Drucksache Nr. 15-1991/2020 F1:
Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage Umgang mit ‚Schrott-Immobilien‘ im Stadtbezirk Nord
Sitzung des Stadtbezirksrates Nord am 21.09.2020
TOP 8.2.1.

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverDrucksachen-Zeichen
An den Stadtbezirksrat Nord (zur Kenntnis)
 
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Antwort
15-1991/2020 F1
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Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage Umgang mit ‚Schrott-Immobilien‘ im Stadtbezirk Nord
Sitzung des Stadtbezirksrates Nord am 21.09.2020
TOP 8.2.1.

Unter anderem durch die Initiative nordstadt solidarischund den von dieser verliehenen „Goldenen Miethai“-Preis ist die Praxis von einigen Vermieter*innen, durch sog. Luxus-Sanierungen Alt-Mieter*innen zu verdrängen, um höhere Profite aus ihren Wohnungsbeständen im Stadtbezirk zu ziehen, thematisiert worden. Eine andere, von manchen Vermieter*innen genutzte Methode zur Erzielung maximal möglicher Rendite kann jedoch auch im glatten Gegenteil bestehen: Marode Häuser und Wohnungen werden kaum bis gar nicht Instand gehalten und trotzdem Mietpreise verlangt, wie sie vielleicht für dieselbe Wohnung in intaktem Zustand angemessen wären. In der Bezirksratssitzung am 6.7.2020 berichtete zuletzt eine Mieterin von solcherlei Zuständen in dem von ihr bewohnten Haus am oberen Engelbosteler Damm, über das danach auch in mehreren Zeitungsartikeln berichtet wurde*.

Häufig werden derartige ‚Schrott-Immobilien‘ auch an Geflüchtete vermietet, die bereits das Recht auf eine eigene Wohnung haben, aber zumeist wenig über ihre Rechte als Mieter*in wissen und bei denen teilweise auch noch Sprachbarrieren vorhanden sind. Kommt die Miete dann in diesen und anderen Fällen ggf. auch noch vom Jobcenter, läuft die Profitmaschine für den Vermieter „rund“. Erst Recht, wenn auch noch zusätzliche „Betriebskosten“ abgerechnet werden können. Häufige Mieter*innen-Wechsel sind in solchen Häusern dann an der Tagesordnung, so dass sich unter den Bewohner*innen auch kein besonderes Gemeinschaftsgefühl (mit dem es sich auch leichter gegen dubiose Praktiken wehren lässt) entwickeln kann.

Die Niedersächsische Landesregierung hat inzwischen den Entwurf eines „Wohnraumschutzgesetzes“ vorgelegt, das künftig manche dieser Praktiken erschweren soll. Dieser befindet sich z.Z. allerdings noch in den weiteren Beratungen. In dem geplanten Wohnraumschutzgesetz soll es auch eine Definition von Überbelegung von Wohnungen geben, die häufig einen weiteren Grund für Extra-Profite solcher Vermieter*innen (und ‚Extra-Abnutzung‘ mancher Wohnungen) darstellt.

Dazu fragen wir die Verwaltung:

1. Sind der Verwaltung solche sog. Schrott-Immobilien im Stadtbezirk Hannover-Nord bekannt und wird die sie in solchen Fällen ggf. von sich aus tätig, bzw. an welche Stelle(n) können sich Betroffene in der Verwaltung wenden, um solche Missstände zu benennen?

2. Finden seitens der Behörden, die stellvertretend Miet- und Nebenkostenzahlungen leisten, Kontrollen der von diesen bezahlten Miet-Objekten hinsichtlich der Berechtigung bestimmter Miet- und Nebenkostenhöhen sowie der vorzufindenden Standards statt?
- Wenn Nein, warum nicht?
- Wenn Ja, wie sehen diese aus (was wird kontrolliert, wie häufig finden diese statt, können diese Stellen im Bedarfsfall zur Kontrolle aufgefordert werden, etc.)?

3. Gibt es derzeit (noch ohne verabschiedetes Wohraumschutzgesetz) bereits eine Definition von Überbelegung von Mieträumen?
- Wenn Ja, wie sieht diese aus und in welcher Form kann die Verwaltung bei Vorliegen von Überbelegungen eingreifen, ohne Obdachlosigkeit zu produzieren?

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* Siehe beispielsweise den Artikel "Ratten in der Nachbarschaft", Neue Presse vom 30.7.2020, Seite 20

Antwort der Verwaltung: Die Fragen 1 und 2

stehen miteinander in engem Zusammenhang und werden wie folgt beantwortet:

Grundsätzlich werden vom Fachbereich Soziales keine Kontrollen vorgenommen.
Bei der Vermietung von Wohnraum handelt es sich jeweils um rein privatrechtliche Mietverhältnisse.

Für Bezieher*innen von Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz und SGB XII gilt:
Von den Leistungsbehörden sind Unterkunftskosten (Miet- und Nebenkosten sowie Heizung) in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen. Übersteigen die Aufwendungen für die Unterkunft den die Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie solange anzuerkennen, soweit es nicht möglich oder zumutbar ist die Unterkunftskosten zu senken.
Nebenkostenabrechnungen werden in jedem Einzelfall auf ihre Berechtigung und Höhe hin überprüft.

Bei Streitigkeiten zwischen Mieter und Vermieter ist aus aktuellem Anlass die Übernahme des Jahresbeitrags für den Mieterbund möglich, wenn die vom Mieter vorgetragenen Beschwerden nachvollziehbar sind und somit Erfolgsaussichten zu seinen Gunsten in der Auseinandersetzung bestehen (z. B. über Mieterhöhungen oder Nebenkostenabrechnungen).

Kontrollen durch den Fachbereich Soziales zu der Berechtigung von Mietzinsforderungen und Wohnstandards bei der Vermietung von Wohnraum an Empfänger*innen von Transferleistungen erfolgen grundsätzlich nicht.


Soweit sich Hinweise zu Mietwucher oder zweckfremder Nutzung von Wohnraum ergeben, wird diesen im Einzelfall durch Einschaltung der dem Fachbereich Öffentliche Ordnung zugehörigen Arbeitsgruppe Ermittlungen (32.10.2) nachgegangen.

Von Seiten der Koordinierungsstelle Zuwanderung Osteuropa finden ebenfalls keine Kontrollen hinsichtlich der Berechtigung von bestimmten Miet- und Nebenkostenhöhen statt.
Wenn Personen bekannt werden, bei denen die Nebenkosten- oder auch die Mietkosten zu hoch erscheinen bzw. sich die Personen damit an OE 50.61 wenden, wird wie folgt unterstützt:

- Bei Fragen zu Nebenkostenabrechnungen (auch mit Blick auf augenscheinlich zu hohe Kosten) wird der Vermieter telefonisch bzw. schriftlich kontaktiert, um z.B. klärende Unterlagen /Belege einzufordern.

- Zur Nachverfolgung offensichtlicher Fehler wird auf Fachanwälte oder Mietervereine verwiesen, um die Betroffenen ggf. auch vertreten zu können.

- Hilfe bei der Suche nach einer anderen Wohnung.

Darüber hinaus lassen sich ergänzend aus der eben gegebenen Antwort zu TOP 8.1.3 die Zuständigkeiten für einzelne Problemlagen (Ratten, bauliche Mängel, Vermüllung) ablesen.

Nachtrag des Bereiches Bauordnung:
Die genannte Immobilie ist uns bekannt. Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass die fehlende Unterhaltung von Immobilien erst dann baurechtlich relevant wird, wenn hierdurch eine Gefährdungslage entsteht. Im Falle baurechtswidriger Zustände schreitet die Bauordnung ein. Fehlender Komfort, niedrige Standards oder ähnliches auch in Verbindung mit möglicherweise überhöhten Mieten bieten hingegen aus baurechtlicher Sicht keinen Anlass für ein Vorgehen. Das ist vielmehr eine Angelegenheit, die seitens der Betroffenen mit den jeweiligen Vermietern privatrechtlich geklärt werden muss.


Zur Frage 3
liegt bisher keine abschließende Antwort vor, da bisher nur Fehlanzeigen vorliegen.
Nachtrag des Bereiches Bauordnung:
Derartige Definitionen finden sich u.E. im Baurecht nicht.