Drucksache Nr. 1904/2019:
Baustein Tagesstruktur - Neues Land e.V.- zum Gesamtkonzept „Suchtkranke in der Innenstadt“

Inhalt der Drucksache:

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1904/2019
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Baustein Tagesstruktur - Neues Land e.V.- zum Gesamtkonzept „Suchtkranke in der Innenstadt“

Antrag,

zu beschließen, zur Schaffung einer Tagesstruktur im SOS Bistro Neues Land e.V. für die in der Begründung genannten Maßnahmen 22.180 € für das Jahr 2019 und 42.600 € für das Jahr 2020 zur Verfügung zu stellen.
Die Mittel stehen durch den Antrag H-0471/ 2019 zur Verfügung.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Das Angebot gilt für Frauen und Männer gleichermaßen. Frauen sind auf der Straße allerdings besonders gefährdet. In der Einrichtung, kann auf Wunsch über Angebote informiert werden, die speziell für Frauen konzipiert sind. Eine Weitervermittlung an diese kann initiiert und begleitet werden.

Kostentabelle

Darstellung der zu erwartenden finanziellen Auswirkungen in Euro:
Teilfinanzhaushalt  - Investitionstätigkeit
Bezeichnung
EinzahlungenAuszahlungen
Zuwendungen für Investitionstätigkeit 0,00 €
Beiträge u.ä. Entgelte für Investitionstätigkeit 0,00 €
Veräußerung von Sachvermögen 0,00 €
Veräußerung von Finanzvermögensanlagen 0,00 €
Sonstige Investitionstätigkeit 0,00 €
  
  
  
Erwerb von Grundstücken und Gebäuden 0,00 €
Baumaßnahmen 0,00 €
Erwerb von bewegl. Sachvermögen 0,00 €
Erwerb von Finanzvermögensanlagen 0,00 €
Zuwendungen für Investitionstätigkeit 0,00 €
Sonstige Investitionstätigkeit 0,00 €
  
Saldo Investitionstätigkeit 0,00 €
0,00 €

Teilergebnishaushalt 50 - Investitionstätigkeit
Produkt 41401
Drogenhilfe
Angaben pro Jahr
Ordentliche ErträgeOrdentliche Aufwendungen
Zuwendungen und allg. Umlagen 0,00 €
Sonstige Transfererträge 0,00 €
Öffentlichrechtl. Entgelte 0,00 €
Privatrechtl. Entgelte 0,00 €
Kostenerstattungen 0,00 €
Auflösung Sonderposten (anteilige Zuwendungen) 0,00 €
Sonstige ordentl. Erträge 0,00 €
  
Außerordentliche Erträge 0,00 €
  
Erträge aus internen Leistungsbeziehungen 0,00 €
Personalaufwendungen 0,00 €
Sach- und Dienstleistungen 0,00 €
Abschreibungen 0,00 €
Zinsen o.ä. (TH 99) 0,00 €
Transferaufwendungen 0,00 €
Sonstige ordentliche Aufwendungen 42.600,00 €
  
Saldo ordentliches Ergebnis -42.600,00 €
Außerordentliche Aufwendungen 0,00 €
Saldo außerordentliches Ergebnis 0,00 €
Aufwendungen aus internen Leistungsbeziehungen 0,00 €
Saldo aus internen Leistungsbeziehungen 0,00 €
Saldo gesamt -42.600,00 €
Für das Jahr 2019 anteilig 22.180 €.

Begründung des Antrages

Allgemein
Konzeptionell und hinsichtlich der Finanzierungsstruktur gibt es traditionell eine Trennung zwischen der Obdachlosen-bzw. Wohnungslosenhilfe und der Drogen- bzw. Suchthilfe. In der Realität ist diese strikte Trennung der Personenkreise nicht vorhanden. Viele Menschen, die auf der Straße leben, haben eine Alkoholabhängigkeit oder konsumieren andere Suchtmittel. Klientel der Drogenhilfe sind wiederum oft auch wohnungs- bzw. obdachlos.
Bei der Konzeptionierung von Beratungs- und Unterstützungsangeboten ist es wichtig, einerseits die Heterogenität der Szene zu berücksichtigen. Andererseits gibt es Problemlagen und Bedarfe, auf die sinnvoll mit einem gemeinsamen oder zumindest abgestimmten Maßnahmenpaket reagiert werden sollte.
Im Rahmen der Haushaltsberatungen 2019 / 2020 wurde die Verwaltung über unterschiedliche Anträge beauftragt, Maßnahmen und Konzeptionen zu entwickeln. Diese Anträge waren entsprechend der Haushaltssystematik den Themen Sucht bzw. Obdachlosigkeit zugeordnet.
Der Fachbereich Soziales und der Beauftragte für Sucht und Suchtprävention haben entsprechend der oben beschriebenen Situation in der Praxis vereinbart, die Bearbeitung der unterschiedlichen Aufträge jeweils abzustimmen und wenn möglich Angebote zu entwickeln, die „beide Personengruppen“ nutzen können. Gleichzeitig haben wir uns zum Ziel gesetzt, die einzelnen erarbeiteten Bausteine systematisch zusammenzufassen und perspektivisch in eine Gesamtkonzeption einfließen zu lassen.
Wie diese Gesamtkonzeption erarbeitet wird, werden wir im Sozialausschuss in Kürze vorstellen.


Die Verwaltung wurde durch den Antrag H-0471/2019 zum Doppelhaushalt 2019/20 aufgefordert, ein Konzept zum Thema „Suchtkranke in der Innenstadt“ vorzulegen. Für die Umsetzung werden 50.000 Euro für das Jahr 2019 und 200.000 Euro für das Jahr 2020 zur Verfügung gestellt.
Mit dieser Beschluss-DS wird ein Baustein des künftigen Gesamtkonzeptes vorgestellt und die anteilige Verwendung der finanziellen Mittel für das Jahr 2019 vorgeschlagen.
Ziele des Konzeptes
Im Vorgriff auf das Gesamtkonzept werden folgende allgemeine Ziele formuliert:
1. Ziel ist nicht die Vertreibung dieser Personengruppe. Erfahrungen auch aus anderen Städten belegen, dass dieses lediglich eine Verdrängung der Probleme an andere Orte bedeutet.
2. Ein öffentlicher Raum kann nicht eine unbegrenzte Zahl an Menschen mit deutlichen Problemlagen verkraften. Deshalb sollte bei der Struktur der Hilfs- und Beratungsangebote versucht werden, eine sinnvolle und verkraftbare Balance zwischen Anlaufpunkten im unmittelbaren Umfeld des Hauptbahnhofes und anderen Stadtteilen zu finden.
3. Die Wohnungs- bzw. Obdachlosigkeit ist bei vielen Menschen, die sich tagtäglich im öffentlichen Raum aufhalten, ein massives Problem. Deshalb ist eine zielgruppenorientierte Schaffung und Erreichbarkeit von (Not)Schlafplätzen nach wie vor ein drängendes Thema. Dabei ist die Unterbringung aus Sicht des Sozialdezernates mehr als nur die Gefahrenabwehr. Vielmehr sollte dieser Kontakt zur Vermittlung weiterer Hilfen genutzt werden.
4. Schaffung von Tagesstrukturen und Beschäftigungsangeboten beinhaltet auch die Vermittlung an zielgruppenorientierte Beratungs- und strukturunterstützende Angebote.
5. Ausbau des Gesundheitsangebotes für suchtkranke und/oder obdachlosen Menschen; inklusive des Ausbaus von Krankenwohnungen und eines Hygienecenters.

Erste Schritte zur Umsetzung des Punktes 4 / Baustein zur Schaffung einer Tagesstruktur im SOS Bistro Neues Land e.V.
Der Tag der Menschen mit multiplen Problemlagen ist durch viel freie Zeit, sehr geringen finanziellen Mitteln, dem Wunsch nach Kontakt zu Bekannten und einem deutlichen Suchtdruck („craving“), geprägt.
Zentraler Punkt für die Wahrnehmung einer Tagesstruktur ist ein Angebot, welches sich unmittelbar an die Schließzeiten der Notunterkünfte und als attraktive Alternative zum Aufsuchen der Szene in der Innenstadt anbietet.
Geplant ist der Ausbau des bestehenden tagesstrukturierenden Angebotes im SOS-Bistro vom Neuen Land e.V. in der Steintorfeldstraße 4a, 30161 Hannover, um der weiteren Verelendung der Zielgruppe entgegenzuwirken.
Bestandteile dieser Tagesstruktur sind:
- Für dieses tagesstrukturierende Angebot wird es im SOS- Bistro einen eigenen auf die Bedürfnisse der Zielgruppe abgestimmten Raum geben.
- Themenfrühstücke: kurze Inputs während des Frühstücks beziehen sich auf den Bereich der Schadensminimierung (harm reduction) und auf Gesundheitsaspekte. Auch der Versuch, den Umgang mit Suchtmitteln hin zu einem kontrollierten Konsum schrittweise zu verändern, soll immer wieder thematisiert werden. Neben der Aufenthaltsmöglichkeit soll auch die Möglichkeit zu Einzelgesprächen gegeben werden.
- Nutzung von Waschmaschinen und Trocknern für die eigene Wäsche.
- Möglichkeit, in klar umrissenen Zeiträumen kostenlos das WLAN zu benutzen und das eigene Smartphone bei einer Akkuladestation anzudocken.
- Das Neue Land betreibt seit einiger Zeit einen „sozialen Flohmarkt“ im Rahmen des traditionellen Flohmarktes am Hohen Ufer. Die Erlöse kommen ausschließlich sozialen Zwecken zugute. Für die Vorbereitung (Sichtung der gespendeten Gegenstände und kleiner Reparaturen; Verpacken in Kisten) und die Durchführung dieses Standes an Samstagen sollen Nutzer*innen dieser Tagesstruktur angesprochen werden. Perspektivisch ist dieses auch als Arbeitsgelegenheit im Sinne des § 16 i SGB II (Teilhabe am Arbeitsmarkt) vom JobCenter Region Hannover geplant.
- Zeitlich begrenzte Nutzung von Schließfächern für Reisetaschen und Trolleys, um für den Tag mobiler zu sein. Bei der Vergabe dieser Schließfächer ist auch eine unterstützende Tätigkeit von suchtkranken Menschen angedacht. Aus räumlichen Gründen wird das Angebot der Schließfächer auf das SOS-Bistro und den Bauwagen aufgeteilt. Während die kleinen Schließfächer im Bistro untergebracht werden können, werden die großen Fächer neben den Containern des Bauwagens installiert.
- Regelmäßige (Freizeit-)Angebote für kleinere Gruppen wie z.B Krökeln oder Kartenspiele.
- Information über die weiteren Angebote des Neuen Landes wie zum Beispiel der Bauwagen.
Die Möglichkeit der Akkuladestation und der Nutzungszeiten für das WLAN werden zeitgleich auch zusätzlich im Bauwagenprojekt unter der Raschplatzhochbrücke angeboten. Die dafür erforderlichen Kosten sind im gesamten Kostenplan bereits einkalkuliert und werden somit aus diesem Programm ebenfalls finanziert.

Für den Start dieses Angebotes ist folgender Wochenplan vorgesehen:
Mo/ Mi/ Fr: 09.00 - 12.00 Uhr Themenfrühstück (gemeinsam zubereiten und genießen)
Di/ Do: 12.00 - 14.00 Uhr Gruppenangebote
Mo – Fr: 09.00 - 14.00 Uhr Vergabe von kleinen Schließfächern im Bistro
14.00 – 17.00 Uhr Vergabe von großen Schließfächern am Bauwagen
Mo – Fr: 09.00 – 11.00 Uhr Wäsche waschen und Trocknen
Mo – Fr: 09.00 - 17.00 Uhr Akkuladestation
Mo – Fr: 11.00 – 13.00 Uhr WLAN
14.00 – 15.00 Uhr WLAN

Aus den Erfahrungen und Rückmeldungen ist eine Auswertung vorzunehmen, ob die Zeiten genutzt werden oder gegebenenfalls Veränderungen notwendig sind.

Zur Umsetzung dieses Angebotes ist dauerhaft eine personelle Unterstützung notwendig und muss finanziert werden.
- Für die Betreuung der Themenfrühstücke und Gruppenangebote ist eine Aufstockung einer bislang halben sozialpädagogischen Stelle auf zukünftig 75% notwendig. Für die Betreuung des sozialen Flohmarktes als tagesstrukturierender Maßnahme ist ein Stellenvolumen von 30 % erforderlich. Die dafür erforderliche Summe von 28.600 Euro soll aus den für dieses Konzept zur Verfügung gestellten Mitteln finanziert werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass, bedingt durch den angestrebten Start am 01. September 2019, für dieses Jahr lediglich ein Drittel dieser Kosten (9.540 Euro) erforderlich sind.
- Ebenfalls sind regelmäßige Sachkosten, wie zum Beispiel für Lebensmittel, hygienische und medizinische Artikel, Vertragskosten/Internet, Benzin für die Transporte im Rahmen des „sozialen Flohmarktes“ etc. in Höhe von 13.000 Euro kalkuliert. Auch diese Kosten reduzieren sich auf ein Drittel für dieses Jahr. Der Eigenanteil der Suchtkranken für das Frühstück beträgt 60 Cent.
- Zusätzlich sind einmalige Anschaffungen wie Waschmaschine, Trockner, große und kleine Schließfächer, Router für das WLAN, Akkuladestationen etc. in Höhe von 8.300 Euro aufzubringen.

Finanzübersicht/Tagesstruktur:

ab September 2019 (anteilig)
ab 2020
Personalkosten
9.540€
28.600€
laufende Sachkosten
4.340€
13.000€
einmalige Sachkosten
8.300€
1.000€ (Ersatz/Reparatur)
Gesamt
22.180€
42.600€

Ausblick
Für das nächste Jahr stehen insgesamt 200.000 Euro zur Verfügung. Neben der Fortführung dieser Maßnahmen werden gemeinsam mit freien Träger*innen weitere Konzepte im Rahmen der Gesamtkonzeption erstellt, um die gesetzten Ziele zur Verbesserung der Lebensqualität von suchtkranken, wohnungslosen Menschen zu erreichen.
Dez. III 
Hannover / 05.08.2019