Drucksache Nr. 1274/2013:
Tropenholzverzichtsbeschluss

Informationen:

verwandte Drucksachen:

1274/2013 (Originalvorlage)

Beratungsverlauf:

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverBeschlussdrucksache-ZeichenBeschlussdrucksache
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1274/2013
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Tropenholzverzichtsbeschluss

Antrag,

Der Rat der Landeshauptstadt Hannover möge beschließen:
1) Die Verwendung von Tropenholz bleibt im Grundsatz untersagt. Nur wenn der Einsatz aufgrund der besonderen Eigenschaften von Tropenholz (z.B. höhere Haltbarkeit bei besonderer Beanspruchung oder beim Kontakt mit Wasser) erhebliche Vorteile hat, kann von diesem Verbot abgewichen werden, wenn das Tropenholz bzw. Tropenholzprodukt nachweislich aus legaler und nachhaltiger Forstwirtschaft stammen. Der Nachweis ist vom Bieter durch Vorlage eines international anerkannten Zertifikats des Forest Stewardship Councils (FSC) oder vergleichbarer Einzelnachweise zu erbringen.
2) Die Entscheidung zur Verwendung von Tropenholz oder Tropenholzprodukten ist in den Beschaffungsakten im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung (ADA 67/1) zu begründen und zu dokumentieren.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Die mit dieser Drucksache vorschlagenden Maßnahmen berühren keine Genderaspekte.

Kostentabelle

Finanzielle Auswirkungen sind durch die Änderung der Handhabung des Tropenholzverzichts nicht zu erwarten.

Begründung des Antrages

Die Stadtverwaltung verzichtet bisher generell bei allen Neubauten auf die Verwendung von Hölzern aus tropischen Regenwäldern. Bei Reparaturen vorhandener Bauteile aus Tropenhölzern wurde im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung in jedem Einzelfall geprüft, ob andere Holzsorten verwendet werden konnten.
Diese Handlungsweise geht zurück auf den Beschluss des Rates zu den Drucksachen Nr. 174/88 und Nr. 100/89. Damals sollte durch die Stadtverwaltung ein wichtiges umweltpolitisches Zeichen gesetzt werden.

Die Stadt Hannover wollte nicht indirekt beteiligt sein am Raubbau tropischer Wälder und an illegalem Holzeinschlag. Vertrauenswürdige Nachweise einer ökologisch- und sozialverträglichen Holzwirtschaft waren noch nicht vorhanden oder standen erst am Anfang der Entwicklung. Außerdem waren Tropenhölzer aus nachhaltiger Holzwirtschaft kaum verfügbar.
Seit dem Weltgipfel in Rio de Janeiro im Jahr 1992 bestehen Bemühungen, durch internationale Aktionspläne und Tropenholzabkommen Raubbau und illegalen Holzeinschlag zurückzudrängen. Die Verordnung (EU) Nr. 995/2010 des Europäischen Parlaments und des Europarates vom 20. Oktober 2010 über die Verpflichtungen von Marktteilnehmern, die Holz und Holzerzeugnisse in Verkehr bringen, ist in Deutschland im März 2013 durch Verabschiedung des Holzsicherungsgesetzes in nationales Recht umgesetzt worden.

Aus Sicht der Verwaltung sollten im Grundsatz auch zukünftig einheimische Hölzer eingesetzt werden. In begrenztem Umfang und in besonderen Fällen kann jedoch auch Tropenholz eingesetzt werden, wenn dies aus nachgewiesener nachhaltiger Bewirtschaftung stammt, was in der Regel durch ein FSC-Siegel zu belegen ist. Die zehn FSC-Prinzipien gehen weit über die reine Beurteilung der Legalität hinaus und berücksichtigen ökologische, ökonomische, soziale und ethnische Belange in angemessener Weise. Wesentliche Eckpunkte sind u. a. die Einhaltung von Gesetzen des Landes und die Erfüllung der Prinzipien und Kriterien nachhaltiger Waldnutzung, Besitzansprüche, Landnutzungsrechte und Verantwortlichkeiten, die Rechte indigener Völker, Beziehungen zur lokalen Bevölkerung und Arbeitnehmerrechte, Nutzen aus dem Walde, Auswirkungen auf die Umwelt, die Erhaltung von Wäldern mit hohem Schutzwert, die Erstellung eines Bewirtschaftungsplanes, Kontrolle und Bewertung sowie die Bewirtschaftung von Plantagen. In jedem Land wachen Kommissionen und Gutachter über die Einhaltung der Kriterien. Die Kommissionen sind aus Umweltverbänden, Wirtschaftsunternehmen und sozial engagierten Gruppen (z. B. Gewerkschaften) besetzt. In den vergangenen Jahren hat sich FSC zu einem wirksamen Label entwickelt, das die Erzeugerkette von der Waldbewirtschaftung über Einschlag und Export bis zum Produkt glaubhaft nachvollziehbar macht. Fachhandel und Baumärkte in Deutschland bieten zunehmend Waren mit dem FSC-Siegel an. Engpässe bei der Lieferung von zertifizierten Tropenhölzern sind inzwischen nicht mehr zu befürchten.

Die hier vorgeschlagene Öffnung für Holz aus nachhaltiger Produktion bezieht sich ausschließlich auf Tropenholz und nicht auf Holz aus Wäldern der dauerkalten nördlichen Regionen (boreale Wälder). Das „feinjährige“, feste Holz mit engen Jahresringen, das durch das langsame Wachstum der Bäume dieser Breiten entsteht, ist in der Holzbranche besonders begehrt. Zugleich ist eine nachhaltige Bewirtschaftung dieser Wälder sehr schwierig, weil die junge Kultur nach einem Kahlschlag nur mit großen Ausfällen und in sehr langen Zeiträumen wieder nachwächst. Nach Erfahrungen anderer Kommunen ist es äußerst schwierig, Holzarten in FSC-Qualität zu erhalten, die aus borealen Wäldern stammen. Daher schlägt die Verwaltung vor, erst in fünf Jahren zu überprüfen, ob die Bemühungen hinsichtlich glaubhafter Zertifizierungen legaler und nachhaltiger Waldwirtschaft und die Verfügbarkeit entsprechender Hölzer aus borealen Wäldern dazu geführt haben, dass auch hier FSC-Kriterien Voraussetzungen zur Berücksichtigung bei Ausschreibungen werden können.

Die Änderung des bisherigen grundsätzlichen Tropenholzverzichts ändert nichts an der bisherigen Verfahrensweise, dass einheimische Hölzer vorrangig verwendet werden.
67.1 
Hannover / 24.05.2013