Antrag Nr. 15-1495/2018:
Ehrengrab für Benno Paul Johann Ohnesorg

Inhalt der Drucksache:

Bitte beachten Sie, dass der folgende Text eventuell medienbedingte Formatabweichungen aufweisen kann. Eine formatgetreue Abbildung des Inhalts finden Sie in der Anlage "Druckversion.pdf".

Ehrengrab für Benno Paul Johann Ohnesorg

Antrag

Der Bezirksrat möge beschließen:

Die Grabstelle von Benno Paul Johann Ohnesorg wird zum Ehrengrab erklärt. Der Rat der Stadt Hannover wird gebeten, das Grab von Benno Paul Johann Ohnesorg auf dem Stadtteilfriedhof Bothfeld (Abteilung 2A, Nummer 176) in die Städtische Ehrengrabpflege aufzunehmen, um auf diese Weise die Anerkennung und Würdigung des Verstorbenen durch die Landeshauptstadt Hannover zum Ausdruck zu bringen.

Begründung

Benno Paul Johann Ohnesorg ist eine Person der Zeitgeschichte und weit über die Grenzen seiner Heimatstadt Hannover bekannt.
Geboren am 15.10.1940 in Hannover absolvierte er zunächst die Mittlere Reife und eine Ausbildung als Schaufensterdekorateur. Anschließend folgten mehrere Auslandsaufenthalte in Großbritannien, Frankreich und Marokko bevor er 1963 sein Abitur ablegte und im Jahr 1964 sein Studium der Romanistik und Germanistik an der Freien Universität in West-Berlin begann. Am 27.04.1967 heiratete er seine schwangere Freundin Christa und lebte mit ihr gemeinsam in Berlin-Wilmersdorf.
Als Pazifist und Mitglied einer evangelischen Studentengemeinde engagierte er sich auch politisch. Über die Entwicklungen im Iran war er wie viele Studenten in dieser Zeit gut informiert. Am 02.06.1967 beschloss er mit seiner Frau, sich den Studentenprotesten gegen den Staatsbesuch des Schahs von Persien anzuschließen. Etwa 2000 Demonstranten hatten sich vor dem Opernhaus versammelt, ihnen standen etwa die doppelte Anzahl von Polizisten mit Wasserwerfern sowie Zivilpolizei entgegen. Die Polizisten griffen immer wieder einzelne Demonstranten aus der Menge um sie zu verprügeln bzw. festzunehmen. Dies wurde von Benno Ohnesorg beobachtet und er folgte mehreren Zivilbeamten, die einen Mann in einen Hinterhof schleppten. Dort wurde auf Benno Ohnesorg aus nächster Nähe in den Hinterkopf geschossen. Dies ist durch mehrere Zeugenaussagen belegt. Er erlag seinen schweren Verletzungen auf dem Weg ins Krankenhaus.
Am 08.06.1967 fand zunächst eine Trauerfeier in der FU Berlin statt bevor der Leichnam nach Hannover überführt wurde. Hier fand ein Schweigemarsch von 7000 Studenten und Bürgern durch die Innenstadt statt bevor Benno Ohnesorg auf dem Stadtteilfriedhof Bothfeld beigesetzt wurde.
Seine Witwe Christa brachte im November 1967 den gemeinsamen Sohn Lukas zur Welt.
Benno Ohnesorgs gewaltsamer Tod führte in ganz Deutschland zu Studentenprotesten und wird als der Beginn der Studentenbewegung der 1960er Jahre betrachtet. Diese breitete sich schnell auf das gesamte Land aus und radikalisierte sich.
Seit 2011 ist bekannt, dass der Todesschütze Karl-Heinz Kurras geheimer Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit war und ohne Auftrag den Schuss gezielt auf Benno Ohnesorg abgegeben hat. Kurras wurde wegen fahrlässiger Tötung angeklagt, wurde jedoch auch im späteren Revisionsverfahren aufgrund von Falschaussagen freigesprochen. Später wurde er zum Kriminaloberkommissar befördert und 1987 pensioniert. Auch ein nach der Feststellung der Stasi-Spitzel-Tätigkeit im Jahr 2009 eingeleitetes Strafverfahren, verlief ähnlich. Damit ist dieses Vergehen bis heute nicht hinreichend rechtlich aufgearbeitet. Kurras starb 2014.

Bennos Witwe Christa, die im Jahr 2000 verstorben ist, wurde im Grab ihres Mannes beigesetzt.

Zum Gedenken an Benno Ohnesorg wurde 1992 in seiner Heimatstadt Hannover eine Ihmebrücke benannt. Die Berliner Polizei ehrte Benno Ohnesorg am 02.06.2007 bei einer Gedenkfeier an der Oper. Am 50. Todestag in 2017 fand vor dem Schöneberger Rathaus eine Gedenkveranstaltung mit dem Berliner Justizsenator statt. Am Tatort erinnert heute eine Gedenktafel an das Geschehen am 02.06.1967.

Um das Grab von Benno Ohnesorg und seiner Frau dauerhaft als einen Ort der Erinnerung zu erhalten, sowie in Anerkennung des Unrechts, dass Benno Ohnesorgs und seiner Familie widerfahren ist, ist die Würdigung und weitere Pflege der Ruhestätte als Ehrengrab durch die Landeshauptstadt Hannover angemessen.