Informationsdrucksache Nr. 0760/2015:
Gemeinsam interkulturelle Stärken leben – Bilanz und Perspektiven von 10 Jahren Netzwerk ALBuM

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0760/2015 (Originalvorlage)

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Inhalt der Drucksache:

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0760/2015
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Gemeinsam interkulturelle Stärken leben – Bilanz und Perspektiven von 10 Jahren Netzwerk ALBuM

Vorbemerkung

Mit dem Lokalen Integrationsplan (LIP) hat die Integrationsarbeit der Stadt Hannover im Juni 2008 einen politischen Rahmen bekommen. ALBuM (Arbeiten - Lernen - Beraten mit
und für Menschen mit Migrationshintergrund) ist eins von verschiedenen Handlungsfeldern im LIP und wird federführend im Fachbereich Bildung und Qualifizierung gemeinsam mit nicht-städtischen Institutionen umgesetzt.

1. Ausgangssituation

Mitte 2004 hat der Fachbereich Bildung und Qualifizierung zusammen mit vier Migrantenorganisationen und vier nach dem niedersächsischen Erwachsenenbildungsgesetz anerkannten Einrichtungen eine intensive Zusammenarbeit begonnen, die seitdem unter dem Motto „Gemeinsam interkulturelle Stärken leben!“ steht. 2014 ist mit der AWO Region Hannover e.V. - Weiterbildungszentrum ­ ein weiterer Partner hinzugekommen.

Beteiligt sind zurzeit
· der Fachbereich Bildung und Qualifizierung mit
- der Ada-und-Theodor-Lessing-Volkshochschule Hannover
- und der Koordinationsstelle ALBuM im Bereich „Bereichsübergreifende Bildungsnetzwerke“
· die Arbeitsgemeinschaft für MigrantInnen und Flüchtlinge Niedersachsen e.V. (AMFN)
· die AWO Region Hannover e.V. - Weiterbildungszentrum ­


· die Bildungsvereinigung ARBEIT UND LEBEN Niedersachsen Mitte gGmbH
· der Bildungsverein Soziales Lernen und Kommunikation e.V.
· der Bund Türkisch-Europäischer UnternehmerInnen e.V. (BTEU)
· Can Arkadas e.V. - Verein für interkulturelle Erziehung, Bildung, Kultur und Sport
· kargah e.V.
· der Verein Niedersächsischer Bildungsinitiativen e.V. (VNB)

Es finden zurzeit Gespräch mit Tolstoi e.V. und dem Afrikanischen Dachverband Norddeutschland e. V. statt, da sie ebenfalls Partner des Netzwerkes ALBuM werden wollen.

Wie die bisherigen Erfahrungen belegen, hat diese Kooperation neue Perspektiven in der Integrationsarbeit eröffnet.


2. Bilanz der Arbeit – Zehn Jahre im Überblick

In den vergangenen zehn Jahren hat sich, vernetzt über die Koordinierungsstelle ALBuM, die Zusammenarbeit der Migrantenorganisationen und der Bildungsträger in dem Netzwerk ALBuM als erfolgreich und verlässlich herausgestellt. Wichtig ist es dabei, dass alle Beteiligten ihre speziellen Kompetenzen in die gemeinsame Arbeit einbringen, um das interkulturelle Miteinander in der Stadtgesellschaft zu fördern.
Die Zusammenarbeit hat dazu geführt, dass sich die beteiligten Organisationen weiterentwickelt haben. Alle Einrichtungen greifen Anregungen und Erfahrungen aus der Netzwerkarbeit in ihrer gesamten Bildungs-, Beratungs- und Stadtteilarbeit auf. Die Bildungseinrichtungen haben zum Beispiel neue Impulse für ihre interkulturelle Öffnung erhalten und durch die kontinuierliche Projektarbeit über zehn Jahre konnten vor allem in den Migrantenorganisationen Strukturen stabilisiert und weiterentwickelt werden.

Seit Beginn des ersten Förderprojektes 2005 sind über die Koordinationsstelle ALBuM im Fachbereich Bildung und Qualifizierung insgesamt knapp 10 Mio. Euro an EU- und Bundesmitteln für integrationspolitische Projekte in Hannover akquiriert worden, das entspricht durchschnittlich einer jährlichen Summe von 1 Mio. Euro.

Mit diesen Mitteln wurden von den beteiligten Partnern viele verschiedene Beratungs- und Bildungsangebote initiiert und umgesetzt, die über 8.700 Menschen erreicht haben.

Durch die Angebote sind ca. 6.000 Menschen mit Migrationshintergrund erreicht worden. Sie erhielten z.B.
- Deutschförderung: von der Schreibwerkstatt (als niedrigschwelliger Einstieg) bis hin zur berufsbezogenen Deutschförderung
- Qualifizierungsangebote zur Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt, die vorhandene Kompetenzen der Migrantinnen und Migranten aufgreifen (z.B. „ALiA - Arbeiten-Lernen-interaktiv im Welthaus“, „Fachkraft Außenwirtschaft“ oder „Interkulturelle Beraterinnen und Berater“)
- Angebote, die Teilhabemöglichkeiten verbessern (z.B. Ankommen in Alltag und Beruf, Angebote für alleinerziehende Frauen)
- Angebote, die sie in ihrer Tätigkeit in Migrantenorganisationen und anderen Vereinen und Verbänden unterstützen


Zudem sind durch interkulturelle Trainings u. ä. ca. 500 Menschen sensibilisiert und qualifiziert worden, um sie in ihren Arbeits- und Lebensfeldern im Zusammenleben mit Menschen mit Migrationshintergrund zu stärken. Erreicht wurden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jobcenter Region Hannover, Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen und in Weiterbildungseinrichtungen sowie Beraterinnen und Berater im interkulturellen Bereich.

Insgesamt sind etwa 200 Unternehmen und Arbeitgeber unterstützt und begleitet worden (z.B. die Dönmez Sondermaschinenbau GmbH, Domicil-Seniorenpflegeheim List GmbH, Medizinische Hochschule Hannover, TUI). Sie erhielten z.B.
- Organisations- und Personalentwicklung für Unternehmen, die von Migrantinnen und Migranten geführt werden
- Beratung, Begleitung und Qualifizierung beim Ausbau von Diversity Management in den eigenen Unternehmen
- berufsbegleitende Deutschförderung für Fachkräfte, bisher insbesondere Pflegefachkräfte sowie Ärztinnen und Ärzte

Insbesondere in Schulen mit einem hohen Anteil an Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund wurden ca. 2.500 Personen mit Angeboten zur beruflichen Orientierung im Übergangsmanagement zwischen Schule und Beruf unterstützt. Mit dem Ausbildungscoaching wurden Jugendliche zudem individuell beim Übergang in den Beruf begleitet. Die Angebote sind in den „Maßnahmenkatalog – Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen“, der im Rahmen des Hannoverschen Übergangsmanagements (HÜM) von der Schulverwaltung herausgegeben wird, integriert.
Hinzu kommen stadtteilorientierte Projekte wie zum Beispiel „SpielWelten“, die Umgestaltung des Spielplatzes „Davenstedterstr./Beethovenstr.“ zu einem interkulturellen Lern- und Begegnungsort - einem Lernort der Zukunft. In diesen Projekten wird die lebendige Vielfalt im Quartier aufgegriffen. Gemeinsam mit Leidenschaft, Spaß und Neugierde sind nicht nur die ALBuM-Partner sondern auch Kinder, Jugendliche sowie Nachbarinnen und Nachbarn vieler verschiedener Kulturen an der Umsetzung beteiligt.

Die Angebote werden z. B. in Kooperation mit dem Jobcenter Region Hannover, der Agentur für Arbeit Hannover, der Region Hannover (vor allem der Beschäftigungsförderung), der Industrie- und Handelskammer Hannover, den Migrationsberatungsstellen, den Jugendmigrationsdiensten sowie mit anderen Migrantenselbstorganisationen und Bildungseinrichtungen entwickelt und umgesetzt.
Bei den bisherigen Geldgebern, wie dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge oder der Region Hannover ist das Netzwerk als fachlich kompetenter Akteur mit verlässlicher verwaltungstechnischer Abwicklung anerkannt.


3. Ziele der Arbeit des Netzwerkes ALBuM

Die Stadt will mit dem Netzwerk die integrationspolitische Diskussion in Hannover weiter bereichern, Entwicklungsimpulse für integrationspolitische Angebote bieten und langfristig über die Arbeit der Koordinationsstelle eine dynamische Projektlandschaft sichern, die im Sinne des Lokalen Integrationsplans die Teilhabechancen aller Beteiligten und das Zusammenleben in der Stadt verbessert.

· ALBuM ist ein Netzwerk verschiedener Partnerinnen und Partner, das im Sinne des Mottos „Gemeinsam interkulturelle Stärken leben!“ im Wirtschaftsraum Hannover integrationspolitisch arbeitet.
· Innovation und Kreativität sind Kriterien, die leitend für gemeinsame Projekte sind. Im Netzwerk wird regelmäßig über Fortschritte hinsichtlich der Ziele reflektiert. Im Rahmen von ALBuM werden vorhandene Projekte / Programme weiterentwickelt und neue angestoßen. Dabei greift ALBuM Impulse aus dem Dialog mit Politik und Verwaltung auf und stößt Aktivitäten an.

· ALBuM ist ein positives Modell für eine gelungene Arbeitsform verschiedener Partnerinnen und Partner in einer multikulturellen Gesellschaft.
· Die Zusammenarbeit der verschiedenen Mitglieder im Netzwerk ALBuM und die Arbeit mit der jeweiligen Zielgruppe in den ALBuM-Angeboten basiert auf gegenseitigem Respekt, Anerkennung, Wertschätzung und Vertrauen.
· Alle Mitglieder wollen sich im Rahmen der Netzwerkarbeit weiterentwickeln und sind offen für Anregungen der anderen Mitglieder. Dabei sind alle bemüht ihre Einrichtungen interkulturell zu öffnen.
Integration wird als ein Prozess der Menschen mit und ohne Migrationshintergrund verstanden, der einen gemeinsamen Dialog sowie gemeinsames Lernen und Arbeiten beinhaltet, um das Zusammenleben in Hannover positiv zu gestalten.

Die Arbeit unterteilt sich dabei in zwei zentrale Säulen:

1. Gemeinsame Projekte, die Qualifizierungs-, Beratungs- und Unterstützungsangebote bieten.
2. Gemeinsame Information und Sensibilisierung zum Beispiel durch Fachveranstaltungen (Veranstaltungsreihe „ALBuM-Blickwechsel“), um den Prozess des interkulturellen Miteinanders im Sinne des Lokalen Integrationsplans aktiv voranzutreiben.


4. Struktur des Netzwerkes ALBuM

Über die Inhalte und Strategien der Arbeit entscheiden alle Partnerinnen und Partner des Netzwerks gleichberechtigt. Sie stimmen sich darüber regelmäßig ab und greifen aktuelle Entwicklungen und Anregungen von strategischen Partnerinnen und Partnern auf.

Die Verantwortung für die operative Arbeit mit und für die verschiedenen Zielgruppen in den Projekten übernehmen die beteiligten Bildungsträger und die Migrantenorganisationen. Die Partnerinnen und Partner beteiligen sich an den gemeinsam entwickelten ALBuM-Projekten, in dem sie ihre jeweiligen Kompetenzen und qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Arbeit einbringen. Die Umsetzung erfolgt möglichst in sogenannten Partner-Tandems, die dabei jeweils aus einer Migrantenorganisation und einer Bildungseinrichtung bestehen. Eine besondere Stärke des ALBuM-Netzwerks liegt dadurch darin, dass die Zielgruppe in besonders hohem Maße erreicht werden kann. Die Vielfalt im Netzwerk führt dazu, dass kreative und bedarfsorientierte Konzepte entstehen, dass der Zugang zur Zielgruppe auf verschiedenen Wegen erfolgt und dass die Akzeptanz der Angebote bei den verschiedenen Zielgruppen besonders hoch ist.

Die laufenden Geschäfte des Netzwerks führt die Koordinationsstelle ALBuM. Sie

· koordiniert und unterstützt die Partnerinnen und Partner bei Antragstellung für gemeinsame Netzwerkprojekte

· übernimmt im Rahmen der Netzwerkprojekte die Gesamtprojektleitung und damit das Projekt- und Finanzcontrolling
· begleitet und berät die Partnerinnen und Partner
· bildet eine Brücke und eine Schnittstelle der Partnerinnen und Partner in die Verwaltung und zu anderen Akteurinnen und Akteuren auf regionaler (z.B. strategische Partnerinnen und Partner) und überregionaler Ebene (z.B. Förderer)
· übernimmt die Öffentlichkeitsarbeit für das Netzwerk ALBuM, z.B. über Newsletter, Flyer, Veranstaltungen u. ä.

Die verschiedenen Angebote der Partnerinnen und Partner in den ALBuM-Projekten werden in der Umsetzung miteinander vernetzt. Durch einen regelmäßigen Austausch zu den Entwicklungen und Erfahrungen sowie den jährlichen Reflexionstreffen aller Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter werden die Projekte zudem im Laufe der jeweiligen Laufzeit weiterentwickelt.

Es hat sich als besonders wichtig herausgestellt, dass die operative Umsetzung von Angeboten und die Koordination nicht in einer Hand liegt, da die neutrale Rolle der Koordinationsstelle die vertrauensvolle Zusammenarbeit im Netzwerk stützt und von den Geldgebern als sehr wichtig angesehen wird.


5. Konkrete Projektansätze des ALBuM-Netzwerks

In den letzten zehn Jahren wurden aus dem Netzwerk heraus sieben in der Regel mehrjährige Projekte initiiert und durchgeführt. Die erforderlichen Mittel dafür wurden über unterschiedliche Fördermöglichkeiten der EU, des Bundes, des Landes oder anderen Förderern eingeworben. Es wurden keine zusätzlichen städtischen Mittel für diese Maßnahmen in Anspruch genommen.

Im Folgenden werden mit der „berufsbezogenen Deutschförderung“ (ESF-BAMF) und dem Projekt „Vielfalt-Inklusion-Perspektiven: ALBuM-VIP“ zwei Projekte vorgestellt.

5.1 Deutsch für den Beruf für Migrantinnen und Migranten (ESF-BAMF-Programm)

Unter Federführung der Koordinationsstelle ALBuM bieten die ALBuM-Kooperationspartner zusammen mit fünf regionalen Volkshochschulen in der Region Hannover seit 2009 Deutschkurse an, die die Brücke zwischen der allgemeinen Förderung im Rahmen der Integrationskurse und der beruflichen Qualifizierung bilden. Die Umsetzung der Kursangebote über das Netzwerk ALBuM ist zurzeit bis Ende 2017 gesichert.

Die Kurse bestehen in der Regel aus vier Teilen:

· berufsbezogenem Deutschunterricht
· Fachunterricht
· Praktikum
· Betriebsbesichtigungen

Das zentrale Ziel ist es, dass arbeitslose Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach einem Kurs ihre Deutschkenntnisse und ihre fachlichen Kompetenzen verbessert haben, so dass Sie leichter eine Arbeitsstelle oder einen Ausbildungsplatz finden bzw. dem Unterricht in einer Weiterbildungsmaßnahme besser folgen können. Seit Anfang 2012 können auch Personen aus dem ESF-Bundesprogramm „Bleibeberechtigte und Flüchtlinge“ aufgenommen werden.

Das Programm richtet sich aber auch an berufstätige Menschen mit Migrationshintergrund, die durch verbesserte Deutschkenntnisse ihre beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten steigern und ihren Arbeitsplatz sichern wollen. Ausgangspunkt für die passgenauen Kursangebote sind die Vorkenntnisse und beruflichen Vorstellungen der potentiellen Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Inzwischen haben über 80 Kurse mit knapp 1.600 Teilnehmerinnen und Teilnehmern stattgefunden.

5.1.1 Kurse für arbeitslose Teilnehmerinnen und Teilnehmer

In den Kursen für arbeitslose Teilnehmerinnen und Teilnehmer wird sowohl nach dem Sprachniveau als auch nach Berufsfeldern differenziert. Bisher wurden folgende fünf Kursangebote realisiert:

1. Deutsch für gewerblich-technische Berufe
2. Sprache und Bildung für den Dienstleistungsbereich
3. Deutsch für das Büro / die Verwaltung
4. Deutsch für die Pflege und den Erziehungsbereich
5. Deutsch zur beruflichen Orientierung

Die berufliche Orientierung wird auch für Personen mit geringen Deutschkenntnissen (unter Stufe A 2) angeboten. Für die Teilnahme an den berufsfeldspezifischen Angeboten ist zumindest das A 2 - Niveau (d.h. die Person kann sich in einfachen, routinemäßigen Situationen verständigen, in denen es um einen einfachen und direkten Austausch von Informationen über vertraute und geläufige Dinge geht) erforderlich.

Durch die Differenzierung nach Berufsfeldern kann der Fachunterricht aus allgemeiner und spezieller Berufskunde und Bewerbungstraining bestehen. Dieser wird mit dem Deutschunterricht und mit einer praktischen Tätigkeit verzahnt. So kann das Gelernte erprobt und praxisnah erweitert werden.

Bis März 2015 wurden vom Jobcenter, der Agentur für Arbeit und dem Träger des Bleiberechtsprojektes insgesamt knapp 3.000 arbeitslose Personen für das Programm gemeldet. Darüber hinaus haben bisher 150 Personen an den Beschäftigtenkursen teilgenommen, bei denen die Anmeldung entweder über den Arbeitgeber erfolgte oder auf Selbstinitiative der Teilnehmenden zurückzuführen ist (vgl. Abschnitt 5.1.2).

Zur Teilnehmerstruktur lässt sich folgendes festhalten:
· Anteil Frauen: 54%
· Anteil Personen aus der Stadt Hannover: 55%
· Anteil Personen unter 25 Jahre: 9%
· Anteil Personen 50 Jahre und älter: 11%
· Der Altersdurchschnitt liegt bei 37,3 Jahren

Etwa 60 % der Teilnehmerinnen und Teilnehmer verfügen vor Beginn des Deutschkurses über ein Deutschniveau, das nach dem europäischen Referenzrahmen dem A 2-Niveau oder darunter entspricht. 37 % verfügen über B 1-Niveau oder höher. Ab 2015 muss mindestens das A 1-Niveau vorliegen, damit die Zielgruppe an den ESF-BAMF-Kursen teilnehmen kann.




Bisher haben in der Region Hannover 1.142 Personen einen Kurs im Rahmen des ESF-
BAMF-Programms abgeschlossen und 157 befinden sich in aktuell laufenden Kursen. 126 Personen haben bisher an mehr als einem Kurs teilgenommen, da sie ihre Deutschkenntnisse z.B. nach einem Kurs zur beruflichen Orientierung in einem berufsfeldspezifischen Kurs vertieft haben.

244 Personen haben den Kurs vorzeitig abgebrochen. Davon 28 %, weil sie während des laufenden Kurses eine Arbeit aufgenommen, knapp 10 %, weil sie eine Ausbildung, Umschulung oder andere Qualifizierung begonnen haben. 20 % der Abbrüche erfolgen krankheitsbedingt.

Seit Oktober 2011 findet zum Abschluss der berufsbezogenen Deutschkurse eine standardisierte schriftliche Befragung der Teilnehmenden statt. In der aktuellen Auswertung sind die Ergebnisse der Kurse eingeflossen, die bis zum 20. Juni 2014 abgeschlossen wurden. Insgesamt sind die Ergebnisse von 491 Personen eingeflossen.

Etwa die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer lebt seit mehr als fünf Jahren in Deutschland. 10 % leben weniger als zwei Jahre in Hannover. Das bedeutet, es werden bisher auch in einem recht hohen Maße Personen erreicht, die schon längere Zeit in Deutschland leben.

Die Streuung hinsichtlich der Herkunftsländer ist sehr breit. Insgesamt haben Personen aus 60 verschiedenen Herkunftsländern teilgenommen. Die größte Gruppe bilden Personen aus Russland (32 Teilnehmende), Polen (29), der Türkei (28 Teilnehmende) und aus dem Iran (26). Bis auf eine Ausnahme – Beschäftigtenkurs für spanische Pflegekräfte – sind in keinem der ausgewerteten Kurse mehr als drei Personen aus einem gemeinsamen Herkunftsland vertreten.

Die Rahmenbedingungen in den Kursen wurden von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gut bewertet. Das gilt sowohl für die räumlichen Voraussetzungen (Durchschnittsnote für den Unterrichtsraum und EDV-Raum liegt bei 1,8 bei einer Skala von 1 (= sehr gut) bis 4 (=sehr schlecht)) als auch für die eingesetzten Unterrichtsmaterialien (Durchschnittsnote 1,6).

Die Vorbereitung auf das Arbeitsleben wird von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern positiv bewertet (Durchschnitt 2,1). 79 % der befragten Teilnehmerinnen und Teilnehmer geben zum Abschluss des Kurses an, dass er für ihre berufliche Zukunft nützlich war, und 69 %, dass sie nach dem Kurs konkrete berufliche Ziele haben.

Für die Bewertung von besonderem Interesse sind die beruflichen Aussichten der Teilnehmenden. Immerhin 19 % der Teilnehmerinnen und Teilnehmer geben an, dass sie zum Abschluss des Kurses eine Arbeit gefunden haben. In den Orientierungskursen bleiben die Ergebnisse etwas hinter den Bewertungen der berufsfeldorientierten Angebote zurück. 31 % der befragten Teilnehmerinnen und Teilnehmer geben an, dass sie demnächst mit einer Qualifizierung, Ausbildung bzw. Umschulung beginnen werden.

5.1.2 Beschäftigtenkurse

Eine weitere Zielgruppe des Programms sind beschäftigte Menschen mit Migrationshintergrund, die zusätzliche Deutschkenntnisse benötigen, um ihren Arbeitsplatz zu sichern und sich beruflich weiterentwickeln zu können. Die Angebote werden inhaltlich in enger Abstimmung mit den Beschäftigten und / oder ihren Arbeitgebern entwickelt. Seit 2015 sind allerdings keine reinen Beschäftigtenkurse mehr förderfähig.


In diesem Angebotsbereich wurden in der Region Hannover zwischen 2012 bis 2014 verstärkt Kurse realisiert. Bisher sind folgende Angebotsformen entwickelt und umgesetzt worden:

1. „Deutsch für Beschäftigte“
a) mit Beschäftigten aus unterschiedlichen Unternehmen und Branchen
b) unternehmens- und / oder branchenspezifisch
2. „Kommunikationstraining für internationale Ärztinnen und Ärzte“
3. ausbildungsbegleitende Deutschförderung

Bei all diesen Kurstypen handelt es sich um sehr spezifische Angebote, die speziell auf die Bedarfe und Rahmenbedingungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie der Arbeitgeber zugeschnitten sind. Das betrifft sowohl die Inhalte als auch die Organisation des Kursangebots. Inwieweit sich die neuen Förderbedingungen (ab 2015) auswirken bleibt abzuwarten.

5.2 „Vielfalt – Inklusion – Perspektiven: ALBuM-VIP"

Das Netzwerk ALBuM hat im Rahmen des XENOS-Programms „Integration und Vielfalt“ von 2012 bis Ende 2014 das Projekt „Vielfalt – Inklusion – Perspektiven: ALBuM-VIP" umgesetzt. Jungen Menschen gute Bildung und Ausbildung sowie eine gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen, das sind die wichtigsten Ziele, die mit diesem Projekt erreicht werden sollten. Die Erfahrungen vieler Jugendlicher im Schulsystem und in der Gesellschaft sind gekennzeichnet von Misserfolgen und Missverständnissen, so dass es für eine berufliche Integration wichtig ist, ihnen andere Erfahrungen zu ermöglichen und Perspektiven aufzuzeigen. Das gilt im besonderen Maße für Jugendliche mit Migrationshintergrund.

Das Angebot umfasst zum einen Aktivitäten, die auf die individuelle Stärkung und Unterstützung der Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen setzen und deren soziales Umfeld einbeziehen. Zu nennen sind hier vor allem folgende zwei Teilprojekte

· „Jugend hat Perspektive (JuhaP)“: Angeboten werden verschiedene Bausteine für die Begleitung Jugendlicher auf ihrem Weg in die Berufswelt, die in Kooperation mit Schulen realisiert werden (Schnittstelle zum Hannoverschen Übergangsmanagement (HÜM)).
· „Übergänge im Stadtteil“: Mit diesem Teilprojekt setzen wir auf die stadtteilorientierte Vernetzung von vielfältigen, wohnortnahen und niedrigschwelligen Angeboten, die vor allem im Stadtbezirk Linden-Limmer jungen Menschen und jungen Familien (neue) Bildungswege eröffnen.

Der zweite Angebotsbereich umfasst Aktivitäten, die auf eine strukturelle Anpassung in den bestehenden Systemen der Verwaltung, der Institutionen und der Betriebe abzielen. Dazu gehören die Teilprojekte

· „Kompetenzen stärken – Strukturen verändern“: Mit dem Angebot werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Jobcenters und der ProAktivCenter (PACE) Qualifizierungen angeboten, um sie bei der Vermittlung benachteiligter (junger) Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in Ausbildung zu unterstützen.


· „Engagement und Vielfalt stärken“: Angeboten werden Fortbildungen für Migrantenselbstorganisationen und der Dialog mit NGOs, die zur Stärkung des Selbsthilfepotenzials beitragen und die Migrantenselbstorganisationen in ihrer Rolle als Brücke zur Integration unterstützen. Angesprochen werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in NGOs, vor allem in Migrantenselbstorganisationen.
· „Diversity Management in der Ausbildung“ zur Unterstützung und Begleitung von Unternehmen. Ein wichtiges Ziel ist es, die Vielfalt, die sich in der Gesellschaft widerspiegelt auch durch gezielte Personalpolitik im Sinne von Chancengerechtigkeit in die Unternehmen zu bringen und diese Vielfalt dann auch im Sinne der Ziele des Unternehmens zu nutzen. Vielfalt meint nicht nur verschiedene Nationalitäten, sondern auch Lebensstile, religiöse Auffassungen, sexuelle Identitäten, Alter, Behinderungen und mehr.

Insgesamt haben ca. 4.500 Personen die verschiedenen Angebote genutzt. Besonders wichtig war es, dass die Angebote nicht "von der Stange" kamen, sondern das die inhaltlichen Planungen auf den Bedarfen der Zielgruppe basierte und diese im Prozess auch aktiv eingebunden wurden. Für die weitere Netzwerkentwicklung besonders bedeutend ist es, dass es im Laufe des Projektes gelungen ist, den Dialog und die Zusammenarbeit mit ArbeitgeberInnen (Unternehmen und Verwaltungen) deutlich zu intensivieren.


6. Ausblick und Perspektiven für die weitere Arbeit

Zur Sensibilisierung der Stadtgesellschaft und bei der Öffentlichkeitsarbeit wird das ALBuM-Netzwerk bewährte Ansätze fortführen und weiterentwickeln. D.h.

· die Präsentation von Angeboten und Informationen zum Thema Integration und Teilhabe im Internet über die eigene Homepage www.album-hannover.de

· die Fortsetzung der Veranstaltungsreihe "ALBuM-Blickwechsel" in der unabhängig von laufenden Projekten relevante integrationspolitische Themen aufgegriffen, Informationen aufbereitet und eine Diskussion angestoßen wird

· die Fortsetzung des HaDi-Netzwerkes (Hannoversches Diversity Netzwerk), um Unternehmen aus dem Wirtschaftsraum Informationen und Anregungen zum Thema Diversity Management sowie eine Plattform für den Austausch mit anderen Unternehmen zu bieten.

Die Fortsetzung des Programms der berufsbezogenen Deutschförderung (ESF-BAMF-Programm) ist gesichert, so dass mit den Partnerinnen und Partnern die lückenlose Fortsetzung der berufsbezogenen Deutschförderung in der Region Hannover möglich ist.

Außerdem hat sich das Netzwerk ALBuM für die neue Förderperiode (2014 – 2020) an verschiedenen Ausschreibungen für die neue EU-Förderprojekte beteiligt, was neue Perspektiven für die Netzwerkarbeit eröffnet. Die Entscheidungen seitens der Förderer stehen für die nächsten Monate an:

· Mit dem Projekt „Hannover im Dialog - Wissen und Erfahrung verbindet“ soll der interkulturelle Dialog und der Aufbau von „Brücken“ zu bestehenden Systemen und Angeboten weiterentwickelt werden, um mehr Teilhabe zu ermöglichen und die Kompetenzen der Zielgruppe einzubeziehen.
· Mit dem Projekt „ALBuM-Integrationsmanagement für junge Menschen“ soll eine Qualifizierungskette für junge Menschen (18 bis 35 Jahre) abgebildet werden, die auf bestehenden Angeboten aufbaut, um Sie gezielt in Ausbildung oder Arbeit zu integrieren bzw. ihnen das Nachholen des Schulabschlusses zu ermöglichen.

Nach zehn Jahren gemeinsamer Arbeit im Netzwerk ALBuM ist es den Partnerinnen und Partnern sehr wichtig, das Netzwerk als Struktur – unabhängig bzw. begleitend zur Projektarbeit – weiter voranzubringen. Das gilt zum einen quantitativ durch den Dialog und die Zusammenarbeit mit Bildungseinrichtungen und Migrantenorganisationen. Zum anderen geht es aber auch um folgende inhaltliche und qualitative Aspekte:

· Verbesserung der Transparenz des Integrationsangebots
· stärkere Verzahnung bestehender Angebote und Förderung der Übergänge
· Förderung des interkulturellen Miteinanders und Impulse für die Gestaltung dieses Prozesses

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

In der bisherigen Arbeit wurde ein Diversity Konzept entwickelt, das sich in dem Motto „Gemeinsam interkulturelle Stärken leben!“ ausdrückt und Gender Mainstreaming mit einschließt. Für das Netzwerk ALBuM richtet sich das Augenmerk einer differenzierten Betrachtung im Sinne des Gender Mainstreamings unweigerlich sowohl auf die Strukturen, die geschlechterspezifische Benachteiligungen nach sich ziehen als auch die, die Menschen mit Migrationshintergrund, ohne anerkannte Schul- oder Berufsabschlüsse, oder aufgrund anderer Merkmale benachteiligen. Wir haben uns daher für ein Diversity-Konzept entschieden, dass nicht nur die Betrachtung nach dem Geschlecht differenziert, sondern auch nach den Kriterien wie Ethnie, Religion, Sprache, (Aus-) Bildung u.a.m.

Kostentabelle

Die „berufsbezogene Deutschförderung“ wird durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert. Bisher wurden an Fördermitteln 5,1 Mio. Euro über das Netzwerk ALBuM in der Region Hannover umgesetzt.

Die Verwaltung unterstützt dieses Projekt durch anteilige Personalkapazitäten der Sachgebietsleitung in der Koordinationsstelle, städtische Mittel werden bis zu einer Höhe von maximal 7.000 € aus den vorhandenen Haushaltsmitteln des Fachbereiches eingesetzt. Weitere Personalkapazitäten für die Bearbeitung des Projektes in der Koordinationsstelle werden über die Projektgelder refinanziert.

Das Projekt „Vielfalt-Inklusion-Perspektiven (ALBuM-VIP)“ wurde durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit mit Bundesmitteln und Mitteln des Europäischen Sozialfonds mit ca. 1,8 Mio. Euro gefördert.

Die Verwaltung unterstützt dieses Projekt durch anteilige Personalkapazitäten der Sachgebietsleitung der Koordinationsstelle (75 % einer Vollzeitstelle). Weitere Personalkapazitäten für die Bearbeitung des Projektes in der Koordinationsstelle werden über die Projektgelder refinanziert.

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

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Hannover / 07.04.2015