Antrag Nr. 15-1464/2018:
Umbenennung der Hindenburgstraße

Inhalt der Drucksache:

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Umbenennung der Hindenburgstraße

Antrag

Der Bezirksrat möge beschließen:

Die Landeshauptstadt Hannover leitet das Verfahren im Bezirksrat Mitte zur Umbenennung der Hindenburgstraße ein, sieht Infotafeln für die Benennung vor und hinterher vor und für die Gründe einer Umbenennung, und nimmt eine Bürgerbeteiligung für die Frage vor, wie die Straße in Zukunft heißen soll.

Begründung


Die heutige Hindenburgstraße im Zooviertel war bereits Gegenstand mehrerer Straßenumbenennungen, bevor die Straße vor gut 100 Jahren ihren heutigen Namen erhielt.

Die Benennung von Straßen stellt nicht nur eine schlichte Beschreibung geschichtlicher Fakten oder einflussreichen Personen aus der Historie dar, sondern insbesondere bei Personen auch eine Ehrung und Würdigung des jeweiligen Lebenswerkes.

Die erste deutsche Demokratie, die Weimarer Republik (1919-1933), ist maßgeblich am Wirken des 1847 geborenen Generalfeldmarschalls Paul von Hindenburgs gescheitert und wurde damit zu deren Totengräber. Für schwerwiegende Kriegsverbrechen bereits im Ersten
Weltkrieg war er verantwortlich.

Am 01.08.1914 begann durch die Kriegserklärung Deutschlands an Russland und den anschließenden Überfall Deutschlands auf Belgien der Erste Weltkrieg, der maßgeblich von Deutschland eingeleitete Angriffskrieg.

Zunächst als Oberbefehlshaber des Heeres im Osten und ab August 1916 als Chef der 3. Obersten Heeresleitung war er verantwortlich für zahlreiche Schlachten, Tote, den ersten Giftgasangriff Deutschlands im Januar 2015 und die Errichtung und den Betrieb eines deutschen Kolonialapartheidstaates des Militärs, Ober-Ost, der von 1915-1918 das Gebiet Litauens, Teilen Lettlands und Polens umfasste und die einheimische, für unkultiviert gehaltene Bevölkerung ausbeutete und zwangskultivieren wollte.

Der Einsatz von Giftgas wurde unter seiner Obersten Heeresleistung zum „Buntschießen“ perfektioniert

Zum Ende des Ersten Weltkrieges und zu Beginn der Weimarer Republik erfand Paul von Hindenburg die unwahre Legende, die Armee sei im Felde unbesiegt geblieben und von den Demokraten in Deutschland von hinten erdolcht worden.


Mit dieser von den Nationalsozialisten und anderen Rechtsextremisten über Jahre hinweg im Kampf gegen die parlamentarische Demokratie benutzten Dolchstoßlegende hat Paul von Hindenburg die Axt an die Weimarer Demokratie gelegt und auch anderen Gegnern der Republik einen Vorwand zum Krieg gegen die offene, demokratische Gesellschaft geliefert.

Nachdem er 1925 nach dem Tod Friedrich Eberts Reichspräsident geworden ist, regierte er ab März 1930 unter Umgehung des Parlaments im Wesentlichen nur noch mit Notverordnungen nach Art. 48 WRV, und löste das letzte noch demokratische Mehrheiten verfügende Parlament im Sommer 1930 auf, als es sein in der Weimarer Verfassung festgeschriebenes Recht wahrnahm, Notverordnungen zu überstimmen.

Mit den ab 1930 von ihm ohne Billigung parlamentarischer Mehrheiten eingesetzten Präsidi-alkabinetten wurde durch sein aktives Zutun die Demokratie weiter ausgehöhlt, der Reichstag damit weitgehend entmachtet.

Obwohl Hitler mit der NSDAP bei den Reichstagswahlen im November 1932 mehr als 4 Prozentpunkte verloren hatte und zwar stärkste Partei wurde, nicht jedoch die Mehrheit der Sitze im Reichstag erreichte, ernannte Paul von Hindenburg am 30.01.1933 Adolf Hitler zum Reichskanzler.

Mit der Unterzeichnung der „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“ vom 28.02.1933 (Reichstagsbrandverordnung bzw. KZ-Verordnung) wurden die Grundrechte aller BürgerInnen weitestgehend außer Kraft gesetzt und den Nazis ein rechtlicher Freibrief zur Errichtung von Konzentrationslagern verschafft.

Zur Reichstagswahl am 05.03.1933, der letzten, zu welcher noch verschiedene Parteien antreten konnten, rief Paul von Hindenburg auf Wahlplakaten auf gemeinsamen Bildern mit Adolf Hitler zur Wahl der NSDAP auf.

Durch die Billigung des Ermächtigungsgesetzes durch Paul von Hindenburg als Reichspräsidenten im März 1933, das die völlige Entmachtung des Reichstages vorsah, war die Weimarer Demokratie endgültig zerstört worden und die totalitäre Diktatur Adolf Hitlers eingerichtet.

Noch im Sommer 1934, kurz vor seinem Tod am 02.08.1934, legitimierte der nach wissen-schaftlichen Erkenntnissen noch immer geistig rege Paul von Hindenburg die willkürlichen Staatsmorde beim vermeintlich „Röhm-Putsch“ als Staatsnotstand.

Viele auch im Zooviertel wohnende Menschen wurden deportiert und mussten im Zuge der Abschaffung der Weimarer Demokratie und der Errichtung der totalitären nationalsozialisti-schen Gewaltherrschaft ihr Leben lassen – zahlreiche Stolpersteine im Zooviertel zeigen den Bezug zu den Wohnungen der Opfer.

Nicht wenige Menschen im Zooviertel haben sich damals höchst ehrenwert dazu entschlos-sen, aktiven oder passiven Widerstand gegen das Nazi-Regime zu leisten, indem man ver-folgten Menschen Unterschlupf gewährte, sich nicht zum Dienst meldete oder andere Geg-ner des Regimes heimlich unterstützte. Eine Beibehaltung des jetzigen Straßennamens wür-de zu Unrecht weiterhin die falsche Person würdigen.

Zu Recht wurden in der Vergangenheit Straßennamen dann geändert, wenn sie als Namensgeber Personen hatten, die zur Errichtung und die Aufrechterhaltung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft beigetragen haben – eine Umbenennung der Hindenburgstraße und die Aufstellung geschichtlicher Infotafeln zu allen früheren Namen der Straße, und den Grund der Umbenennung ist daher sinnvoll und im Sinne verantwortungsvollen Umgangs mit der Geschichte angezeigt.

Für die Frage, wie die Straße in Zukunft heißen soll, sollte zusätzlich zu der vorherigen Anhörung der Anwohnerinnen und Anwohner eine Bürgerbeteiligung im Zooviertel auf den Weg gebracht werden.