwicklung ließ bis zum Jahr 2010 einen etwa 10%-igen Rückgang der 3- bis 6-jährigen Kinder erwarten. Mit allen naturgemäß verbundenen Unsicherheiten konnte vor diesem Hintergrund von etwa 1.000 nicht mehr benötigten Kindergartenplätzen - und damit für unter Dreijährige freiwerdenden - ausgegangen werden. Anhand der jetzt aktualisierten Bevölkerungsdaten zeichnet sich ein leicht gegenläufiger Trend ab. Demnach ist - bezogen auf die 3 – 6-Jährigen - weiterhin von einem Rückgang auszugehen. Im Vergleich zur bisherigen Prognose allerdings mit “nur“ 4% in deutlich geringerem Umfang.

In Relation zur Gesamt-Kinderzahl (0-9 Jahre) bedeutet dies für 2007 im Vergleich zur Prognose aus dem Jahr 2002 eine Abweichung von 1,3 %. Trotz dieser eher geringfügigen Veränderung können damit für den Ausbau der Krippenbetreuung deutlich weniger Ressourcen genutzt werden. Zurzeit ist von insgesamt etwa 300 bis zum Jahr 2013 nicht mehr benötigten Kindergartenplätzen auszugehen.

Diese Entwicklung ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass sich das Wanderungsverhalten zwischen Stadt und Umland insbesondere seit 2003 relativiert hat: Während noch Mitte der 90er Jahre die Stadt bis zu 3.500 Personen pro Jahr an das Umland verlor, waren es in den letzten Jahren "nur" noch knapp 2.000 Personen. Dies hat dazu geführt, dass ab Ende 2005 die tatsächliche Entwicklung der Kinderzahlen - beginnend in den unteren Jahrgängen, in denen die Abwanderung vorher besonders hoch war - langsam von der prognostizierten Entwicklung abwich (Abweichung zwischen tatsächlicher Entwicklung und Prognose am 1.1.2007: 0 bis 2 Jahre + 300 Kinder, 3 - 5 Jahre + 100 Kinder, 6 bis 9 Jahre + 120 Kinder).

Bei der Prüfung der Annahmen für die neue Prognose hat sich gezeigt, dass nach derzeitiger Kenntnis von einer relativ hohen Stabilität des derzeitigen Wanderungsverhaltens zwischen Stadt und Umland ausgegangen werden kann. Dies ergibt sich insbesondere aus den Annahmen zum zukünftigen Wohnungsbau, der für die Wanderungen von Familien von großer Bedeutung ist.

Aus den Angaben der 21 Städte und Gemeinden der Region Hannover ergibt sich, dass für die nächsten Jahre von einer relativ stabilen Relation zwischen Stadt und Umland ausgegangen werden kann; rund 30 % des Wohnungsbaus in der Region dürften in der Stadt erfolgen. Größere Ausschläge, wie sie in der Vergangenheit öfter im Umland stattgefunden haben, sind nach Angabe der Städte und Gemeinden z. Zt. nicht zu erwarten. Dies wird in den nächsten Jahren zu einer deutlich höheren Stabilität der Kinderzahlen in der Stadt führen. Gestützt wird diese Entwicklung zusätzlich noch durch das weiter angestiegene Alter der Mütter bei der Geburt der Kinder, was dazu führt, dass der in Zukunft zu erwartende weitere Rückgang der Geburtenzahlen später eintreten wird.

Betreuungssituation in der LHH

Die Stadt hält – inkl. Tagespflege – mit Stand August 2007 knapp 2.600 Plätze für die Altersgruppe der unter Dreijährigen vor. Auf Grundlage der aktuellen Bevölkerungsprognose (Stand 10/2007) sind zur Erreichung einer 35%-Quote im Jahr 2013 zusätzlich noch rd. 1.900 Plätze für diese Altersgruppe zu schaffen.

Hiervon können abgesetzt werden:
- neue Plätze, die für das Jahr 2008 planerisch und
haushaltsmäßig abgesichert sind ./. 290
- Kindergartenplätze, die nach jetzigem Kenntnisstand (s.o.) bis 2013
voraussichtlich umgewandelt werden können ./. 300

Damit verbleibt ein rein rechnerisch zu schaffendes Volumen von 1.310 Plätzen zur Erzielung einer 35%-Versorgungsquote.

Ausbauprogramm „5 x 300“ in Tageseinrichtungen (institutionelle Betreuung)

Im Zuge der Umsetzung des bisher einschlägigen TAG werden im Jahr 2008 (abschließende Ausbaustufe in der LHH) noch mindestens 290 zusätzliche Plätze im Bereich der unter Dreijährigen realisiert. Zum Ende des Jahres 2008 wird damit für die LHH – inkl. Tagespflege – eine Versorgungsquote von etwa 24 % erreicht werden.

Darauf aufbauend soll - beginnend ab dem Jahr 2009 - ein weiterführendes Ausbauprogramm mit 5 x jährlich 300 zusätzlichen Plätzen aufgelegt werden. Die Umsetzung des Ausbauprogramms „5 x 300“ wird dabei – dem Volumen nach – alle hierfür in Frage kommenden Komponenten vorsehen, d.h. es beinhaltet neben dem Ausbau bestehender Einrichtungen durch An- oder Umbau und der Schaffung neuer Plätze durch Neubauten auch die zusätzliche Gewinnung von Plätzen in Betriebskitas und Elterninitiativen, sowie - soweit möglich - die Rekrutierung zusätzlicher Angebote bei Tagespflegepersonen.

Im Zuge der Inanspruchnahme des Landesprogramms “Familie mit Zukunft“ sind darüber hinaus bereits ab 2008 jährlich 50 zusätzliche Tagespflegeplätze bis 2013 insgesamt 300 Plätze geplant.

Mit den auf diese Weise insgesamt zu erreichenden rd. 1.800 zusätzlichen Plätzen wäre dann im Jahr 2013 – nach dem aktuellen Stand der Bevölkerungsentwicklung – eine Versorgungsquote von rund 40% erreicht.

Dieser Versorgungsgrad liegt über dem bundesweit geforderten Versorgungsgrad von 35 %. Es ist allerdings davon auszugehen, dass in Großstädten der Bedarf überdurchschnittlich sein wird. Auch eine höhere Versorgungsquote kann deshalb nur ein Näherungswert an den tatsächlichen Bedarf im Jahr 2013 darstellen, da die Betreuungswünsche der Eltern im Jahr 2013 nicht abschließend prognostizierbar sind. Weitergehende Entscheidungen müssen deshalb vom tatsächlichen Verlauf der Nachfrageentwicklung abhängig gemacht werden.

Die jetzt zum Ziel genommene Prognose von jährlich 300 zusätzlichen Plätzen ist als realistisch leistbare Größenordnung anzusehen, wobei innerhalb der einzelnen Jahre durchaus Verschiebungen in der Anzahl möglich und zu erwarten sind. Eine Vergleichbarkeit mit dem Ausbauprogramm zur Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz von 1993 bis 1997 mit jährlich bis zu 400 – 500 Plätzen ist nicht gegeben, da ein Ausbau der Krippenbetreuung nicht im gleichen Umfang und nicht maßgeblich mit größeren Neubauten realisiert werden kann:

- Krippen sind in der Regel ebenerdig zu planen. Mehrgruppeneinrichtungen würden demzufolge einen erheblich größeren Flächenbedarf haben.
- In Krippengruppen können – trotz vergleichbarem Raumbedarf – maximal 15 Kinder betreut werden (im Kindergarten 25). Die Schaffung neuer Plätze zieht daher in Relation zur Platzzahl erheblich höhere Baukosten nach sich.
- In mehrgruppigen Krippeneinrichtungen kann ein „Durchwachsen“ der Kinder in weiterführende Angebots- und Betreuungsformen nicht realisiert werden (Übergang Krippe/Kindergarten).

Hinzu kommt, das nach den bereits erfolgten Kita-Ausbauprogrammen das Stadtgebiet in den vergangenen Jahren bereits mehrfach überplant worden ist. Große, geeignete Flächen sowie Reserven stehen kaum noch zur Verfügung.

Zur Umsetzung des Ausbauprogramms wird die Verwaltung eine interne Arbeitsgruppe aus den beteiligten Fachbereichen einsetzen.

Finanzielle Auswirkungen

Ein Ausbauprogramm „5 x 300“ würde – bei vollständiger Umsetzung – für die LHH einen zusätzlichen Folgekostenaufwand in Höhe von ca. 10 Mio. € p. a. (2013 Ende des Ausbauprogramms) nach sich ziehen (Bruttokosten ohne Bund-/Landerstattungen). Bei der Berechnung der Folgekosten für die Krippenplätze sind die derzeit entstehenden Kosten zugrunde gelegt worden, eventuelle Tarif- oder Sachkostensteigerungen bis zum Jahr 2013 wurden nicht eingerechnet.

Um das Ausbauprogramm umsetzen zu können, sind zunächst Investitionsmittel erforderlich, deren Volumen vor allem abhängig ist

- von der Art der Realisierung (Umbau im Bestand, Neubau, Neubau durch Dritte)
- vom Umfang der Investitionszuweisungen des Landes.

Detaillierte Angaben zu der Höhe der entstehenden Investitionskosten sind nicht möglich, da derzeit noch nicht bekannt ist, wie die zusätzlichen Plätze geschaffen werden können. In diesem Zusammenhang wichtig ist die letztlich realisierbare Mischung aus z. B. dem Ausbau, der Erweiterung bestehender Einrichtungen, der Schaffung von Plätzen durch Neubauten und zusätzliche Gewinnung von Plätzen in Betriebskitas, Elterninitiativen und einem weiteren Ausbau der Tagespflege.

Personelle Auswirkungen

Je Gruppe (à 15 Kinder) müssen 1 Erzieher/-in und 1 Sozialassistent/-in bzw. Kinderpfleger/-in nach der Verordnung über die Mindestanforderungen an Kindertagesstätten (1. DVO-KiTaG) eingesetzt werden. Werden mehr als 7 Kinder unter 2 Jahren in der Gruppe betreut, beträgt die Gruppengröße höchstens 12 Kinder. Bei jährlich 300 zusätzlichen Plätzen (gleich 20 Gruppen) errechnet sich somit ein Personalbedarf von mindestens 20 Erzieher/-innen und 20 Sozialassistent/-innen. Bis zum Jahr 2013 ergibt dies insgesamt 200 Stellen (100 Erzieher/-innen und 100 Sozialassistent/-innen). Da derzeit nicht absehbar ist, welche Gruppengröße die Einrichtungen haben werden, kann der o. g. Personalbedarf tatsächlich höher sein. Sofern auch städtische Trägerschaft zur Umsetzung kommt, sind die entsprechenden haushalts- und stellenplanwirksamen Voraussetzungen zu schaffen.

Nach Auskunft des JobCenters Region Hannover waren im November 2007 in ihrem Zuständigkeitsbereich 228 Erzieher/innen arbeitslos, 171 Erzieher/innen arbeitssuchend, 710 Sozialassistent/-innen arbeitslos und 598 Sozialassistent/-innen arbeitssuchend gemeldet. Das JobCenter Region Hannover hat signalisiert, dass hier eine Zusammenarbeit z. B. bezüglich eines Profiling oder auch zusätzlicher Qualifizierungsmaßnahmen für den o. g. Personenkreis möglich wären.

Zielzahl bei einer 50%igen Versorgungsquote

Der vom Rat zum Haushalt 2008 u. a. beschlossene Antrag „Programm zum Ausbau von Krippen bis 2013“ fordert u. a. auch die Darstellung der Platzzahlen und Folgekosten einer Betreuungsquote von 50%.

Bei Erfüllung einer Betreuungsquote von 50% müssten bis 2013 über das o. g. Programm hinaus weitere 300 Plätze p. a. geschaffen werden, damit jährlich 600 statt der durch das Ausbauprogramm angestrebten 300 Plätze. Plätze in diesem Umfang zu schaffen, wird aus praktischen Gründen bis zu diesem Zeitpunkt als nicht umsetzbar (s. o.) angesehen.

Die vollständige Umsetzung einer Versorgungsquote von 50% würde Folgekosten in Höhe von jährlich rd. 20 Mio. € nach sich ziehen (zum Vergleich: „5 x 300“ = rd. 10 Mio. €).
Zur Höhe der Investitionskosten wird auf die o. g. Ausführungen beim Punkt „Finanzielle Auswirkungen“ verwiesen.

Eine Erhöhung um 300 zusätzliche Plätze jährlich würde den Einsatz von mindestens
20 weiteren Erzieher/innen und 20 Sozialassistent/innen nach sich ziehen, bis 2013 insgesamt 200 weitere Stellen geschaffen werden.

Sollten sich im mehrjährigen Vollzug des Programms weitere Ausbau-Möglichkeiten ergeben und sollte ein entsprechend gesteigerter Bedarf feststellbar sein, würden entsprechende Realisierungsmaßnahmen für den Zeitraum ab 2013 vorbereitet werden.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Mit dem Ausbauprogramm trägt die Stadt Hannover dazu bei, den Eltern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen bzw. zu erleichtern. Der Ausbau der Kleinkindbetreuung orientiert sich an den Bedarfen der Eltern und Kinder. Eine ausgewogene Belegung der Gruppen sowie die Berücksichtigung familiärer Hintergründe werden durch die Aufnahmekriterien grundsätzlich sichergestellt.

Kostentabelle

Die entstehenden finanziellen Auswirkungen werden im Text dargestellt.

51.4 1
Hannover / 08.01.2008