Informationsdrucksache Nr. 2270/2022:
Weiterentwicklung des Senior*innenplans mit dem Konzept zur Quartierszentrenbildung

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverInformationsdrucksache-ZeichenInformationsdrucksache
In den Sozialausschuss
An den Stadtentwicklungs- und Bauausschuss (zur Kenntnis)
An die Stadtbezirksräte 01 - 13 (zur Kenntnis)
 
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2270/2022
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Weiterentwicklung des Senior*innenplans mit dem Konzept zur Quartierszentrenbildung

Nach der Veröffentlichung des Senior*innenplans im März 2022 hat der Fachbereich Senioren ein Konzept zur Bildung von Quartierszentren für die älteren Menschen erarbeitet und informiert hierüber.

I. Die Ziele
Mit der Erarbeitung des Senior*innenplans sind die Weichen gestellt, um den demografischen Herausforderungen der stark anwachsenden Zahl der älteren Menschen in der Landeshauptstadt Hannover (LHH) und parallel dazu des steigenden Arbeitskräftemangels in der Pflege entgegenzuwirken.

Ziel ist es, den älteren Menschen in Hannover ein Leben in Würde und Selbstbestimmtheit zu ermöglichen. Dies trotz einer angespannten Haushaltslage und den Problemen bei der Gewinnung von Pflege- und anderen Fachkräften.

Die weiter zunehmende Vielfalt auch innerhalb der Community der älteren Menschen, sowohl was die unterschiedlichen Lebensphasen im Alter angeht (von den Babyboomer*innen zu den hochaltrigen Menschen sowie zu älteren Menschen mit Unterstützungsbedarfen) als auch die diversen Lebenslagen älterer Menschen stellen eine Herausforderung dar. Die hohe Zahl an Babyboomer*innen, die steigende Zahl älterer Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, die ansteigende Armut auch der Generation 60plus oder die Bedarfe der queeren Community sind einige Beispiele von Herausforderungen, die es anzugehen gilt. Kurz gesagt: Hannover soll weiter alter(n)sgerecht aufgestellt werden.

Als ein wichtiges Ziel der Senior*innenarbeit wird im Senior*innenplan der Landeshauptstadt Hannover der Auf- und Ausbau von Quartierszentren in den Quartieren genannt.

II. Was ist ein Quartierszentrum?
Quartierszentren sind Orte, an denen insbesondere ältere Menschen in ihrem Quartier eine Infrastruktur vorfinden, mit der es gelingen kann, dass sie möglichst lange selbstbestimmt bei hoher Lebensqualität zu Hause älter werden können.

Einige schon bestehende Einrichtungen für Senior*innen verfügen bereits über ein oder mehrere Merkmale eines Quartierszentrums. Dies gilt insbesondere für stationäre Pflegeeinrichtungen, die mit ihrer Infrastruktur wie z. B. Angeboten der Begegnung und Betreuung oder auch Kurzzeitpflege, sowie Mittagstischangeboten, Friseur*in in der Pflegeeinrichtung, Krankengymnastik oder Ergotherapie, Veranstaltungsräumen, Außenanlagen, prädestiniert dafür sind, sich in die Quartiere zu öffnen und auch den Quartiers-Bewohner*innen zur Verfügung zu stehen.

Aber auch andere Orte laden dazu ein, sich zu einem Zentrum im Quartier für ältere Menschen weiterzuentwickeln z. B. Mieter*innentreffs in Wohnanlagen, Sozialstationen von Wohlfahrts- und Sozialverbänden, (nicht kommerziell) betriebene, bspw. inklusiv betriebene Cafés, Räume von Kirchengemeinden u.v.a.m.

Das Konzept der Quartierszentrenbildung zielt darauf ab, in einem strukturierten Prozess schon bestehende Orte in den Quartieren weiter zu ertüchtigen und sie gemeinsam mit den im Quartier aktiven Träger*innen zu Quartierszentren auszubauen.

Die Rolle der Stadt Hannover liegt darin, Transparenz zu schaffen, bei Bedarf zu koordinieren und ggf. durch gelingende Kooperationen Synergien zum Wohle der Menschen im Quartier zu schaffen.

Einen Standardtypus eines Quartierszentrums gibt es nicht, so dass jede Zentrenbildung auf das jeweilige Quartier zugeschnitten werden muss, um die Besonderheiten des Quartiers aufzunehmen. So steigt bspw. die Zahl der älteren und hochaltrigen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in vielen Stadtteilen Hannovers deutlich an. Bausteine für ein Quartierszentrum wie fremdsprachige Beratungs- und Begegnungsangebote, eine An- und Zugehörigenberatung, die die Bedarfe von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in den Blick nimmt, müssen Berücksichtigung finden.

Zusätzlich arbeitet die Verwaltung engagiert daran, die Trennung von stationärer und ambulanter Pflege aufzubrechen. Eine sektorenverbindende Versorgung ist wichtig, denn so können bspw. Pflegekräfte aus der stationären Pflegeeinrichtung auch zugleich ins Quartier hinein versorgen. Dies wirkt sowohl der angespannten Personalsituation im Pflegebereich entgegen (denn auch in der ambulanten Versorgung kommt es zunehmend zu personellen Engpässen) und ermöglicht zugleich, dass Menschen, die ambulant im Quartier versorgt werden, von derselben Person auch in der Pflegeeinrichtung gepflegt werden.

Das Konzept der Quartierszentren trägt zudem dazu bei, den Interessen der Mitarbeiter*innen insbesondere in den Mangelberufen der Pflege und Hauswirtschaft durch eine größere Flexibilität in der Arbeit Rechnung tragen zu können.

Mögliche Merkmale bzw. Bausteine eines Quartierszentrums sind je nach der Besonderheit des Quartiers:
· Barrierefreier Zugang, fußläufige Erreichbarkeit (Radius max. 1.000 m)
· Hausarzt/ärztin-Praxis, Videosprechstunde
· Büro ambulanter Pflegedienst
· Ergo-/ Physiotherapie
· Raum für zivilgesellschaftliche Akteur*innen (z. B. Gemeinschaftsraum oder Garten eines gemeinschaftlichen Wohnprojekts/einer Baugruppe, Sitz einer Kulturinitiative, Büro eines Stadtteil-/Quartiersvereins)
· Kurzzeitpflege
· Tagespflege
· Nachtpflege
· Vorpflegerische und pflegeergänzende Angebote wie z. B. Mittagstisch.
· Beratungsangebote, z. B. allgemeine Pflegeberatung, Beratung für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, Beratung queere Community, Beratung Leistungsbezug, Wohngeld, Beratung für pflegende Angehörige.
· Vermittlung zugehender Angebote (Partnerbesuchsdienst, PAUL Partnerschaftliche Unterstützungsleistung, Formularlots*innen, Medien- und Techniklots*innen)
· Angebote der offenen Seniorenarbeit (Neigungsgruppen, Klubnachmittage, Bewegung, Bildungs- und Digitalisierungsveranstaltungen u. a.)
· Quartiersmanager*innen
· Niedrigschwellige Betreuungsangebote, Fahrdienst, Einkaufshilfe
III. Wie gelingt die Umsetzung in den Stadtbezirken?

1. Geeignetes Quartier finden
Grundsätzlich können über die Stadtteilanalysen im Senior*innenplan 2021:„Vom Hier ins Morgen – gut vernetzt für ein selbstbestimmtes Leben“ (Informationsdrucksache Nr. 0695/2022, vorgestellt im Sozialausschuss am 21.03.2022) (s. https://www.seniorenberatung-hannover.de/aktuelles/seniorenplan) in Verbindung mit der digitalen Karte der Landeshauptstadt Hannover für jeden Stadtteil in Hannover Quartiere identifiziert werden, in denen Quartierszentren auf- oder ausgebaut werden können.

Die Status-Quo-Analyse der senior*innenrelevanten sozialen Infrastrukturen ( s. Senior*innenplan 2021) in der Stadt Hannover ist die sozialplanerische Grundlage u. a. für die Quartierszentrenbildung. Neben dem gesamtstädischen Senior*innenprofil sind Stadtteilprofile für die gesamte Stadt (13 Stadtbezirke mit insgesamt 49 Stadtteilen) entstanden, anhand derer ein faktenbasierter Überblick zur Sozialstruktur der Generation 60plus für den jeweiligen Stadtteil gegeben wird. Informationen zur Sozialstruktur im Stadtteil sind zu folgenden Themen erhoben worden:
· Altersstruktur und Bevölkerungsvorausschätzung (u.a. heute und im Jahr 2030)
· Internationalisierung (u.a. Anteil Senior*innen mit Migrationsbiografie im Vergleich zur Gesamtstadt, Alltagssprachen 60plus neben Deutsch)
· Soziale Situation (u.a. Anteil der Transferleistungsbeziehenden 60plus)
· Hochaltrigkeit (u.a. Hochaltrigkeitsdichte, alleinlebende Frauen und Männer 85plus)

Auf dieser Grundlage erarbeitet der Fachbereich Senioren gemeinsam mit den Akteur*innen im Verbundnetzwerk Senior*innenarbeit und Quartiersentwicklung (VSQ) Vorschläge, in welchen Quartieren ein Quartierszentrum auf- oder ausgebaut werden kann.

2. Welche Akteur*innen bauen ein Quartierszentrum (gemeinsam) auf- oder aus?
Der Fachbereich Senioren erarbeitet im nächsten Schritt, welche Akteur*innen in den konkret auszuwählenden Quartieren mit Blick auf zu erzielende Synergien und Kooperationen für den Auf- oder Ausbau eines Quartierszentrums in Betracht kommen. Dies können bspw. stationäre Pflegeeinrichtungen (insbesondere auch die städtischen Alten- und Pflegezentren), Wohnungsunternehmen, Wohlfahrts- und Sozialverbände, Kirchengemeinden sowie verschiedenste zivilgesellschaftliche Akteur*innen sein.

Die Vorschläge für Quartierszentren werden gemeinsam von der Verwaltung und den externen Akteur*innen geprüft und weiterentwickelt.

3. Wer entscheidet, welche Quartierszentren entstehen?
Ein zu bildender Steuerungsbeirat unter Beteiligung der Politik entscheidet auf der Grundlage der unterbreiteten Vorschläge, welche Quartierszentren auf- und ausgebaut werden sollen.

4. Wie gelingt die Einhaltung der Ziele?
Für jedes Quartierszentrum soll eine Zielvereinbarung mit den verantwortlichen Akteur*innen - Landeshauptstadt Hannover, Fachbereich Senioren, und dem/ der jeweiligen verantwortlichen Akteur*in - geschlossen werden. Sie enthält neben einer zeitlichen Vereinbarung auch eine inhaltliche, die auf den Auf- und Ausbau des jeweiligen Quartiers-Bausteins bezogen sein wird. Die Umsetzung liegt sodann in der Verantwortlichkeit der jeweiligen Akteur*innen.

Zusätzlich können auch Kooperationsvereinbarungen zwischen und mit den verschiedenen Akteuren*innen geschlossen werden, zumal verschiedene Bausteine eines Quartierszentrums oft auch durch unterschiedliche Akteur*innen auf- und ausgebaut werden.

5. Wie können die Maßnahmen finanziert und verstetigt werden?
Geplant ist, für jedes Quartierszentrum Mittel als sog. Quartiersbudget zur Verfügung zu stellen, die dem Auf- und Ausbau einzelner Bausteine des Quartierszentrums dienen. Ein Bestandteil der zwischen der Landeshauptstadt Hannover und den verantwortlichen Akteur*innen zu schließenden Zielvereinbarung kann es sein, aus diesem Budget Mittel zur Implementierung eines Quartiers-Bausteins zur Verfügung zu stellen, um den Start der Maßnahme zu ermöglichen bzw. zu erleichtern.

Für die Quartiersbudgets wurden Fördermittel aus dem Förderprogramm „Wohnen und Pflege im Alter“ als sog. „Starterbudgets“ des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung beantragt. Weitere Fördermittelanträge sind in Vorbereitung.

Eine Verstetigung der Finanzierung von Quartierszentren kann erreicht werden, wenn auch die Mittel für Quartiersbudgets verstetigt werden. Nach der Aufbauphase der Quartierszentren kann über gemeinwohlorientierte Trägerstrukturen (die ggf. neu gegründet werden) eine Verstetigung erfolgen, z. B. ein Quartiersverein oder auch eine bürgergenossenschaftliche Struktur. Einzelne Bausteine des Quartierszentrums können auf diese Weise weiterfinanziert werden. Mitglieder können die für das Quartierszentrum verantwortlichen Akteur*innen sein, aber auch zivilgesellschaftliche, gemeinwohlorientierte Organisationen und auch Bewohner*innen des Quartiers, z. B. engagierte Bürger*innen, die sich für ihr Quartier einsetzen.

Zur Verstetigung der Quartierszentren bzw. einzelner Bausteine sieht die Landeshauptstadt Hannover, Fachbereich Senioren, außerdem sowohl die Steuerung als auch die Koordinierung des Gesamtprozesses als ihre Hauptaufgabe und einen wichtigen Gelingensfaktor an. Nahezu alle Akteur*innen in den Quartieren haben das Problem, dass sowohl finanzielle als auch personelle Ressourcen fehlen. Eine Koordinierung und Bündelung der Angebote für Senior*innen in den Quartieren kann bspw. Parallelstrukturen vermeiden, die eingesparten Ressourcen können die Akteur*innen anderswo einsetzen. Die entstehenden Synergien kommen den älteren Menschen der Stadt zugute, aber auch den Akteur*innen selber.

6. Wie wird die Umsetzung der Quartierszentren organisiert?
Ein Steuerungsbeirat berät, steuert und entscheidet über die Quartiersarbeit im Fachbereich Senioren, Kommunaler Seniorenservice (KSH). Der Steuerungsbeirat tagt mindestens zweimal jährlich. Vertreten in diesem Gremium sind Vertreter*innen der Kommunalpolitik (Sozialausschuss), Vertreter*innen des Seniorenbeirats der Landeshauptstadt Hannover, die Dezernentin für Soziales und Integration sowie die Fachbereichsleitung des Fachbereichs Senioren.
Geplant ist, dass auch eine „Tool box“ als Handlungsleitfaden oder Werkzeugkoffer für einzelne Bausteine entwickelt wird, mit deren Hilfe es den Akteur*innen ermöglicht werden soll, aus den Erfahrungen anderer bzw. aus zusammengestelltem Fachwissen den jeweiligen Baustein eines Quartierszentrums zu gestalten. Wissen und Erfahrungen werden gebündelt und so aufbereitet, dass sie für weitere Akteur*innen in der Stadt gut zugänglich sind.

Die externen Akteur*innen werden über das stadtweite Verbundnetzwerk Seniorenarbeit und Quartiersallianzen (VSQ), die Fachgruppe alter(n)sgerechte Quartiersentwicklung und die stadtbezirklichen Netzwerktreffen einbezogen.

Eine externe fachliche Begleitung ist avisiert, sofern hierfür die Fördermittelzusage erfolgt.
7. Wie ist die zeitliche Planung?
Die Umsetzung wird zunächst für die kommenden drei Jahre konkret geplant. Im Anschluss erfolgt der Verstetigungsprozess.

Im Einzelnen ist folgendes avisiert:

2022
Konzeptionelle Entwicklung des Auf- und Ausbaus der Quartierszentren, u.a. Beteiligung des stadtweiten Verbundnetzwerks Seniorenarbeit und Quartiersallianzen (VSQ)
2023
· Identifikation potentieller Quartierszentren (fortlaufend)
o Verwaltungsinterne Erarbeitung von Vorschlägen für Quartierszentren
o Einbeziehung externer Akteur*innen, auch der stadtweiten und stadtbezirklichen Netzwerke
o Erarbeitung erster Vorschläge, Entscheidung durch den Steuerungsbeirat
· Umsetzung der ersten Quartierszentren
o Entwicklung von Zielvereinbarungen, Kooperationsvereinbarungen,
Quartiersbudgets
· Entwicklung Tool box
· Begleitende Öffentlichkeitsarbeit
· Fachliche Begleitung
2024
· Identifikation weiterer Quartierszentren, Entscheidung durch den Steuerungsbeirat
· Weitere Umsetzung des Auf- und Ausbaus von Quartierszentren
· Weiterentwicklung der Tool box
· Begleitende Öffentlichkeitsarbeit
· Fachliche Begleitung
2025
· Auf- und Ausbau weiterer Quartierszentren, Entscheidung durch den Steuerungsbeirat
· Verstetigung der Quartierszentren, auch des Quartiersbudgets
· Begleitende Öffentlichkeitsarbeit
· Fachliche Begleitung

8. Wie wird die Öffentlichkeitsarbeit ausgestaltet?
Teil der Öffentlichkeitsarbeit ist die Präsentation des Konzepts und die Kommunikation der Umsetzung in den politischen Gremien der LHH, den stadtweiten und stadtbezirklichen Netzwerken sowie dem Seniorenbeirat.

In den ausgewählten Quartieren ist Öffentlichkeitsarbeit zur Aktivierung des zivilgesellschaftlichen Engagements und zur Information und Motivation weiterer Akteur*innen erforderlich.

Für die Tool box sind die Werkzeuge zu gestalten, um sie gut nutzbar machen zu können, das kann über Handouts, Flyer, Apps, Webinhalte, Podcasts, Erklärvideos u.a. erfolgen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Mit der Weiterentwicklung des Senior*innenplans ist keine geschlechtsspezifische Betroffenheit verbunden. Die Umsetzung des Konzepts wirkt sich gleichermaßen auf alle Geschlechter aus.

Kostentabelle

Die Finanzierung der Quartierszentrenbildung erfordert keine zusätzlich im Haushalt eingestellten Mittel, sondern wird aus Drittmitteln oder aus Mitteln der verantwortlichen Akteur*innen finanziert.

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Hannover / 30.08.2022