Drucksache Nr. 2855/2014:
Europaweites Vergabeverfahren der Betriebsführung der Straßenbeleuchtung

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverBeschlussdrucksache-ZeichenBeschlussdrucksache
In den Stadtentwicklungs- und Bauausschuss
In den Ausschuss für Haushalt Finanzen und Rechnungsprüfung
In den Verwaltungsausschuss
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2855/2014
1
 

Europaweites Vergabeverfahren der Betriebsführung der Straßenbeleuchtung

Antrag, zu beschließen:



1.) dass die Betriebsführung der Straßenbeleuchtung der Landeshauptstadt Hannover (LHH) im Wege eines europaweiten Ausschreibungsverfahrens im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb neu vergeben wird.

2.) dass der Betriebsführungsvertrag mit einer Laufzeit von 20 Jahren mit den Leistungsmerkmalen Betrieb, Instandhaltung, Erneuerung und Neubau ausgeschrieben wird.

3.) dass die Wertungskriterien für die Vergabe der Betriebsführung der Straßenbeleuchtung, wie in der Drucksache beschrieben, festgelegt und gewichtet werden. Die Verwaltung wird ermächtigt, die Hauptkriterien durch sachgerechte Unterkriterien zu konkretisieren.
4.) die Verwaltung wird beauftragt, das Verfahren durchzuführen und dem Rat den endverhandelten Vertrag zur Beschlussfassung erneut vorzulegen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Anhaltspunkte, dass mit der Neuvergabe der Betriebsführung der Straßenbeleuchtung geschlechtsspezifische Auswirkungen einhergehen, bestehen nicht.

Kostentabelle

Die finanziellen Auswirkungen sind in der Kostentabelle nicht darstellbar.

Begründung des Antrages


1 Neuvergabe Betriebsführung Straßenbeleuchtung

Ausschreibung der Straßenbeleuchtung

Der mit der Stadtwerke Hannover AG (SWH) bestehende Betriebsführungsvertrag für die Straßenbeleuchtung der Landeshauptstadt Hannover endete aufgrund der Kopplung an den Konzessionsvertrag parallel am 20.05.2014. Eine Direktvergabe der Betriebsführung an die SWH ist aufgrund wettbewerbsrechtlicher Vorschriften nicht zulässig.

Mit Unterstützung durch das Ingenieurbüro ILB Dr. Rönitzsch GmbH und die Rechtsanwaltskanzlei BBH wurden neben der europaweiten Ausschreibung die Handlungsoptionen Rekommunalisierung sowie die Gründung einer städtischen Gesellschaft untersucht. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass die Ausschreibung unter Abwägung aller Aspekte die geeignetste rechtssichere Verfahrensweise für eine Neuregelung der Betriebsführung darstellt. Vorgeschlagen wird daher, die Betriebsführung der Straßenbeleuchtung im Wege eines europaweiten Ausschreibungsverfahrens auszuschreiben. Es wird ein Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahme-
wettbewerb durchgeführt werden (s. u.). Weiterführende Erläuterungen zur damaligen Entscheidungsfindung im Rahmen der Verfahrensauswahl zur Neuregelung der Betriebsführung sind der Informationsdrucksache – Neuregelung der Betriebsführung der Straßenbeleuchtung - Nr. 1069/2012 zu entnehmen.

Zur Durchführung des Verfahrens sowie zur Beratung und Begleitung dieses komplexen Themenfeldes wird externe juristische und technische Beratung hinzugezogen. Nach der dazu durchgeführten Ausschreibung wurde die Bietergemeinschaft ILB Dr. Rönitzsch GmbH, BBH Rechtsanwälte beauftragt.

Verfahrensstand und technische Hintergründe

Die Ausschreibung der Betriebsführung der Straßenbeleuchtung konnte bisher nicht erfolgen, da es noch erheblichen Klärungsbedarf zu technischen und rechtlichen Fragen gab.

Dazu folgende Erläuterungen:

Die Anlagen der Straßenbeleuchtung wie z.B. Masten und Leuchten befinden sich im Eigentum der LHH. 46 % der Anlagen sind an das Beleuchtungskabelnetz, das Eigentum der LHH ist, angeschlossen. 54% der Anlagen sind an das allgemeine Stromversorgungsnetz (1kV-Netz) direkt angeschlossen. Dieses Netz ist im Eigentum der Stadtwerke Hannover, wird jedoch von der enercity Netzgesellschaft (eNG) betrieben. Zu diesem Netz gehören neben dem 1kV-Netz auch Schaltschränke und Netzstationen.

Die technischen Anschlusssituationen sowie die Ansteuerung der Straßenbeleuchtung sind historisch gewachsen, hochkomplex und technisch eng mit den sonstigen Anlagen der SWH verflochten. Für den Betrieb der öffentlichen Straßenbeleuchtung sind
Steuerungseinrichtungen zum Ein- und Ausschalten erforderlich. Diese Steuerungseinrichtungen (sogen. Tonrundsteueranlage) befinden sich im Eigentum der SWH.


Ein zukünftiger Betreiber der Straßenbeleuchtung benötigt für den Betrieb der öffentlichen Straßenbeleuchtung Zugriff auf das Eigentum der LHH (Leuchten, Masten, Beleuchtungsschränke, B-Kabel) und muss Leistungen der SWH und der eNG einkaufen, um die Straßenbeleuchtung in Hannover betreiben zu können. Bei den Leistungen handelt es sich z. B. um den Anschluss von Neuanlagen an das allgemeine Stromnetz (1kV) oder die teilweise Abschaltung von Netzstrecken im Störungsfall. Weiter sind Leistungen zur Ansteuerung der Beleuchtungsanlage erforderlich. Hierunter fallen unter anderem das tägliche Ein- und Ausschaltsignal, die Schaltprogramme sowie der Plan zur Ansteuerung der Leuchten.

Zur Vorbereitung einer diskriminierungsfreien Ausschreibung war es notwendig, diese technischen Hintergründe und Prozesse gemeinsam mit den SWH sorgfältig aufzubereiten, um das Vergabeverfahren für die Bieter transparent und rechtssicher gestalten zu können. Mit den SWH wurde vereinbart, dass für Leistungen an stadtwerkeeigenen Anlagen wie
z.B. Arbeiten in den Netzstationen oder die Schaltung der Tonrundsteueranlage (über die derzeit auch stadtwerkespezifische Schaltungen erfolgen), die u. a. aus Sicherheitsgründen nur die SWH erbringen können, ein gesondertes bepreistes Leistungsverzeichnis von den SWH erstellt wird. Dieses Leistungsverzeichnis wird der Ausschreibung für den Betrieb der Straßenbeleuchtung beigefügt, damit alle Bieter in Kenntnis dieser Kostenfaktoren ein Angebot abgeben können und die Leistungen der SWH mit einpreisen können. Die Bieter können Konzepte vorlegen bei denen die Leistungen der SWH nicht benötigt werden. Beispielsweise können die Bieter für die Ansteuerung der Beleuchtung alternative Konzepte wie z.B. eine Steuerung über Funk o. ä. anbieten, damit eine weitere Nutzung der Tonrundsteueranlage der SWH entbehrlich wird.

Damit können alle ausschreibungsrelevanten Leistungen hinreichend genau für eine rechtssichere Ausschreibung beschrieben werden

Nicht geklärt werden konnte die Forderung der eNG nach einer Entflechtung der Netze (zukünftig sollen keine Straßenleuchten mehr direkt an das 1kV-Netz angeschlossen sein). Um die Leuchten, die heute direkt an das 1 kV Netz angeschlossen sind, über ein eigenes Beleuchtungskabelnetz anzuschließen, müsste ein separates Beleuchtungskabelnetz von ca. 1.000 km Länge von der LHH mit einem erheblichen Finanzvolumen aufgebaut werden. Es stellt sich aus städtischer Sicht hier die Frage, ob es für diese Forderung der eNG überhaupt eine Rechtsgrundlage gibt.

Die Klärung dieser Fragen kann unabhängig von der Ausschreibung der Betriebsführung der Straßenbeleuchtung erfolgen.

2. Betriebsführungsvertrag

Die erforderlichen Leistungsmerkmale der Betriebsführung wurden im Rahmen der Ausschreibungsvorbereitung geprüft und bewertet. Folgende Leistungen sollen ausgeschrieben werden (siehe Anlage 1):

® Betrieb und Instandhaltung
® Erneuerung
® Neubau
Die Lieferung des Stroms ist nicht Gegenstand dieser Ausschreibung.





3. Auswahlverfahren und Wettbewerbskriterien für die Neuvergabe der Betriebsführung Straßenbeleuchtung

Auswahlverfahren

Die Auswahl des geeignetsten Bieters soll im Wege eines europaweiten Ausschreibungsverfahrens im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb (Teilnehmerauswahl) erfolgen. Das Verfahren gliedert sich in mehrere Phasen:

1) Europaweite Bekanntmachung mit Teilnahmewettbewerb

Alle interessierten Bewerber können sich auf die Bekanntmachung im EU-Amtsblatt um eine Teilnahme am Verfahren bewerben. Die Teilnahmeanträge werden gewertet und geeignete Bewerber identifiziert.

2) Aufforderung zur Abgabe von unverbindlichen (indikativen) Angeboten

Nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs werden die im Teilnahmewettbewerb als geeignet ermittelten Bieter unter Zusendung der Verdingungsunterlagen dazu aufgefordert, unverbindliche (indikative) Angebote abzugeben.

Auf Grundlage dieser unverbindlichen Angebote werden die ausgewählten drei/vier besten Bieter zu Verhandlungen aufgefordert. Im Rahmen der Verhandlungen werden wirtschaftliche, finanzielle, rechtliche und technische Aspekte verhandelt.

3) Aufforderung zur Abgabe eines verbindlichen Angebotes (BAFO – best and final offer)

Nach Abschluss der Verhandlungen werden die Bieter dazu aufgefordert ein verbindliches, abschließendes Angebot auf Basis der Verhandlungsergebnisse abzugeben. Auf dieser Grundlage wird die LHH den Gewinner der Ausschreibung ermitteln und den Vertragsschluss vorbereiten.

Wertungskriterien



Der nachfolgende Kriterienkatalog enthält drei Hauptkriterien. Sollte sich im weiteren Verfahren die Notwendigkeit ergeben, die Hauptkriterien durch sachgerechte Unterkriterien zu konkretisieren, wird die Verwaltung ermächtigt, diese Konkretisierung durchzuführen.

Aufgrund der Bedeutung und der Komplexität der Aufgabenwahrnehmung der Betriebsführung der Straßenbeleuchtung sowie des finanziellen Volumens über eine Vertragszeit von 20 Jahren ist es notwendig, die Bewertung nicht allein vom Preis abhängig zu machen. Insbesondere die Sicherstellung einer kontinuierlich qualitativen Straßenbeleuchtung für die Einwohnerinnen und Einwohner Hannovers erfordert es, entsprechend bewertbare Kriterien in die Zuschlagserteilung einfließen zu lassen. Der Forderung nach einer umweltverträglichen und energieeffizienten Straßenbeleuchtung wird mit einem eigenen Bewertungskriterium für Umweltmanagement und Klimaschutz Rechnung getragen.







Kriterium
Gewichtung
I. Gesamtpreis
70 %
II. Umweltmanagement, Klimaschutz
15 %
III. Qualität der Leistungserbringung
15 %
Summe:
100 %

zu I. Gesamtpreis

Der Gesamtpreis bildet das wichtigste Wertungskriterium mit 70 % und stellt durch den hohen prozentualen Anteil die Wirtschaftlichkeit des Angebotes sicher.

Für die Leistungserbringung erhält der zukünftige Betriebsführer eine pauschalierte Vergütung in Form einer Pauschale für Wartung und Instandhaltung und einer Erneuerungspauschale je Lichtpunkt sowie eine einzelfallbezogene Vergütung nach Bauleistungsverzeichnis in Abhängigkeit von beauftragten Neuinvestitionen
(siehe Anlage 1).

Gewertet werden im Rahmen des Gesamtpreises die Angebote zu den Leistungen der Wartung, Instandhaltung sowie Erneuerung von Beleuchtungsanlagen sowie die Vergütung für die Einzelleistungspositionen nach Bauleistungsverzeichnis für Neubau.

zu II. Umweltmanagement, Klimaschutz

Das zweitwichtigste Kriterium stellt das Ziel der umweltverträglichen Straßenbeleuchtung dar. Durch die Abforderung von Konzepten zu energiewirksamen Bereichen, wie z. B. dem zukünftigen Einsatz von LED-Leuchten und innovativen Energieeinsparmaßnahmen sowie Konzepten zur Steuerungstechnik kann sichergestellt werden, dass die Klimabilanz im Bereich der Straßenbeleuchtung weiter ausgebaut und verbessert wird und geltende sowie zukünftige EU-Richtlinien zum Klimaschutz eingehalten oder besser noch übertroffen werden. Die Mitwirkung und Unterstützung des Betriebsführers an den bereits vom Rat beschlossenen Energiekonzepten sowie der Klima-Allianz Hannover 2020 wird durch die Abforderung entsprechender klimawirksamer Konzepte gewährleistet.

Innovative Hannover-spezifische Lösungsvorschläge zur weiteren Verbesserung des energieeffizienten Betriebes der Straßenbeleuchtung werden gewertet.

zu III. Qualität der Leistungserbringung

Die Höhe der Gewichtung des dritten Kriteriums, der Qualität der Leistungserbringung, ist aufgrund der Komplexität der Aufgaben der Betriebsführung notwendig, um einen für Hannover angemessenen qualitativen Standard sicherstellen zu können.

Durch die Ergänzung der qualitativen Wertungskriterien sind sinnvolle ergänzende Konzepte in den Pflichtenkreis des Bieters gestellt. Hierdurch werden Anreize geschaffen, durch qualitative Konzepte Optimierungspotential aufzuzeigen sowie eine zukunftsorientierte qualitative und wirtschaftliche öffentliche Straßenbeleuchtung sicherzustellen. Eine hohe Qualität sowie Effizienz des Straßenbeleuchtungsbetriebes führen zu ressourcenschonendem Umgang bei Energie und Materialeinsatz und somit auch zu Kosteneinsparungen.



Konzepte zu Prozessen und Maßnahmen zum Qualitätsmanagement sowie Konzepte zur Erneuerung der städtischen Beleuchtungskabel werden im Rahmen dieses Kriteriums bewertet.

4. Weiteres Verfahren

Auf der Grundlage der verbindlichen Angebote soll den politischen Gremien Anfang 2016 der endverhandelte Vertrag zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Der abschließende Beschluss erfolgt durch die Ratsversammlung. Ziel ist es, dass der Vertrag im 2. Halbjahr 2016 in Kraft tritt.

5. Kosten

Der Haushaltsplanentwurf 2015 der Verwaltung sieht folgenden Ansatz für die Kosten der Straßenbeleuchtung vor:

Ergebnishaushalt: 10.106.124 €
Finanzhaushalt: 1.220.000 €

Im Ergebnishaushalt sind die Aufwendungen für Betriebsführung, Wartung, Instandhaltung, Energie, Schäden, Personal und Abschreibungen enthalten; im Finanzhaushalt handelt es sich um Erneuerungskosten für abgängige Anlagenteile.
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Hannover / 30.12.2014