Informationsdrucksache Nr. 1814/2016:
Erprobung des Gender Budgeting an zwei Produkten 27301 Stadtteilkulturarbeit sowie 57102 Wirtschaftsförderung in den Haushaltsjahren 2014 und 2015 - Abschlussbericht

Informationen:

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverInformationsdrucksache-ZeichenInformationsdrucksache
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1814/2016
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Erprobung des Gender Budgeting an zwei Produkten 27301 Stadtteilkulturarbeit sowie 57102 Wirtschaftsförderung in den Haushaltsjahren 2014 und 2015 - Abschlussbericht

1. Vorbemerkungen

Mit Beschluss über die Drucksache 0410/2013 wurde die Verwaltung aufgefordert, bei den Haushalten 2014 und 2015 an den zwei Produkten 27301 Stadtteilkulturarbeit sowie 57102 Wirtschaftsförderung das Gender Budgeting zu erproben. In 2015 sollte ein erster Erfahrungsbericht, in 2016 ein Abschlussbericht vorgelegt werden.

Nach Vorlage des ausführlichen Zwischenberichts (DS 2197/2015) im Herbst 2015 wurden in der Wirtschaftsförderung sowie im Bereich Stadtteilkultur die Probephase des Gender Budgeting weiter fortgeführt.


Die Verwaltung stellt fest, dass sich die bereits im ersten Erfahrungsbericht formulierten wesentlichen Erkenntnisse aus der Erprobung im weiteren Verlauf verfestigt haben. Die bereits in der Informationsdrucksache 2197/2015 ausführlich beschriebenen Erkenntnisse haben daher nach wie vor Bestand. Sie werden in diesem Abschlussbericht in verkürzter Form wiedergegeben.

Im Folgenden wird die Vorgehensweise der Verwaltung insgesamt kurz beschrieben (Abschnitt 2), sodann werden aus der Stadtteilkultur (Abschnitt 3) sowie aus der Wirtschaftsförderung (Abschnitt 4) nochmals kurz die Erkenntnisse aus der Erprobung des Gender Budgetings zusammengefasst. Darüber hinaus wird für beide Aufgabenbereiche dargestellt, wie sich die Diskussion um gleichstellungspolitische Aufgaben und Zielsetzungen auf die weitere Arbeit insgesamt auswirkt.

Die Schlussfolgerung der Erprobungsphase wird am Ende dieses Berichts im Abschnitt 5 dargestellt.

Als Anlage zu dieser Drucksache sind die aktuellen Beschreibungen der Produkte Stadtteilkultur und Wirtschaftsförderung für den Haushaltsplanentwurf 2017 / 2018 sowie die Prüfung breit angelegter und wiederkehrender Themen der Wirtschaftsförderung unter Gender-Budgeting-Aspekten beigefügt.

2. Grundsätzliche Vorgehensweise

In beiden Pilotbereichen begann die Auseinandersetzung mit dem Thema Gender Budgeting jeweils in einem Workshop mit externer Begleitung durch Claudia Dunst (Wert.Arbeit GmbH). Dabei ging es zunächst darum Gender Budgeting als Konzept kennenzulernen. Im Weiteren wurde die Gleichstellungsrelevanz der Arbeit in den Pilotbereichen ermittelt. Mit der Frage nach und der Feststellung von gleichstellungspolitischen Verteilungseffekten begann die inhaltliche Arbeit.

Der Prozess wurde in der AG Gender Budgeting begleitet. Vertreterinnen aus den beiden Pilotbereichen tauschten sich in regelmäßigen Treffen gemeinsam mit der Gleichstellungsbeauftragten und je einer Vertreterin aus den Fachbereichen Finanzen sowie Personal und Organisation. über den aktuellen Stand aus, klärten inhaltliche sowie strukturelle Fragen und erarbeiteten die Berichte.

Bei der Arbeit in den Pilotbereichen ging es insbesondere darum


· die Analyse der Arbeitsfelder im Hinblick auf die Relevanz von Gender zu vertiefen,

· gleichstellungspolitische Ziele in den wesentlichen Produkten zu formulieren,

· einzelne genderbezogene Leistungen im Rahmen des wesentlichen Produkts zu benennen und

· weitere Daten bezogen auf Geschlecht zu erheben.


Die Pilotphase wurde von einem sehr engen Austausch mit den Mitgliedern des Gleichstellungsausschusses begleitet. So war Gender Budgeting bei den Klausurtagen in 2014 und 2015 jeweils ein Schwerpunktthema.

3. Gender Budgeting im Produkt 27301 Stadtteilkultur

Da eine geschlechterbasierte Bestandsaufnahme des Haushaltsplans auf allen Ebenen des Haushaltsprozesses eine entsprechende Datenbasis erfordert, die aus unterschiedlichen Gründen für den Bereich Stadtteilkultur (wie z.B. mangelnde personelle Ressourcen oder im Rahmen von Vermietungen keine Steuerungsmöglichkeit) nicht erhoben werden können oder eine solche keinen Sinn macht, fehlen die Voraussetzungen für eine geschlechterbezogene Darstellung der Ressourcenverteilung auf das gesamte Produkt.

Obwohl im Bereich seit vielen Jahren Gender ein Thema ist und verschiedene Projekte und Veranstaltungsformate in diesem Zusammenhang durchgeführt wurden, konnte jedoch durch die im Rahmen eines Gender Budgeting Workshops durchgeführte Analyse der Aufgabenfelder der Stadtteilkultur sowie der Formulierung gleichstellungspolitischer Zielsetzungen qualitative Ziele formuliert werden, die der Arbeit weitere genderrelevante Impulse gegeben haben. Diese Impulse haben neben den formulierten Produktzielen im wesentlichen Produkt Stadtteilkulturarbeit auch dazu geführt, das Thema Gender Gerechtigkeit allgemein wieder mehr in den Fokus von Aufgaben und Zielen zu rücken. Schwerpunktmäßig sind hier die Themen zu nennen:

- „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ am Beispiel des Sommercampus aber auch durch weitere noch zu entwickelnde Formate,

- Stärkung und Unterstützung von Frauen beim Erlernen der deutschen Sprache durch parallel ermöglichte Kinderbetreuung sowie weiterführende kulturelle Angebote, die das Erlernen der deutschen Sprache unterstützen und die Integration fördern,

- eine gendergerechte Angebotsplanung, um den Anteil der Jungen, die Angebote der kulturellen Kinder- und Jugendbildung nutzen, zu erhöhen und sowohl Mädchen wie auch Jungen an Themen und Techniken heranzuführen, die nicht den tradierten Geschlechterrollen folgen und den Erfahrungshorizont erweitern.

Im Rahmen der Informationsdrucksache Nr. 0863/2016, Familienbericht/ Empfehlungen zu familienpolitischen Handlungsleitlinien und Maßnahmen 2016 – 2021 wurde für den Bereich Stadtteilkultur das Projekt „FaCard“ - eine Familienkulturkarte, unter dem Motto „Steig ein, mach mit“ – formuliert, das in nächster Zeit entwickelt werden soll und Familien ermöglicht, kulturelle Veranstaltungen im Stadtteil, aber auch stadtweit 12 Monate lang günstig zu besuchen. Ähnlich wie für das KulturAbo an Grundschulen soll es ganz unterschiedliche Formate und vielfältige Angebote geben, die sich an den Interessen von Familien orientieren und mit verschiedenen PartnerInnen (Stadtteilkultureinrichtungen, KünstlerInnen, u.a.) entwickelt werden. Auch hier soll besonders darauf geachtet werden, „Eltern“ als Väter und Mütter und „Kinder“ als Jungen und Mädchen zu berücksichtigen, sodass unterschiedliche Interessen bei der Angebotsentwicklung zum Tragen kommen und eine Vielfalt, die den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht wird.

4. Gender Budgeting im Produkt 57102 Wirtschaftsförderung

Als besondere Herausforderung in der städtischen Wirtschaftsförderung für einen Gender-Budgeting-Ansatz erweist sich nach wie vor die Aufgabenteilung zwischen den Wirtschaftsförderungseinrichtungen im Raum Hannover. Gezielte gleichstellungspolitische Impulse werden von allen drei Institutionen bereits seit mehr als 15 Jahren verfolgt. Gleichstellungspolitische Aktivitäten der Wirtschaftsförderungen finden sowohl bei der Region Hannover, der Wirtschaftsförderungsgesellschaft hannoverimpuls als auch der Landeshauptstadt statt, sie waren in der Pilotphase zur Einführung von Gender Budgeting zu beachten. Die abgestimmte Zuordnung der Wahrnehmung der Wirtschaftsförderungs-aufgaben zwischen der Region Hannover, hannoverimpuls und der Landeshauptstadt hat Budgetwirkungen. Ein Gender Budgeting für eine von drei hannoverschen Wirtschaftsförderungseinheiten zu erstellen, wird durch diese sinnvolle Aufgabenverteilung der Wirtschaftsförderungseinrichtungen erschwert. Um dennoch einen Gender-Budgeting-Ansatz im städtischen Haushalt abbilden zu können, liegt der Fokus der städtischen Wirtschaftsförderung in ausgewählten Aufgabenbereichen, die einem gezielten Geschlechteransatz folgen. Es wurde damit ein drittes Ziel in den Produkthaushalt aufgenommen, und es werden jedes Jahr mehrere Genderprojekte umgesetzt.

In der aktuellen Phase des Piloten wurden möglichst breit angelegte und wiederkehrende Themen der Wirtschaftsförderung unter Gender-Budgeting-Aspekten geprüft. Jedoch ergeben sich bei dem jährlichen Wirtschaftsempfang der Landeshauptstadt Hannover, der Veranstaltungsreihe „AusbilderInnen-Frühstück“ sowie der jährlichen Einladung an die Mitglieder der Standortgemeinschaften erhebliche Hindernisse für eine pauschale Umsetzung eines Gender-Budgeting-Ansatzes. Die konkreten Probleme werden ausführlich in der Anlage 3 dargestellt.

Da sich die Aufgabenschwerpunkte der Wirtschaftsförderung, also die lösungsorientierte Lotsenfunktion für Unternehmen innerhalb der Stadtverwaltung (OE 23.31) und die Vermarktung von Gewerbeflächen (OE 23.32), in der Gender-Budgeting-Pilotphase ebenfalls nicht mit sinnvollen finanziellen Geschlechterkriterien und geeigneten Referenzzahlen verbinden ließen, hat sich der Wirtschaftsförderung für den Gender-Budgeting-Ansatz die Auswahl konkreter Gender-Projekte als Lösung dargestellt. Aktuell liegt ein Fokus auf Modedesign bzw. Modehandel in Hannover. Hier wurden gemeinsam mit hannoverimpuls Gründerinnen-Consult verschiedene Module zur Unterstützung von Unternehmerinnen und Existenzgründerinnen entwickelt. 2016 werden zudem zielgruppenadäquate Module zur Implementierung von strategischen Wachstumselementen in Gründungskonzepte und Marketingpläne für Gründerinnen und Unternehmerinnen unter dem Titel „Wachstumswerkstatt“ angeboten. Der jährliche Niedersächsische UnternehmerinnenTag wird stets mit aktuellen spezifischen Vorträgen und Foren auf Unternehmerinnen, Gründerinnen und Freiberuflerinnen zugeschnitten. Die konkreten Vorgehensweisen werden ausführlich in der Anlage 3 dargestellt.

5. Schlussfolgerungen aus der Erprobungsphase

Die Landeshauptstadt Hannover hat mit der zweijährigen Pilotphase das Ziel verfolgt, für zwei Produkte die Verwendung der Haushaltsmittel im Sinne des Gender Budgeting zu analysieren, also die gleichstellungspolitische Wirkung der Mittelaufteilung transparent zu machen. Es sollte analysiert werden, inwieweit Gleichstellungsorientierung sichtbar wird im Hinblick auf die Vergabe öffentlicher Mittel, auf die Gestaltung von Fördermaßnahmen, auf gleiche Zugangschancen und eine angemessene Nutzenverteilung für beide Geschlechter.

Aufbauend auf den Ergebnissen, die bereits im Zwischenbericht beschrieben wurden, zeigen die Erfahrungen, dass die Umsetzung eines Gender-Budgeting-Ansatzes über ein vollständiges Haushaltsprodukt aufgrund der vielfältigen unterschiedlichen Aufgaben nicht durchgängig umsetzbar und vor allem auch nicht monetär messbar ist.

Zur Ermittlung der Auswirkungen einzelner Leistungen auf die Geschlechter werden entsprechende Ausgangsdaten benötigt. Sie sind vor Einführung des Gender Budgeting mit unterschiedlich hohem Aufwand zu ermitteln. Durch die Erprobungsphase stehen jetzt zwar für die Wirtschaftsförderung und die Stadtteilkultur mehr geschlechterbezogene Daten zur Verfügung, gleichwohl fehlen nach wie vor Referenzdaten, um die erhobenen Daten im gesamtwirtschaftlichen oder auch im regionalen Zusammenhang betrachten und bewerten zu können.

Die städtische Arbeitsgruppe zur Erprobung des Budgeting ist sich einig, dass zum Erarbeiten und zur Bewertung der Daten umfangreiche Fachkompetenz sowie die Bereitstellung von Ressourcen notwendig sind.
Dennoch hat die Auseinandersetzung mit dem Thema Gender Budgeting den Blick für die jeweiligen Zielgruppen nochmals geschärft und zur Veränderung und Anpassung von Leistungen und Angeboten geführt.

Als Konsequenz aus den Erfahrungen des Gender Budgeting Prozess werden daher konkrete Ziele für einzelne Leistungen eines Produkts formuliert und weiter verfolgt.

Insgesamt hat die Erprobungsphase gezeigt, dass Gender Budgeting bei Anwendung auf einzelne Leistungen eines Produkts ein wirkungsvolles und angemessenes Instrument zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter sein kann. Sinnvoll wären daher zum Beispiel konkrete gleichstellungspolitische Zielformulierungen für bestimmte Leistungsangebote in wesentlichen Produkten.

Darüber hinaus sehen die Bereiche Wirtschaftsförderung und Stadtteilkultur eher den Aktionsplan der Landeshauptstadt Hannover gemäß der Europäischen Charta zur Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene als Instrument für die Zielformulierung und Steuerung im Bereich Gleichstellung, da es in diesem standardisierten Format sowohl um quantitative als auch um qualitative Ziele geht.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Die Drucksache selbst behandelt ein Thema zur Gleichstellung. Mit dem Gender Budgeting soll die Gleichstellung der Geschlechter gefördert werden.

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

20.10 
Hannover / 25.08.2016