Informationsdrucksache Nr. 3160/2019:

1. Ziele der Projektförderung Literatur

Inhalt der Drucksache:

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3160/2019
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Projektförderung Literatur 2019


1. Ziele der Projektförderung Literatur

Neben den institutionell geförderten etablierten Institutionen wie dem Literaturhaus Hannover und dem Literarischen Salon, die Lesungen mit überregionalen und internationalen Autor*innen veranstalten, gibt es in Hannover eine freie Szene von Literaturschaffenden und Literaturveranstalter*innen, die unterschiedliche Formate der Literaturvermittlung anbieten und dabei alle Altersklassen sowie auch verschiedene kulturelle und muttersprachliche Gruppen ansprechen. Die vielfältigen Literaturangebote dieser freien Szene bilden einen wichtigen Bestandteil des kulturellen Spektrums der Stadt.

In Hannover leben und arbeiten etwa 100 zum Teil professionelle Schriftsteller*innen, von denen einige auch nationale und internationale Bekanntheit genießen. Jedoch fühlen sich die Literaturschaffenden häufig nicht ausreichend wahrgenommen in ihrer Stadt. Wenige der Schriftsteller*innen sind in Verbänden organisiert; es gab bislang diverse Autor*innen-
stammtische als Orte des beruflichen Austauschs, jedoch kein übergeordnetes Netzwerk.

Mit der Projektförderung will die Landeshauptstadt Hannover gezielt die lokale Literatur-
szene und Autor*innen aus Hannover fördern, deren Sichtbarkeit und Bekanntheitsgrad stärken, die Präsentation von Veröffentlichungen und Neuerscheinungen hannoverscher Autor*innen unterstützen, literarische Veranstaltungen zu Stadtraum und Stadtgeschichte fördern und eine Verbreiterung des Netzwerks und der Kooperationen – innerhalb der Literaturszene, aber auch interdisziplinär, etwa mit Musiker*innen und Bildenden Künstler*innen der Stadt – ermöglichen. Der Förderschwerpunkt liegt dabei auf Lesungen und Buchvorstellungen, literarischen und philosophischen Gesprächsreihen und regelmäßig stattfindenden Lesebühnen.

Der Kulturausschuss der Landeshauptstadt Hannover hat in seiner Sitzung vom 16.11.2018 die Verwaltung beauftragt, über die Entwicklung der Antragsstellung und die Vergabe der Projektförderung Literatur jährlich eine Informationsdrucksache vorzulegen (Änderungsantrag zum Haushalt Nr. H-0414/2019). Diesem Auftrag kommt die Verwaltung mit der vorliegenden Drucksache nach.

2. Verfahren

Förderanträge stellen können Autor*innen und Literaturveranstalter*innen aus Hannover oder Autor*innen und Literaturveranstalter*innen, die ihr Projekt in Hannover verwirklichen wollen. Über die Förderung entscheidet ein internes Gremium des Kulturbüros. Dabei werden folgende Vergabekriterien zugrunde gelegt:
- literarische Qualität und Professionalität in der Durchführung
- Aktualität (künstlerische Aufbereitung aktueller Diskurse)
- Innovation (Entwicklung neuer Formate)
- Vernetzung innerhalb der lokalen Szene
- genreübergreifende/interdisziplinäre und interkulturelle Kooperationen
- literarische Erschließung von Stadtraum und Stadtgeschichte
- Bedeutung für die Nachwuchsförderung
- breite Öffentlichkeitswirksamkeit

3. Bericht zur Vergabe in 2019

Für die Projektförderung Literatur wurde der Mittelansatz im städtischen Haushalt ab 2019 von zuvor 7.110,00 Euro auf 15.000,00 Euro erhöht. Die bewilligten Fördersummen – für Einzellesungen, aber auch für Veranstaltungsreihen – liegen zwischen 100 und 2.000 Euro.

Im Jahr 2019 gingen insgesamt 30 Anträge ein. Das Volumen der beantragten Förderungen betrug insgesamt 33.336,56 Euro. Davon konnten 23 Projekte mit insgesamt 15.000 Euro gefördert werden. Die städtische Förderung machte durchschnittlich 26% des finanziellen Volumens der geförderten Projekte aus.

Zum Vergleich: Im Jahr 2018 gingen insgesamt 26 förderfähige Anträge ein. Das Volumen der beantragten Förderungen betrug insgesamt 28.112,00 Euro. Gefördert wurden 11 Anträge mit insgesamt 7.110 Euro.

Die im Vergleich zu den Vorjahren (2015–2017) nahezu verdreifachte Anzahl der Anträge und die Höhe der Antragsvolumina zeigt einen großen Bedarf und zugleich eine positive Belebung der freien Literaturszene.

Übersicht der Antrags- und Fördersummen

Literatur
Projektförderung ab 2015






2015
2016
2017
2018
2019
Anzahl Anträge
12
9
12
26
30
Anzahl geförderte Projekte
11
8
12
11
23
beantragte Fördersumme
10.770,00 €
8.300,00 €
10.800,00 €
28.112,00 €
33.336,56 €
gewährte Fördersumme
7.110,00 €
7.110,00 €
7.110,00 €
7.110,00 €
15.000,00 €

Durch die Erhöhung der Fördermittel zum Haushaltsjahr 2019 auf 15.000 Euro war es möglich, viele der förderungswürdigen Projekte in Höhe der tatsächlichen Antragssumme zu fördern (siehe Anlage). Nicht alle uneingeschränkt förderungswürdigen Projekte konnten jedoch mit der vollen Antragssumme berücksichtigt werden. In der Regel wurden die beantragten Fördersummen in Vorgesprächen oft schon vor Antragstellung auf ein Maß reduziert, das den derzeitigen Fördermöglichkeiten entspricht.

Einsparungen werden in den meisten Fällen zuallererst an den Honoraren für die auftretenden Autor*innen vorgenommen, da die anderen notwendigen Veranstaltungskosten (für Raummiete, Technik, Werbung etc.) nicht gekürzt werden können. Lesungen gehören zu den Haupteinnahmequellen von Autor*innen, von den Buchverkäufen (circa 7% gehen an den/die Autor*in) können allenfalls Bestsellerautor*innen leben. Hier empfiehlt der Verband Deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller ein Lesehonorar von mindestens 300 Euro, der österreichische Schriftstellerverband ein Mindesthonorar von 400 Euro. Bei den 2019 geförderten Literaturprojekten in Hannover lag das Autor*innenhonorar hingegen im Schnitt bei 180 Euro.

Schließlich bleiben auch Honorare für die inhaltliche Vorbereitung und organisatorische Durchführung der Veranstaltungen größtenteils unberücksichtigt. Diese wurden fast durchweg als nicht vergütete Eigenleistungen in die Projekte eingebracht.

4. Hintergrund: Aktuelle Situation der Literaturproduktion in Hannover

Ein starker Förder- und Entwicklungsbedarf ist im Bereich der Literaturproduktion in Hannover festzustellen. Naturgemäß arbeiten Autor*innen – anders als etwa Theater- oder Orchestermitglieder – in der Regel auf sich allein gestellt. Hier besteht ein deutlicher Bedarf an Vernetzung, an fachlichem Austausch und an Qualifikation. Auch eine literarische Nachwuchsförderung ist – bis auf die jährliche Jugendbuchwoche und einzelne schulische Initiativen des Friedrich-Bödecker-Kreises – kaum vorhanden. Um diesen Bedarfen entgegenzukommen, hat das Kulturbüro 2019 erste impulsgebende Maßnahmen umgesetzt. Diese werden im Folgenden vorgestellt.

a) Netzwerktreffen der hannoverschen Autor*innen

Anfang 2019 wurde vom Kulturbüro ein erstes Netzwerktreffen der hannoverschen Autor*innen initiiert. Die etwa 70 Autor*innen, die am 8.2.2019 im Künstlerhaus zusammenkamen, sprachen über ihnen wichtige Ziele – angefangen bei einer besseren Wahrnehmung ihrer literarischen Arbeit in der lokalen Presse und Öffentlichkeit bis hin zu dem vielfach geäußerten Wunsch nach einem gemeinsamen „Schriftsteller*innenhaus“, das bislang fehlende Räume bieten könnte für regelmäßige Autor*innentreffen, Schreibwerkstätten, Fachtagungen und literarische Coworking-Spaces sowie bestenfalls auch für eine Stipendiat*innenwohnung – ähnlich dem Vorbild des Hamburger „Writers´ Room“ oder des Stuttgarter Schriftsteller*innenhauses. Einige der beim Netzwerktreffen entstandenen Ideen zur Stärkung der lokalen Literaturszene konnten bereits im Jahresverlauf umgesetzt werden: etwa die Autor*innenkonferenz als Qualifikationsmaßnahme sowie die neue, ausschließlich für Autor*innen aus Hannover konzipierte Lesereihe „Literarisches Speeddating“.



b) „KURT 2019“ – 1. Hannoversche Autor*innenkonferenz

Für diese Konferenz (7.-9.6.2019) konnte der Verband Deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller – VS Niedersachsen/Bremen als Kooperationspartner gewonnen werden. Autor*innen aus Hannover und Umgebung konnten sich mit Textproben bewerben. Aus mehr als doppelt so vielen Bewerbungen wählte eine Fachjury zwölf Teilnehmer*innen aus, die die Möglichkeit erhielten, gemeinsam mit Kolleg*innen über die eigenen Schreibweisen und poetologischen Positionen zu diskutieren und ganz konkret an noch unveröffentlichten Texten zu arbeiten. Die Leitung der Textwerkstatt übernahmen Dr. Gabriela Jaskulla, Schriftstellerin und Professorin für Kulturjournalismus, und Martin Reckweg, Fernseh- und Radiojournalist beim NDR. Zum Abschluss wählten alle Teilnehmenden den/die Preisträger*in der diesjährigen Autor*innenkonferenz: Alexander Rudolfi erhielt den mit 300 Euro dotierten „Kurt 2019“ – als Hommage an Kurt Schwitters, dessen berühmtes „Anna Blume“-Gedicht in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag feiert. Das von der städtischen Literaturszene und auch von der Presse sehr positiv aufgenommene Qualifikations- und Vernetzungsangebot einer „Hannoverschen Autor*innenkonferenz“ soll jährlich fortgeführt werden.

c) Neue Lesereihe „Literarisches Speeddating: Hannovers Autor*innen stellen sich vor“

Die im Sommer 2019 vom Kulturbüro gestartete, neue Lesereihe „Literarisches Speeddating“ versteht sich als Maßnahme, um die Wahrnehmung der lokalen Schriftsteller*innen in der Stadt zu stärken. Die mehrmals jährlich stattfindenden Gemeinschaftslesungen bieten den hannoverschen Autor*innen ein regelmäßiges Podium und dem hannoverschen Publikum zugleich die Möglichkeit, die Literaturschaffenden der eigenen Stadt näher kennenzulernen: An fünf Lesetischen lesen die Autor*innen parallel, während das Publikum in kleinen Gruppen von Station zu Station wandert. Dabei lernen die Besucher*innen nicht nur die Veröffentlichungen der Schriftsteller*innen kennen, sondern erfahren bei Gesprächen auf Augenhöhe auch Näheres über deren Schreiballtag. 2019 traten insgesamt 18 hannoversche Autor*innen in dem neuen Format auf. Im November gab es zuletzt eine Spezialausgabe zur „Jungen Literatur aus Hannover“ – als Auftakt zum Literaturpreis Hannover, der am 4.12.2019 im Literarischen Salon vergeben wird. Alle drei bisherigen Veranstaltungen in der Reihe „Literarisches Speeddating“ waren schon weit im Voraus ausverkauft, was für ein großes Interesse des Publikums am direkten Austausch mit den hiesigen Autor*innen spricht.

d) „Junge Schreibwerkstatt 2019“

Einen weiteren neuen Impuls konnte das Kulturbüro mit der „Jungen Schreibwerkstatt“ zur Förderung des literarischen Nachwuchses setzen. Es fanden 2019 zwei jeweils zehn Sitzungen umfassende Schreibwerkstätten in der Stadtbibliothek statt, begleitet von Exkursionen in den städtischen Raum. Eine Kooperation mit dem Literaturinstitut der benachbarten Universität Hildesheim – als einem von nur zwei bundesweiten Studiengängen für „Literarisches Schreiben“, an denen junge Autor*innen ausgebildet werden – lag hierfür nahe. So wurde die „Junge Schreibwerkstatt“ von Masterstudierenden des Hildesheimer Studiengangs geleitet und richtete sich an junge hannoversche Schreibinteressierte zwischen 16 und 35 Jahren, mit und ohne literarische Vorerfahrungen. Derzeit gibt es in Hannover keine vergleichbare Textwerkstatt für eine junge Zielgruppe.

5. Zusammenfassung

Mit der Erhöhung der Mittel zur Projektförderung von 7.110 Euro auf 15.000 Euro ab dem Haushaltsjahr 2019 konnte den in den letzten Jahren deutlich gewachsenen Antragszahlen zumindest zum Teil entsprochen werden.

Durch die vom Kulturbüro in 2019 initiierten Projekte – wie das hannoversche Autor*innentreffen und die „1. Hannoversche Autor*innenkonferenz“ – konnten in der freien Literaturszene erste Netzwerkstrukturen geschaffen und Qualifikationsmaßnahmen umgesetzt werden. Mit der „Jungen Schreibwerkstatt“ wurde eine derzeit in der Stadt ansonsten nicht existente literarische Nachwuchsförderung installiert und mit dem neuen Lesungsformat des „Literarischen Speeddatings“ für eine stärkere Präsenz der lokalen Literaturschaffenden in ihrer Stadt gesorgt. Diese aus Kooperationsmitteln des Kulturbüros realisierten Projekte wurden sowohl von den hannoverschen Autor*innen als auch von der Presse und Stadtöffentlichkeit sehr gut angenommen und sollen 2020 weitergeführt werden.

Perspektivisch empfehlen sich weitere Schritte zur Entwicklung der lokalen Literaturszene:

- Angesichts steigender Lebenshaltungskosten und der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns wäre auch in der freien Literat*innenszene die Sicherstellung eines Mindest-Lesungshonorars anzustreben, um das kulturelle Schaffen angemessen wertzuschätzen und überhaupt zu ermöglichen.

- Auf längere Sicht sehr erstrebenswert für das literarische Leben Hannovers und für die Strahlkraft der Stadt nach außen wären professionelle Mentor*innenprogramme für den literarischen Nachwuchs sowie Residenz- und Austauschprogramme, die beispielsweise einen literarischen Austausch zwischen den Schriftsteller*innen Hannovers und denen der Partnerstädte ermöglichen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Die Projektförderung Literatur richtet sich an Menschen jeden Geschlechts.

Kostentabelle


Die Ausgaben für die Projektförderung Literatur 2019 werden aus bestehenden Mittelansätzen des Produkts „28102 Sonstige Kulturpflege“ bestritten.

41.1 
Hannover / 28.11.2019