Antrag Nr. 15-0563/2020:
Unangemessene Würdigung: Marahrensweg soll umbenannt werden

Informationen:

Beratungsverlauf:

Antragsteller(in):

Gemeinsamer Antrag von Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Bezirksratsherrn Milkereit und Bezirksratsherrn Weinmann

Inhalt der Drucksache:

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Unangemessene Würdigung: Marahrensweg soll umbenannt werden

Antrag

Die Verwaltung wird aufgefordert, ein Verfahren zur Umbenennung des Marahrenswegs im Stadtteil Wülfel einzuleiten und dem Bezirksrat Döhren-Wülfel neue Namensvorschläge vorzulegen. Die Anwohner*innen sind bei der Suche nach einem neuen Namen einzubeziehen (in gleicher Weise wie bei zuletzt durchgeführten Verfahren zur Umbenennung) und sollen Vorschläge einbringen können. Gleichzeitig soll (möglichst im Zusammenwirken mit dem Büro „Städtische Erinnerungskultur“) ein Legendenschild in Auftrag gegeben werden, dass auf die frühere Bezeichnung „Marahrensweg“ und die wenig rühmliche Rolle des Namensgebers in der Zeit der NS-Diktatur verweist, die schließlich zur Umbenennung geführt hat.

Begründung

Der Marahrensweg wurde 1957 nach dem ehemaligen Landesbischof der ev.-luth. Landeskirche Hannover, August Marahrens benannt. Während seiner Zeit als Bischof (1925 bis 1947) und noch im Anschluss daran ließ er eine ausreichende Distanzierung von den Verbrechen des NS-Regimes vermissen. Als Anhänger der lutherischen „Zwei-Reiche-Lehre“ unterstützte er den NS-Staat nahezu vorbehaltlos, zum Beispiel mit seiner Unterschrift der „Fünf Grundsätze“, die u.a. das Judentum verunglimpften. Ein vom Rat der LHH eingesetzter wissenschaftlicher Beirat hat nach eingehender Prüfung im September 2018 empfohlen, die Straße umzubenennen und dies u.a. damit begründet, dass Verhalten und Reden von Marahrens dazu beigetragen haben, das NS-Unrechtsregime zu legitimieren. Im Rahmen einer Anhörung auf der Sitzung des Bezirksrats am 7.11.2019 haben Vertreter des wissenschaftlichen Beirats diese Haltung bekräftigt und die Empfehlung zur Umbenennung wiederholt.
Selbst unter Berücksichtigung der Gefahren, die eine Opposition zur NS-Diktatur mit sich brachte, und im Bewusstsein der Schwierigkeit einer Verurteilung persönlichen Verhaltens aus großer historischer Distanz, sind die Unterzeichner*innen des Antrags überzeugt, dass Leben und Wirken von August Marahrens mit der Würdigung durch einen Straßennamen unvereinbar sind. Aus diesem Grund fordern wir eine Umbenennung, die u.a. die Chance mit sich bringt, eine verdiente Persönlichkeit mit der Auszeichnung eines Straßennamens zu ehren. Vorschläge der Anwohner*innen sind ausdrücklich erwünscht.
Den Antragsteller*innen geht es ausdrücklich nicht darum, Hannovers Geschichte vor und während der NS-Diktatur aus dem Stadtbild zu verdrängen. Im Gegenteil: Ein ergänzendes Legendenschild böte die Möglichkeit, auf den früheren Namensgeber der Straße hinzuweisen und kurz zu erläutern, warum man sich zu einer Umbenennung entschlossen hat. Das wäre ein starkes Zeichen einer aufgeklärten, erinnerungs- und geschichtsbewussten Stadtgesellschaft.