Antrag Nr. 15-2370/2015:
Umbenennung des Ernst-August-Platzes

Inhalt der Drucksache:

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Umbenennung des Ernst-August-Platzes

Antrag Der Bezirksrat möge beschließen:

Der Ernst-August-Platz wird umbenannt in Leibnizplatz, an den neuen Straßenschildern wird eine Tafel angebracht, die über die Gründe der Umbenennung informiert.

Begründung


Nach § 93 NkomVG ist der Bezirksrat zuständig für die Benennung von Straßen, die komplett auf seinem Gebiet liegen. Das ist beim derzeitigen Ernst-August-Platz der Fall.

Ernst-August war der Vertreter eines Unrechtsregimes. Sein Staatsstreich von 1837 war ein Eingriff in das damals geltende Rechtssystem und war auch in den Maßstäben seiner Zeit ein Rechtsbruch.

Auch diese Seite des Bundestages (https://www.bundestag.de/kulturundgeschichte/geschichte/ausstellungen/verfassung/tafel06) bezeichnet den Vorgang von 1837 als Staatsstreich.

In Folge der Juli-Revolution 1830 kam es zu Verhandlungen über eine Verfassung. Die Ständeversammlung verabschiedete eine Verfassung. Der König Wilhelm IV verfügte noch 14 Änderungen und setzte dass Staatsgrundgesetz für das Königreich Hannover am 26.9.1833 in Kraft.

Damit war Hannover eine konstitutionelle Monarchie. In einer gesetzgebenden Kammer saßen Adel, Geistlichkeit und Universität, in der anderen Bürger und – neuerdings – auch Bauern. Entscheidend war aber, dass das Parlament das Budgetrecht für alle Einkünfte bekam.

Als nun Ernst August König 1837 von Hannover wurde, hatte er noch die "unverbrüchliche Festhaltung" an der Landesverfassung garantiert. Am 1.11.1837 setzte er in genau diese Verfassung außer Kraft. Den möglichen Weg einer Verfassungsänderung beschritt er nicht. Und - was sich als gravierend herausstellen sollte – er entband die Beamten von ihrem Eid auf diese Verfassung. Ein solcher Eid war eine heilige Handlung, die der Schwörende nur mit Gott ausmachte.

Konnte ein König einfach so die Staatsbeamten von einem Eid entbinden? Darf man einem König huldigen, der die Verfassung bricht, in dem er sie aufhebt und nicht den vorgesehenen Weg der Verfassungsänderung beschreitet?

Das fragten sich damals eigentlich alle und wir sollten es jetzt auch tun. Aber nur 7 Professoren der Universität Göttingen hatten den Mut, am 18.11.1837 einen Protestbrief zu schreiben.

Der Kern war: die Verfassung könne so nicht außer Kraft gesetzt werden und sie fühlten sich weiter durch Ihren Eid an diese Verfassung gebunden.

Diese Professoren standen nicht nur für Zivilcourage, sondern sie sorgten mit der Veröffentlichung ihres Schreiben für etwas, das wir heutzutage sehr hochhalten: Transparenz. Sie wurden alle ihrer Ämter enthoben und teilweise des Landes verwiesen.

Es sei hier noch darauf hingewiesen, dass Ernst-August sehr unbeliebt war und der Spruch auf dem Denkmal auf dem Bahnhofsvorplatz eine Lüge ist. Das Denkmal wurde vom Hof bezahlt. Ein das Denkmal spendierendes treues Volk hat es nie gegeben. Seine reaktionäre und industriefeindliche Politik hat indirekt dazu geführt, dass Hannover ab 1866 für nahezu ein Jahrhundert Provinz war.

Jedenfalls gibt es keinerlei Gründe, Ernst-August durch einen Straßennamen zu ehren. Im Gegenteil: es ist die Pflicht des Bezirksrates in einer Zeit der unkritischen royalistischen Rückbesinnung mit Benennung von Galerie und Brauhaus nach diesem Verfassungsbrecher aufklärerisch zu wirken.

Dahingegen ist die Benennung des Bahnhofsvorplatzes nach dem Universalgenie Leibniz aus Hannover, dessen 300sten Todestag wir im nächsten Jahr feiern, zeitlos völlig unkritisch und sehr sinnvoll. Hier kann ich mir jede Begründung sparen.