Antrag Nr. 15-1153/2016:
Gemeinsamer Änderungsantrag zur Drucks. Nr. 1017/2016 Städtebaulicher Vertrag zum Bebauungsplan Nr. 1535 - Wasserstadt Limmer Ost

Informationen:

Beratungsverlauf:

Antragsteller(in):

Gemeinsamer Antrag

Inhalt der Drucksache:

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Gemeinsamer Änderungsantrag zur Drucks. Nr. 1017/2016 Städtebaulicher Vertrag zum Bebauungsplan Nr. 1535 - Wasserstadt Limmer Ost

Antrag

Der Stadtbezirksrat und die Kommission Sanierung Limmer beschließen:

Die geplanten vertraglichen Regelungen für ein sog. Qualitätsteam, für genehmigungsfreie Bauvorhaben und für einen Planungswettbewerb für den Baublock 6.1 werden gestrichen.

Begründung

Die politischen Gremien sollen dem Abschluss eines Vertrages zustimmen, der von der Stadtverwaltung nicht vorgelegt wird, sondern dessen wesentlicher Inhalt lediglich in der Begründung des Antrags beschrieben ist.

Mit diesem Vertrag soll zwischen LHH und WLG die Einrichtung eines „Qualitätsteams“ vereinbart werden. Außerdem soll für genehmigungsfreie Bauvorhaben ein Baugenehmigungsverfahren vorgeschrieben werden und für das Bauvorhaben mit dem Vollsortimenter muss ein Planungswettbewerb durchgeführt werden. Die Beschreibung in der DS lautet folgendermaßen:
  • Zur Sicherstellung der architektonischen Qualität ist ein sog. Qualitätsteam einzurichten, das aus jeweils einem Vertreter/einer Vertreterin der WLG, der Stadt und eines Architekturbüros besteht. Beauftragung und Kostentragung des Architekturbüros obliegen der WLG. Eigene Kosten tragen Stadt und WLG selbst. Die Beauftragung des beteiligten Architekturbüros ist auf die Dauer von drei Jahren befristet. Anschließend erfolgen eine einvernehmliche Wiederwahl oder die einvernehmliche Bestimmung eines neuen Büros. Im Verhinderungsfall der Vertreterin/des Vertreters des Architekturbüros, insbesondere, wenn er/sie selbst als Entwurfsverfasser tätig wird, bestimmen Stadt und WLG einvernehmlich eine qualifizierte Vertretung.


  • Für die erstmalige Einrichtung des Qualitätsteams haben sich die Vertragsparteien auf das Architekturbüro Spengler Wiescholek Architekten und Stadtplaner, Hamburg, dort Frau Ingrid Spengler, verständigt, da sie bereits maßgeblich an der Entwicklung des städtebaulichen Konzepts beteiligt war und profunde Kennerin der Gesamtthematik ist.

    Dem Qualitätsteam, das mit einfacher Mehrheit entscheidet, sind vor Stellung des jeweiligen Bauantrages vom jeweiligen Bauherren nach einem im städtebaulichen Vertrag festgelegten Verfahren die hochbaulichen Entwürfe und die jeweils zugehörige qualifizierte Freiflächenplanung der nicht überbaubaren Grundstücksflächen zur Auswahl vorzustellen.
    Erforderlichenfalls ist als letzte Stufe, wenn trotz vorangegangener Überarbeitungshinweise des Qualitätsteams noch immer kein Konsens über den Entwurf erzielt werden konnte, der jeweilige Bauherr verpflichtet, eine Entwurfskonkurrenz mit mindestens drei im Einvernehmen mit dem Qualitätsteam auszuwählenden Architekturbüros durchzuführen. Über dessen Ergebnis entscheidet ebenfalls das Qualitätsteam.

    Sämtliche in Bezug auf das Qualitätsteam übernommenen Verpflichtungen sind von der WLG ausdrücklich an etwaige Rechtsnachfolger bzw. Bauherren weiterzugegeben.
  • Zur flankierenden Sicherung der o. a. Qualitätsanforderungen wird vertraglich vereinbart, dass für bauordnungsrechtlich ansonsten genehmigungsfreie Bauvorhaben, das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren umzusetzen ist.
  • Hinsichtlich des im Bebauungsplan Nr. 1535 vorgesehenen Sondergebietes "Verwaltung, Wohnen und Einzelhandel" (dort ergänzend als Baublock 6.1 bezeichnet) ist verpflichtend vereinbart, vor Errichtung des Gebäudekomplexes mit dem Lebensmittelvollversorger und dem benachbarten Solitärgebäude an der Wunstorfer Straße von und auf Kosten der WLG im Einvernehmen mit der Stadt ein Verfahren nach der Richtlinie für Planungswettbewerbe (RPW) mit fünf Architekturbüros durchzuführen. Die dabei mit dem ersten Preis ausgezeichnete Arbeit ist dann verbindlich auszuführen. Änderungen sind mit der Stadt abzustimmen und zulässig, soweit sie das Wettbewerbsergebnis nicht wesentlich beeinträchtigen.

Diese Regelungen sollen ersatzlos gestrichen werden.

Was bedeutet diese Regelung? Dazu muss man sich zunächst das im Baugesetzbuch (BauGB) und in der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) geregelte normale Verfahren vor Augen halten. Danach stellen die Investoren mit ihren Architekten einen Bauantrag. Sie beantragen eine Baugenehmigung. Sie haben einen Anspruch darauf, dass sie erteilt wird, wenn ihr Vorhaben die Regelungen des Bebauungsplans (Fachausdruck „Festsetzungen“) und die Vorschriften der NBauO einhält und wenn die Erschließung gesichert ist. Dieses Verfahren gilt im ganzen Bundesgebiet.

Im Bebauungsplan, der in einem Verfahren mit 2-facher Beteiligung der Öffentlichkeit aufgestellt wird, regelt die Stadt durch die Festsetzungen die Erschließung (Straßen etc.) und die Anforderungen, die ein Bauvorhaben erfüllen muss, d. h. Art und Maß der baulichen Nutzung (Grundflächenzahl, Anzahl der Vollgeschosse), auf welche Flächen gebaut werden darf, wo die Gebäude stehen müssen, dass nur begrünte Flachdächer zulässig sind, dass für die Außenwände nur Klinker im Farbspektrum rot, rotbunt, rotbraun zulässig sind, usw. Über diese Festsetzungen beschließt der dafür legitimierte Rat der LHH, nach Anhörung des Stadtbezirksrats und Vorbereitung in den Fachausschüssen.

Das genügt der Stadtverwaltung aber anscheinend nicht. Sie möchte zusätzliche Anforderungen an die Bauvorhaben durchsetzen durch ein sog. Qualitätsteam:

Bevor die Entwurfsarchitekten aller Investoren einen Bauantrag stellen dürfen, müssen sie ihre Entwürfe dem Qualitätsteam „zur Auswahl vorstellen“. Das Qualitätsteam besteht aus einem Vertreter der LHH, der Architektin Spengler, Hamburg, und einem Vertreter der WLG. Die Arbeit von Frau Spengler muss die WLG bezahlen. Die drei begutachten die Entwürfe und geben „Überarbeitungshinweise“. Über sie entscheidet das Qualitätsteam mit einfacher Mehrheit.

Wenn die Investoren und ihre Entwurfs-Architekten die „Überarbeitungshinweise“ nicht beachten, müssen die Investoren neue Pläne von 3 Architekturbüros ausarbeiten lassen. Die Architekturbüros, die beauftragt werden, werden „im Einvernehmen mit dem Qualitätsteam“ bestimmt, d. h. das Qualitätsteam kann bestimmen, welche Architekten mit den neuen Plänen beauftragt werden.

Dieses Verfahren ist nicht erforderlich. Es verursacht unnötigen Zeitaufwand und vermeidbare Kosten. Beides sollte vermieden werden.

Die Festsetzungen des Bebauungsplans und die sonstigen Regelungen der NBauO sind die gesetzlich vorgegebenen Instrumente, mit denen die Stadt den Rahmen für die geplante Bebauung vorgibt. Innerhalb dieses Rahmens muss den Investoren und ihren Architekten Gestaltungsspielraum für ihr Bauvorhaben verbleiben.

Für die „Qualität der Bauung“ gibt es keine objektiven Kriterien. Die Beurteilung ist daher ein subjektiver Vorgang. Das Qualitätsteam wird also seine subjektiven Vorstellungen davon, was „Qualität“ ist, d. h. wie die Bauvorhaben aussehen sollten, gegenüber Investoren und Architekten durchsetzen. Dafür ist das Qualitätsteam aber eigentlich nicht legitimiert.

Wenn das Wirken des Qualitätsteams dazu führt, dass sich Investoren und Architekten an dessen einheitlichen Vorstellungen ausrichten müssen, ergibt sich auch eine einheitliche Bebauung. Die Stadtverwaltung hat im Rahmen der bisherigen Bürgerbeteiligung zwei Busrundfahrten zu Wohngebieten durchgeführt, die in den letzten Jahren gebaut worden sind, u.a. an der Stadthalle und „Seelhorster Garten“ bieten ein sehr einheitliches Erscheinungsbild. Das mag den Qualitätsvorstellungen mancher Städtebauer entsprechen. Es widerspricht aber den Zielvorstellungen für die Wasserstadt. Dort soll ein vielfältiges Wohngebiet entstehen, indem man nicht abzählen muss, in welchem Haus man wohnt, sondern indem das Erscheinungsbild den Bewohnern die Orientierung und Identifikation ermöglicht. Dass kein „chaotisches“ Erscheinungsbild entsteht, wird durch den Rahmen, den der Bebauungsplan vorgibt, erreicht. Aber innerhalb dieses Rahmens ist Vielfalt erwünscht.

Das man selbst für untergeordnete Bauvorhaben, für die die NBauO keine Genehmigungspflicht vorsieht, ein Genehmigungsverfahren vorschreibt, führt zu vermeidbaren Zeitaufwand und vermeidbaren Kosten. Das sollte vermieden werden.

Und schließlich ist auch ein Wettbewerb für das geplante Vorhaben im Baublock 6.1 an der Wunstorfer Straße entbehrlich. Der Bebauungsplan enthält für diesen Block sehr detaillierte Festsetzungen. Das reicht aus. Auch hier gilt: Vermeidbarer Zeitaufwand und vermeidbare Kosten.