Informationsdrucksache Nr. 0027/2010:
Neuorganisation der Kinder- und Jugendarbeit in Hannover

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverInformationsdrucksache-ZeichenInformationsdrucksache
In den Jugendhilfeausschuss
An die Kommission für Kinder- und Jugendhilfeplanung (zur Kenntnis)
An den Stadtbezirksrat Südstadt-Bult (zur Kenntnis)
An den Stadtbezirksrat Linden-Limmer (zur Kenntnis)
An den Stadtbezirksrat Herrenhausen Stöcken (zur Kenntnis)
In den Verwaltungsausschuss
 
Nr.
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0027/2010
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Neuorganisation der Kinder- und Jugendarbeit in Hannover

Die Verwaltung legt das von der Universität Hildesheim erarbeitete Rahmenkonzeption zur Durchführung der Erprobungsphase der Neuorganisation der Kinder- und Jugendarbeit in Hannover vor. Der Beginn der Erprobung ist für Februar 2010 vorgesehen und auf ein Jahr befristet. Die gewonnenen Erkenntnisse werden abschließend zur Erstellung der Konzeption für die Neuorganisation der Kinder- und Jugendarbeit in Hannover herangezogen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Von den Auswirkungen der Neuorganisation der Kinder- und Jugendarbeit sind beide Geschlechter gleichermaßen betroffen.

Kostentabelle

Die Kosten für die wissenschaftliche Begleitung und für Fort- und Weiterbildungsangebote bzw. Fachtage werden entsprechend des Ratsauftrages für einen Zeitraum von 3 Jahren zur Hälfte in den Haushalt zusätzlich eingestellt sowie aus vorhandenen Mitteln des Bereiches Kinder- und Jugendarbeit beglichen.




Sachstand Neuorganisation der Kinder- und Jugendarbeit in Hannover
1. Auftrag und Prozess
Mit einem Antrag zur Haushaltsplanung 2008 (Drucksache 1961/2007) hat der Rat die Verwaltung beauftragt, einen wissenschaftlich begleiteten Prozess zur Neuorganisation der Kinder­ und Jugendarbeit in Hannover einzuleiten. Auf Basis eines öffentlichen Dialogs und Konzeptionisierungsprozesses ist eine Rahmenkonzeption zur sozialräumlich ausgerichteten und bedarfsgerechten Organisation der Kinder- und Jugendarbeit den Ratsgremien vorzulegen. An der Erarbeitung sind Akteure der öffentlichen und freien Träger der Jugendhilfe zu beteiligen.

Die Einleitung dieser Entwicklung ist mit dem Ziel verbunden, auf Basis neuer Erkenntnisse der Organisationsentwicklung
· eine Struktur für eine moderne und am Bedarf orientierte Förderung und Gestaltung der Kinder- und Jugendarbeit zu erarbeiten
· mit allen am Prozess des Aufwachsens von Kindern und Jugendlichen in öffentlicher Verantwortung beteiligten Einrichtungen und Diensten neue Wege der Zusammenarbeit und Vernetzung im Sozialraum zu entwickeln
· durch die Verschränkung der Angebote aller Akteurinnen und Akteure Voraussetzung für eine strukturierte Abstimmung von Angeboten zu schaffen
· verbindliche Kooperationsstrukturen zwischen den Trägern zu entwerfen.
Mit der wissenschaftlichen Begleitung des Prozesses zur Entwicklung der Neuorganisation der Kinder- und Jugendarbeit ist das Institut für Sozial- und Organisationspädagogik der Universität Hildesheim beauftragt. Zur Lenkung dieses Prozesses hat die Verwaltung eine Steuerungsgruppe eingerichtet, an der Vertreterinnen und Vertreter freier Träger der Kinder- und Jugendarbeit und der Verwaltung gleichermaßen beteiligt sind.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung sowie interessierte Personen öffentlicher und freier Träger der Kinder- und Jugendarbeit haben, unterstützt durch das Team der Universität Hildesheim, in vier stadtweit organisierten Arbeitsgruppen mit insgesamt über 100 Fachkräften Eckpunkte für ein Konzept zur Neuorganisation formuliert. Dieser definitorische Rahmen umfasst Aussagen zur
· Erhebung von sozialräumlichen Bedarfen
· Wahrnehmung Bildungsorientierter Fachlichkeit in der Kinder- und Jugendarbeit
· Ausrichtung und zu Anforderungen an die Kooperationsstruktur der Träger
· Qualitätssicherung.
Die Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen, die in allen Fällen im Konsens gefunden wurden, hat die wissenschaftliche Begleitgruppe der Universität Hildesheim in die Empfehlung für ein Rahmenkonzept zur „Neuorganisation der Kinder- und Jugendarbeit in Hannover“ eingearbeitet.

Erprobung und Auswahl der Stadtteile
Mit Beginn des Jahres 2010 wird das Rahmenkonzept in Stadtteilverbünden der Bezirke Stöcken/Herrenhausen, Linden/Limmer und Südstadt/Bult erprobt und weiterentwickelt. Die Erprobungsphase ist für die Dauer eines Jahres vorgesehen. Anschließend werden die Ergebnisse ausgewertet, die Konzeption den Ergebnissen der Modellphase angepasst und die Übertragbarkeit auf die gesamte Stadt entwickelt.

Eine endgültige Fassung wird den Ratsgremien Mitte 2011 vorgelegt. Die Umsetzung der Neuorganisation könnte mit dem Haushaltsjahr 2012 erfolgen.
2. Merkmale und Kernpunkte der Rahmenkonzeption
Wesentliche Merkmale des Entwurfs des sozialräumlich ausgerichteten Gesamtkonzepts der Neuorganisation der Kinder- und Jugendarbeit sind:
· Strukturen, die ein fachlich abgestimmtes und am Bedarf ausgerichtetes Handeln in gemeinsamer Verantwortung bewirken
· Einführung einer zentralen und einer dezentralen Steuerung sowie verbindliche Vernetzungsstrukturen zur Abstimmung der Angebote
· Verbindlichkeit durch Verträge: Verbindlichkeit über Leistungen und Planungssicherheit für die Träger auf der Grundlage von Verträgen
· ein verbindliches und einheitliches Berichtswesen
· eine dialogische Form der Qualitätssicherung

Die Kernpunkte des bisher entwickelten Rahmkonzeptes zur Neuorganisation lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Bildungsorientierte Fachlichkeit
Kinder und Jugendarbeit ist in erster Linie außerschulische und an den Interessen der Kinder und Jugendlichen orientierte Bildungsarbeit. Dieser mit dem Begriff der Bildungsorientierten Fachlichkeit versehene Prozess, beschreibt den Anspruch nach Förderung von (Selbst-) Bildungsprozessen von Kinder- und Jugendlichen in Bezug auf ihre Persönlichkeitsentwicklung, der Bewältigung von altersspezifischen Fragestellungen und dem Wunsch nach Gemeinschaft und Geselligkeit. Die Angebote der Kinder- und Jugendarbeit werden eingebettet in eine regionale Bildungslandschaft, die sich in Netzwerk- und Kooperationen im Sozialraum repräsentiert. Die Anerkennung non- und informaler Bildung als eigenständigen Ansatz und die Wahrnehmung einer sogenannten Voice-Funktion sind darin integriert. In diesem Zusammenhang werden an die Fachkräfte verstärkte Anforderungen an die pädagogische Professionalität gestellt, in dem sie die Interessen und Bedürfnisse wahrnehmen, Arbeitsbeziehungen an verschiedenen Orten des Sozialraums aufbauen und ebenso an diesen für Jugendliche interessanten Orten sozialräumliche Angebote gestalten sowie Impulse geben.

Handlungsebene und Stadtteilkonzept
Die wesentliche Handlungsebene der Kinder- und Jugendarbeit ist der Sozialraum (Stadtteil, Stadtbezirk). Daneben können zentrale, stadtweite bzw. in die Sozialräume wirkende Angebote vorgehalten werden. Die Erstellung von Arbeitsmaterialien, die Beteiligung von Jugendlichen, eine Bedürfnisermittlung und sozialräumliche Bedarfsermittlung sowie die Organisation und Durchführung von Fortbildungen sind auf diese Handlungsebene ausgerichtet. Wesentliches Ziel ist es für jeden Sozialraum, jeweils ein verbindliches und abgestimmtes "Stadtteilkonzept Kinder- und Jugendarbeit" zu entwickeln. Dieses wird eine sozialräumliche und bedarfsgerechte Organisation der Kinder- und Jugendarbeit sowie eine an dem Bedarf orientierte fachliche Gestaltung und Förderung beinhalten.
Sozialräumliche und stadtweite Koordinierungsrunde
Die Organisationsstruktur der Kinder- und Jugendarbeit erhält als zentrale Elemente zur Praxisregulierung in den Stadtteilen bzw. Stadtbezirken. eine sozialräumliche Koordinierungsrunde. Darin sind alle Einrichtungen und Dienste der Kinder- und Jugendarbeit vertreten, die entweder kommunal oder in freier Trägerschaft gefördert werden.

Die neu einzurichtende stadtweite Koordinierungsrunde wird als AG nach § 78 SGB VIII geführt. Diese AG koordiniert die stadtweiten Angebote der Kinder- und Jugendarbeit und überprüft die Stadtteilkonzepte auf ihre Wirksamkeit. Die bisherige Struktur der Jugendhilfeplanung im Handlungsfeld der Kinder- und Jugendarbeit wird diesen neuen Anforderungen angepasst.

Eine vertraglich detailliert und abgesicherte Federführung auf der Ebene der sozialräumlichen Koordinierung liegt in der Regel bei der Jugendbildungskoordination, kann aber auch aus den bestehenden Strukturen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern freier Träger wahrgenommen werden. Die Stadtverwaltung bleibt zuständig für die Organisation der Jugendhilfeplanung als stadtweite Koordinierungsrunde nach § 78 SGB VIII und verantwortlich für den Einbezug der Kinder- und Jugendpolitik.

Verantwortung durch Zielvereinbarungen und Verträge
Die Herstellung verbindlicher Verantwortungsübernahme erfolgt über Verträge und Zielvereinbarungen. Die knappe, prägnante und transparente Stadtteilberichterstattung ermöglicht, jährlich Kurskorrekturen einzuleiten und Umsteuerungen vorzunehmen.

Qualitätsdialog und Transparenz
Den Kern des Qualitätsdialogs stellt die Herstellung größtmöglicher Transparenz durch eine Internetpräsentation aller Aktivitäten und Angebote der Kinder- und Jugendarbeit dar. Diese Internetpräsentation dient zudem als Arbeitsmittel für alle am Prozess der Neuorganisation beteiligten Träger und Gruppen. Hierüber wird eine transparente Informations- und Kommunikationsstruktur hergestellt und die Angebotsstruktur dialogfähig, überprüfbar und entwickelbar. Die Anbieter von Leistungen der Kinder- und Jugendarbeit erhalten zudem ein Forum für Beteiligung und für Aushandlungsprozesse. Diesen geht künftig eine bedarfsgerechte Schwerpunktsetzung voraus. Allen Beteiligten wird bei der Entwicklung ihrer Angebote größtmögliche Flexibilität abverlangt.

Qualitätssicherung als dialogisches Verfahren
Die Qualitätssicherung im Rahmen der Neuorganisation der Kinder- und Jugendarbeit wird als dialogisches Verfahren durchgeführt. Dafür wird der Aufwand so gering wie möglich gehalten. Die entsprechenden Arbeitsmittel sind als elektronische Arbeitsblätter abrufbar und vom Umfang begrenzt.
3. Ausblick
Die vorgelegte Rahmenkonzeption der Universität Hannover zur Neuorganisation der Kinder- und Jugendarbeit stellt eine solide Basis zur Erprobung der neuen Struktur dar. Dabei ist von besonderem Interesse, welche Erkenntnisse aus der Erprobungsphase erwachsen und wie schließlich das Zusammenspiel der unterschiedlichen Akteursgruppen funktioniert. Insofern stellt die Vorlage einen Zwischenstand dar, in der einige Fragen zurzeit unbeantwortet bleiben. Nach der Auswertung der Erprobungsphase wird den Ratsgremien die Einführung des Konzepts zur Beschlussfassung vorgelegt.

Sämtliche in den Stadtteilverbünden zu entwickelnden Angebotsstrukturen für Kinder und Jugendliche werden auf Basis systematischer Bedarfsermittlung vorgenommen. Eine besondere Herausforderung, im Vergleich zur bisherigen Findung, Entwicklung und Entscheidung über die Angebote der Kinder- und Jugendarbeit, stellt die Verknüpfung und Balance mit den im Rahmen der Neuorganisation zu entwickelnden "Stadtteilkonzepten Kinder- und Jugendarbeit" und dem Gestaltungswillen der Stadtpolitik dar. Die Verantwortung zur Organisation der Prozesse zur Entwicklung des jeweiligen "Stadtteilkonzept Kinder- und Jugendarbeit" wird von einer Koordinierungsstelle verbindliche wahrgenommen. Diese Aufgabe kann kostenneutral von Interessentinnen und Interessenten freier Träger wahrgenommen werden. Ansonsten ist die Jugendbildungskoordination des Fachbereichs Jugend und Familie hier federführend tätig.

Die seit langem geplante Umstrukturierung der Jugendhilfeplanung nach § 78 SGB VIII für das Handlungsfeld der Kinder- und Jugendarbeit ist in die Rahmenkonzeption integriert. Eine Struktur für das Gremium nach § 78 SGB VIII, die detaillierte Aufgabenbeschreibung und das System von Informationsverpflichtungen sowie Auftragserteilungen und -erledigungen werden derzeit erarbeitet.

Die in der Rahmenkonzeption vorgesehenen Verträge und Zielvereinbarungen zur Herstellung der inhaltlichen Verantwortung werden in einem weiteren Schritt parallel zur Modellphase in den Stadtteilen erarbeitet. Soweit Aufgabenbeschreibungen, Zuständigkeiten und Funktionsbeschreibungen in der Rahmenkonzeption angesprochen sind, bedürfen diese einer Konkretisierung aufgrund entsprechender praktischer Erfahrungen in der Erprobungsphase.

Die Verwaltung wird nach der Erprobung im Zusammenhang mit der Auswertung prüfen, inwieweit sich durch die Neuorganisation in der Kinder- und Jugendarbeit eine Doppelstruktur im Zuwendungscontrolling ergibt und Vorschläge unterbreiten, diese ggf. aufzulösen.

Die Grundlage zur Erprobung der neuen Organisation, die Rahmenkonzeption zur Neuorganisation der Kinder- und Jugendarbeit in Hannover, ist als Anlage beigefügt.

51.5 
Hannover / 06.12.2009