Drucksache Nr. 1644/2018:
Entscheidung über Annahme von Zuwendungen gemäß § 111 Abs. 7 NKomVG

Inhalt der Drucksache:

Bitte beachten Sie, dass der folgende Text eventuell medienbedingte Formatabweichungen aufweisen kann. Eine formatgetreue Abbildung des Inhalts finden Sie in der Anlage "Druckversion.pdf".
Landeshauptstadt HannoverBeschlussdrucksache-ZeichenBeschlussdrucksache
In den Kulturausschuss
In den Verwaltungsausschuss
In die Ratsversammlung
 
Nr.
Anzahl der Anlagen
Zu TOP
 
1644/2018
0
 

Entscheidung über Annahme von Zuwendungen gemäß § 111 Abs. 7 NKomVG

Antrag,

der Annahme folgender Zuwendungen zur Erweiterung der Sammlung des Sprengel Museum Hannover zuzustimmen:

Namen des Zuwendungsgebers:
Henry Berg und Erbengemeinschaft über Communities Foundation of Texas

Art der Zuwendungen (Geld- oder Sachzuwendung):
Sachzuwendung (Schenkung des Nachlasses der Künstlerin Käte Steinitz)

Wert der Zuwendung:
Der geschätzte Versicherungswert beläuft sich nach Recherchen auf ca. 523.000 €.

Zweck der Zuwendungen:
Die Zuwendung erfolgt zweckgebunden zur Erweiterung der Sammlung des Sprengel Museum Hannover.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Gender-Aspekte sind nicht berührt.

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

Begründung des Antrages

Mit der Ratsdrucksache 1383/2010 hat der Rat das Verfahren zur Annahme von Spenden, Schenkungen und Zuwendungen geregelt. Hiernach obliegt der Ratsversammlung die Entscheidung über die Annahme von Spenden, Schenkungen und Zuwendungen ab einer Höhe von 2001 €. Auf die genannte Drucksache wird in diesem Zusammenhang verwiesen.

Gegenstand der Schenkung ist der fast vollständige künstlerische Nachlass der Künstlerin, Autorin und Mäzenatin Käte Steinitz (1889–1975). Sie kam 1917 von Berlin nach Hannover und zählte zu den wenigen professionellen, öffentlich anerkannten Künstlerinnen der Stadt. Nach heutiger kunsthistorischer Einschätzung war sie die einzige Frau, die die künstlerischen und kulturellen zwanziger Jahre in Hannover mitgeprägt hat. Ihre Persönlichkeit, ihr künstlerisches wie gesellschaftliches Wirken haben wesentlich dazu beigetragen, dass sich Hannover in dieser Zeit zu einem lebendigen Zentrum der zeitgenössischen Kunst entwickelte.

Unmittelbar mit der Machtergreifung der Nazis verlor die jüdische Familie jegliche Lebensgrundlage und musste emigrieren. In den USA haben sich große Teile ihres künstlerischen Nachlasses sowie ihrer nicht unbedeutenden Kunstsammlung erhalten: ein Konvolut von ca. 1.600 Werken, davon ca. 1.300 von Steinitz (ca. 30 Gemälde, 350 Fotografien sowie Zeichnungen, Aquarelle und Gouachen) aus dem Zeitraum 1915–1965. Die Sammlung enthält Papierarbeiten u. a. von Schwitters, Grosz, Gleichmann, Dix, Höch, sowie Fotografien u. a. von Renger-Patzsch, Kolko und Gorny.

Steinitz‘ Œuvre ist gegenständlich-figurativ, von ihren Lehrern Kollwitz und Liebermann geprägt und mit stilistischen Anklängen an Modersohn-Becker und Marc. Herausragend sind ihre expressiven Hinterglasbilder. Ihr Werk widmet sich vor allem modernen Großstadtthemen: Straßenszenen, Zoobesuche, Jazz-Bands, Tänzer, Clowns und Sängerinnen sind neben dem Porträt bevorzugte Motive. Seit 1924 gehört die Fotografie zu ihren Ausdrucksmitteln, die sie, ähnlich der Zeichnung, zum spontanen Festhalten von Eindrücken einsetzt. Es entstanden u. a. historisch wertvolle Porträts von Persönlichkeiten der Stadt.

Das Sprengel Museum Hannover, das der Künstlerin aus Anlass ihres 100. Geburtstags bereits 1989 eine Ausstellung widmete, steht seit Frühjahr 2014 in Kontakt mit dem Enkelsohn Henry Berg, Alameda (CA), der mit dem Anliegen »to find a home for the Steinitz family collection« an das Haus herantrat. Die Erbengemeinschaft, für die er handelt, schenkt das Konvolut, über eine Stiftung, dem Museum.

Das Schaffen von Käte Steinitz, das beispielhaft für kulturschaffende Frauen ihrer Generation ist, und zugleich das Schicksal vieler von den Nazis vertriebener Künstler spiegelt, ist in komplexer Weise mit dem hannoverschen Kunstleben der Weimarer Republik (und insbesondere mit den Protagonisten Kurt Schwitters und El Lissitzky) verknüpft. Es stellt somit eine ideale Ergänzung des Sammlungs- und Forschungsschwerpunktes des Museums dar. Seit 1977 gehört das Gästebuch der Familie zur Sammlung; das Schwitters Archiv beherbergt über fünfzig Briefe von Steinitz und originale Manuskripte gemeinsamer Projekte aus dem Nachlass des Merzkünstlers.
41.2  Sprengel Museum Hannover
Hannover / 25.07.2018