Informationsdrucksache Nr. 1884/2019:
Bericht über den Einsatz der Kältebusse für wohnungs- und obdachlose Menschen in Hannover

Inhalt der Drucksache:

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1884/2019
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Bericht über den Einsatz der Kältebusse für wohnungs- und obdachlose Menschen in Hannover

Allgemein

Konzeptionell und hinsichtlich der Finanzierungsstruktur gibt es traditionell eine Trennung zwischen der Obdachlosen-bzw. Wohnungslosenhilfe und der Drogen- bzw. Suchthilfe. In der Realität ist diese strikte Trennung der Personenkreise nicht vorhanden. Viele Menschen, die auf der Straße leben, haben eine Alkoholabhängigkeit oder konsumieren andere Suchtmittel. Klienten der Drogenhilfe sind wiederum oft auch wohnungs- bzw. obdachlos.

Bei der Konzeptionierung von Beratungs- und Unterstützungsangeboten ist es wichtig, einerseits die Heterogenität der Szene zu berücksichtigen. Andererseits gibt es Problemlagen und Bedarfe, auf die sinnvoll mit einem gemeinsamen oder zumindest abgestimmten Maßnahmenpaket reagiert werden sollte.

Im Rahmen der Haushaltsberatungen 2019 / 2020 wurde die Verwaltung über unterschiedliche Anträge beauftragt, Maßnahmen und Konzeptionen zu entwickeln. Diese Anträge waren entsprechend der Haushaltssystematik den Themen Sucht bzw. Obdachlosigkeit zugeordnet.

Der Fachbereich Soziales und der Beauftragte für Sucht und Suchtprävention haben entsprechend der oben beschriebenen Situation in der Praxis vereinbart, die Bearbeitung der unterschiedlichen Aufträge jeweils abzustimmen und wenn möglich Angebote zu entwickeln, die „beide Personengruppen“ nutzen können. Gleichzeitig haben wir uns zum Ziel gesetzt, die einzelnen erarbeiteten Bausteine systematisch zusammenzufassen und perspektivisch in eine Gesamtkonzeption einfließen zu lassen.

Wie diese Gesamtkonzeption erarbeitet wird, werden wir im Sozialausschuss in Kürze vorstellen.

Ausbau des Angebotes Kältebus

Die Verwaltung, Fachbereich Soziales ist mit der Ausweitung des Angebotes Kältebus der Johanniter Unfallhilfe im Rahmen des Winternotprogramms beauftragt worden. Es wurde in der Drucksache 2046/2018 berichtet.

Im Rahmen der Winternothilfe werden obdachlose Menschen in Hannover unterstützt. In der kalten Jahreszeit werden die Hilfebedürftigen mit warmer Kleidung, Schlafsäcken, warmen Getränken und Speisen, sowie medizinischer Erstversorgung unter anderem durch die Einsätze der Kältebuse versorgt.

Über den erweiterten Einsatz der Johanniter Unfallhilfe (Johanniter) vom 01. Januar bis 31.März 2019 wird im Folgenden berichtet. Des Weiteren wird über das zusätzliche Angebot der Kältebusse der Caritas und der Malteser berichtet, die in diesem Zeitraum jeweils an einem Tag der Woche den Einsatz ergänzt haben.

Aufstockung des Angebotes der Johanniter Unfallhilfe (Johanniter) - Drucksache 2046/2018

Ab dem 01.01.2019 bis 31.03.2019 setzten die Johanniter an den Einsatztagen (MO+MI+FR) zusätzlich eine zentrale Telefonnummer ein (0800-08 48 488), über die Bürger*innen eine Möglichkeit erhalten, Einsatzorte, Hilfebedarfe und Notlagen melden zu können. Während der Dienstzeit waren die Mitarbeiter*innen der Johanniter direkt über die Rufnummer erreichbar, außerhalb der Einsatzzeiten wurde der Anruf an die Landeseinsatzzentrale weitergeleitet. In der Landeseinsatzzentrale wurde entschieden, ob es sich um einen Notfall handelte und sofort reagiert werden musste. Anfragen wurden in einem Formular erfasst und per E-Mail an die Einsatzzentrale der Johanniter geleitet, die sich dann gezielt um die Hinweise gekümmert haben.

Das Einsatzfahrzeug war jeweils ab 16:00 Uhr am Raschplatz und anschließend bis 21:30 Uhr am Kröpcke im Einsatz. An den Kältetagen unter dem Gefrierpunkt fuhr der Kältebus der Johanniter täglich.

Insgesamt wurden 4.453 warme Speisen ausgegeben. Die Speisen bereiteten ehrenamtliche Mitarbeiter*innen zu. Es wurde auf eine ausgewogene und vollwertige Ernährung geachtet. Auf dem Speiseplan standen verschiedene Suppen, Nudelgerichte, Eintöpfe sowie Fleischgerichte. Für die Vorbereitung der Speisen wurden 80 Stunden benötigt. Durchschnittlich wurden pro Einsatztag 112 Portionen Essen ausgegeben.

Neben der Essensausgabe wurden Sachgüter in ausreichender Menge, wie z.B. Schlafsäcke, Jacken, Hosen, warme Unterwäsche, Mützen, Schals usw. ausgegeben. Der Bedarf an Hygieneartikeln (Taschentücher, Seife usw.) und medizinischem Kleinbedarf (Pflaster, Wundsalben, Nasenspray usw.) überstieg bei weitem das Angebot. In der nächsten Saison 2019/2020 wird das Angebot an diesen Artikeln aufgestockt.

Zusätzliches Angebot der Caritas und der Malteser (DI und DO)

Der Kältebus der Caritas stand in dem Zeitraum von Januar bis März jeweils dienstags von 17:00 bis 19:00 Uhr am Raschplatz, sowie von 20:00 bis 21:00 Uhr am Kröpcke.

Die Caritas gab an insgesamt 2.153 Essensportionen an insgesamt 12 Einsatztagen in dem Zeitraum vom 01.01. bis 31.03.2019 verteilt zu haben. Dies entsprach einer durchschnittlichen Tagesausgabe von 179 Portionen. Die Caritas beschrieb das Angebot als vollkommen ausreichend. Des Weiteren wurden 156 Liter Kaffee und 78 Liter Tee verteilt.

Die Caritas machte genaue Angaben zu der medizinischen Versorgung, demnach wurden 39 obdachlose Menschen ärztlich versorgt. In 4 Situationen musste der Rettungswagen aufgrund von Alkoholintoxikation mit Synkope (plötzliche Bewusstlosigkeit) gerufen werden. Es fanden 46 sozialpädagogische Unterstützungen und 66 Fahrten zu der Notunterkunft „Alter Flughafen“ statt.

Hygieneartikel für Frauen konnten nicht in ausreichender Menge verteilt werden. Für den nächsten Winter wird das Angebot daher erweitert.

Der Kältebus der Malteser stand donnerstags von 18:30-19:45 Uhr, sowie von 20:00-21:00 Uhr am Kröpcke.

Die Malteser waren an insgesamt 13 Tagen zwischen dem 01.01. und 31.03.2019 mit dem Kältebus unterwegs. Sie berichteten über die Verteilung von 1.755 Essensportionen. In 39 Stunden Vorbereitungszeit haben ehrenamtliche und hauptamtliche Mitarbeiter ebenfalls Suppen und Eintöpfe gekocht aber auch Brote geschmiert. Dies entsprach rund 135 Portionen Essen pro Einsatztag. Sie gaben die Menge als ausreichend an.

Es wurden auch Schlafsäcke und warme Kleidung in nicht ausreichender Menge verteilt. Dieses Angebot soll für die nächste Saison aufgestockt werden.

Zusammenfassung der Ergebnisse

Ursprünglich waren nur die Johanniter an drei Wochentagen im Einsatz. Auf der Grundlage politischen Beschlusses wurde das Angebot um 2 Tage in der Woche ausgeweitet und zwar mit dem Anbieter Caritas. Die Caritas ihrerseits hat an einem der beiden Wochentage di Malteser mit dem Einsatz des Kältebusses beauftragt. Das löste für die Verwaltung einen höheren Koordinierungsaufwand aus. Zu Beginn dieser Dreierkonstellation waren die Einsätze der verschiedenen Akteure und ihre Angebote nicht ausreichend abgestimmt. Bei einem Klärungsgespräch unter Beteiligung des Fachbereichs Soziales mit der Caritas am 07.02.2019 haben sich die Institutionen damit einverstanden erklärt, dass die Gesamtkoordination durch die Johanniter zu erfolgen hat. Dieses ist auch im Rahmen der Zuwendungsgewährung so fixiert worden. Bei einem weiteren gemeinsamen Treffen mit dem Fachbereich Soziales und allen Akteuren übernahm Herr Homann (Johanniter) die Rolle des Koordinators, es erfolgte ein Rückblick auf die Erfahrungen der letzten drei Monate.

Eine Abfrage im Tagestreff der Caritas führte zu der Erkenntnis, dass zusätzliche Einsatzorte durch die Betroffenen gewünscht sind (z.B. Linden). Eine genaue Tourenplanung und Abstimmung für die kommende Saison ist unabdingbar. Des Weiteren wurden Einsatzzeiten evaluiert, mit dem Ergebnis, dass der Beginn der Einsätze vorverlegt werden muss. Die Versorgungsfahren werden in der nächsten Wintersaison bereits ab spätestens 17 Uhr beginnen.

Durch die Essensausgabe entstand sehr viel Plastikmüll. Im Sinne einer plastikfreien Umwelt wird über biologisch abbaubare Alternativen nachgedacht. Um die Kosten zu senken, soll eine gemeinsame Bestellung (Johanniter, Caritas und Malteser) angestrebt werden.

Bei der Bevölkerung bestehen eine hohe Hilfsbereitschaft und ein großes Interesse am ehrenamtlichen Engagement. Verschiedene private Initiativen verteilen parallel zum Angebot der Kältebusse nahezu täglich Essen und Utensilien (z.B. warme Unterwäsche, Schlafsäcke usw.), um den Bedarf obdachloser Menschen zu decken.

Es wurde von vielen Spenden aus der Bevölkerung und Firmen berichtet. Die Spenden konnten aber gar nicht so schnell verarbeitet oder ausgegeben werden. Es werden Alternativen besprochen. Die Johanniter werden zu einem gemeinsamen Termin mit den ehrenamtlichen Akteuren der Selbsthilfe vom Rasch- und Weiße Kreuz Platz einladen, um die verschiedenen Hilfen besser zu koordinieren.

Für die Saison November 2019 bis März 2020 soll ein gemeinsamer Flyer entstehen. Dieser wird die zentrale Rufnummer beinhalten und die gemeinsame Zusammenarbeit abbilden.

Neben der erfolgreichen Zusammenarbeit auf praktischer Ebene und einer guten Vernetzung der Anbieter des Kältebusses konnte folgendes Problem bisher nicht gelöst werden:

Die oben beschriebene Hotline kann aktuell nur von den Johannitern genutzt und betrieben werden. Die beiden anderen Träger können eine entsprechende Hotline nicht zur Verfügung stellen, da sie die entsprechenden Ressourcen hierfür nicht haben. Die Telefonhotline ist Bestandteil des Konzeptes der Johanniter, bei den Anträgen der Caritas ist diese Telefonhotline nicht enthalten.

Dieses bedeutet konkret, dass an drei Tagen in der Woche die Telefonhotline für die Bürger*innen zur Verfügung steht und damit im Bedarfsfall auch die Johanniter an andere Orte fahren können, wo ihre Hilfen benötigt wird. An zwei Tagen in der Woche gibt es diese Telefonnummer dann nicht und der Bus steht dann auch ausschließlich an festen Plätzen.

Hier wäre eine identische Regelung sinnvoll, die aber einen zusätzlichen Aufwand bedeuten würde, der aus städtischen Mitteln derzeit nicht finanziert werden kann.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Das Angebot gilt für Frauen und Männer gleichermaßen. Frauen sind auf der Straße allerdings besonders gefährdet. Über die Kältebusse sollen insbesondere die Menschen angesprochen werden, die nicht in das reguläre Hilfesystem eingebunden sind und zum Beispiel einen Tagestreff der Wohnungslosenhilfe nicht nutzen (wollen).

Über die Mitarbeiter*innen der Kältebusse kann durch niedrigschwellige Ansprache auf weiterführende Angebote hingewiesen werden. Dieses betrifft gerade auch frauenspezifische Unterstützungsangebote sowohl im Beratungsbereich als auch bei lebenspraktischen Fragen. Bei der Ausgabe von Hygieneartikeln wurden frauenspezifische Bedarfe berücksichtigt und nachgefragt.

Kostentabelle

Darstellung der zu erwartenden finanziellen Auswirkungen in Euro:
Teilfinanzhaushalt  - Investitionstätigkeit
Bezeichnung
EinzahlungenAuszahlungen
Zuwendungen für Investitionstätigkeit 0,00 €
Beiträge u.ä. Entgelte für Investitionstätigkeit 0,00 €
Veräußerung von Sachvermögen 0,00 €
Veräußerung von Finanzvermögensanlagen 0,00 €
Sonstige Investitionstätigkeit 0,00 €
  
  
  
Erwerb von Grundstücken und Gebäuden 0,00 €
Baumaßnahmen 0,00 €
Erwerb von bewegl. Sachvermögen 0,00 €
Erwerb von Finanzvermögensanlagen 0,00 €
Zuwendungen für Investitionstätigkeit 0,00 €
Sonstige Investitionstätigkeit 0,00 €
  
Saldo Investitionstätigkeit 0,00 €
0,00 €

Teilergebnishaushalt 50 - Investitionstätigkeit
Produkt 31501
Soziale Einrichtungen für Wohnungslose
Angaben pro Jahr
Ordentliche ErträgeOrdentliche Aufwendungen
Zuwendungen und allg. Umlagen 0,00 €
Sonstige Transfererträge 0,00 €
Öffentlichrechtl. Entgelte 0,00 €
Privatrechtl. Entgelte 0,00 €
Kostenerstattungen 0,00 €
Auflösung Sonderposten (anteilige Zuwendungen) 0,00 €
Sonstige ordentl. Erträge 0,00 €
  
Außerordentliche Erträge 0,00 €
  
Erträge aus internen Leistungsbeziehungen 0,00 €
Personalaufwendungen 0,00 €
Sach- und Dienstleistungen 0,00 €
Abschreibungen 0,00 €
Zinsen o.ä. (TH 99) 0,00 €
Transferaufwendungen 0,00 €
Sonstige ordentliche Aufwendungen 40.000,00 €
  
Saldo ordentliches Ergebnis -40.000,00 €
Außerordentliche Aufwendungen 0,00 €
Saldo außerordentliches Ergebnis 0,00 €
Aufwendungen aus internen Leistungsbeziehungen 0,00 €
Saldo aus internen Leistungsbeziehungen 0,00 €
Saldo gesamt -40.000,00 €

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Hannover / 31.07.2019