Informationsdrucksache Nr. 0673/2024:
Machbarkeitsstudie 4. Reinigungsstufe - Antrag in DS 1657/2022 - Vorstellung der Ergebnisse

Inhalt der Drucksache:

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Machbarkeitsstudie 4. Reinigungsstufe - Antrag in DS 1657/2022 - Vorstellung der Ergebnisse

Veranlassung und Auftrag

Mit dem gemeinsamen Antrag Nr. 1657/2022 von SPD-Fraktion und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „wird die Stadtentwässerung beauftragt, eine Machbarkeitsstudie für die Realisierung der vierten Reinigungsstufe bei den hannoverschen Klärwerksstandorten durchzuführen. Im Rahmen der Machbarkeitsstudie sollen die Realisierbarkeit an den Standorten, die jeweiligen Investitionsbedarfe für die einzelnen Verfahrenstechniken und deren Kombination sowie deren Betriebskosten und mögliche Förderungen geprüft werden. Die Ergebnisse der Studie sind im Betriebsausschuss vorzustellen.“



Begründung

„In der Abwasserreinigung steht die Reinigung von Spurenstoffen aktuell im Fokus und wird durch gesetzliche Maßnahmen verschiedener Ebenen vorangetrieben. Die Reinigung von Spurenstoffen ist insbesondere für die Nutzung des gereinigten Wassers von großer Bedeutung. Mit der Machbarkeitsstudie soll geklärt werden, ob die vierte Reinigungsstufe an den derzeitigen Klärwerksstandorten realisierbar ist und mit welchen Kosten die Errichtung und der Betrieb verbunden sind.“



Vorbemerkung
Die Entfernung von Spurenstoffen aus dem Ablauf von kommunalen Kläranlagen ist ein wesentliches Zukunftsthema der Abwasserreinigung. Bei Spurenstoffen handelt es sich in diesem Kontext um organische, anthropogene Substanzen, die sich selbst in ihrem niedrigen Konzentrationsbereich von μg/l oder ng/l auf die aquatische Umwelt auswirken. Die Stoffe können in aller Regel folgenden Stoffgruppen zu geordnet werden: Arzneimittelwirkstoffe und Metaboliten, Röntgenkontrastmittel, Estrogene, Pestizide, Korrosionsschutzmittel, Komplexbildner, perfluorierte Tenside, Synthetische Duftstoffe, Flammschutzmittel, Synthetische Süßstoffe, und weitere Industriechemikalien. Diese Substanzen stellen eine wesentliche Beeinträchtigung für die aquatische Umwelt dar, daher strebt die EU derzeit eine Einführung der 4. Reinigungsstufe auf kommunalen Kläranlagen in der Überarbeitung der „Richtlinie zur Behandlung von kommunalen Abwässern“ an.

Für die beiden Klärwerke Gümmerwald und Herrenhausen wurde ein Spurenstoffscreening im Zu- und Ablauf durchgeführt. Zusätzlich wurden stichprobenartige Untersuchung in der Leine durchgeführt. Untersucht wurde nach Spurenstoffliste A des Kompetenzzentrums Spurenstoffe Baden-Württemberg. Das Spurenstoffbild in den Zu- und Ablaufströmen entspricht in den weitesten Teilen dem von kommunalen Kläranlagen. In wenigen Stoffen wurden erhöhte Werte zu Vergleichswerten aus Baden-Württemberg festgestellt. Ähnliches gilt für die Untersuchungen in der Leine. Es wurden für wenige Substanzen Überschreitungen von Umweltqualitätsnormen, Orientierungswerten und Präventivwerten festgestellt. Jedoch lagen die Überschreitungen schon vor dem Eintritt in das Stadtgebiet vor.

In Deutschland gibt es bereits 51 Anlagen zur Entfernung von Spurenstoffen auf kommunalen Kläranlagen. Es haben sich Verfahren mit einer Oxidation der Spurenstoffe mit Ozon und einer biologischen Nachbehandlung oder Verfahren zur Adsorption an Aktivkohle bewährt. Für die Adsorption an Aktivkohle kommen grundsätzlich zwei Varianten in Betracht. Die erste Variation ist die Adsorption an Pulveraktivkohle (PAK). Es wird dem Abwasserstrom eine pulverförmige Aktivkohle zudosiert. Die Spurenstoffe lagern sich während der Kontaktzeit aufgrund von physikalischen Vorgängen an die Oberfläche der Aktivkohle an. Nach einer ausreichenden Kontaktzeit wird die Pulveraktivkohle unter Zugabe von Fällmitteln durch eine Filtration aus dem Abwasser entfernt. Die zweite Variante ist die Filtration über eine Aktivkohle als Granulat (GAK). Die Aktivkohle wird als festes Bett in einem Filter eingebracht und im Aufstrom oder Abstrom filtriert. Der Entfernungsmechanismus ist identisch zur Pulveraktivkohle. Sobald die Aktivkohle vollständig mit Spurenstoffen „beladen“ ist, wird die Aktivkohle aus dem Filter ausgebaut. Die Aktivkohle wird bei dem Hersteller thermisch regeneriert und kann anschließend wieder eingebaut werden. Der Filter muss regelmäßig oder kontinuierlich rückgespült werden, um ein Verstopfen bzw. Verblocken durch Feststoffe zu vermeiden. Bei einer Ozonung werden die Spurenstoffe oxidiert. Das bedeutet, die Spurenstoffe werden chemisch abgebaut/umgewandelt bzw. in nicht mehr gefährdende Produkte umgewandelt. Das Ozon wird vor Ort künstlich aus Sauerstoff hergestellt. Die entstehenden Produkte müssen anschließend einer biologischen Nachbehandlung zugeführt werden. Es werden hier z.B. biologisch aktive Sandfilter eingesetzt.

Auslegung
Ein wichtiges Thema ist die Fragestellung der Auslegungswassermenge für eine 4. Reinigungsstufe. Grundsätzlich kann von einer Teilstrombehandlung und einer Vollstrombehandlung gesprochen werden. In Deutschland und/oder Niedersachsen gibt es derzeit kein verbindliches Regelwerk in Bezug auf die Auslegungswassermenge. In den Bundesländern Baden-Württemberg und Nordrhein- Westfalen gibt es Empfehlungen und Beschreibungen zum dortigen Vorgehen zur Festlegung der Auslegungswassermenge. In der Schweiz gibt es bereits die Anforderung der 4. Reinigungsstufe und die Vorgabe zur Auslegung auf die Behandlungskapazität der biologischen Stufe. Nur bei gewichtigen Gründen kann hiervon abgewichen werden. Die Empfehlungen in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen weichen nicht stark voneinander ab. Jedoch im Fall des überwiegenden Trennsystems, wie in der Landeshauptstadt Hannover, gibt es abweichende Anforderungen. In Baden-Württemberg wird hier die Vollstrombehandlung angegeben. In NRW kann auch eine Teilstrombehandlung mit mind. 90 % Jahresabwassermenge, mind. die Jahresschmutzwassermenge und mind. der maximale Trockenwetterabfluss angesetzt werden, vorbehaltlich immissionsbezoger Anforderungen aus dem Gewässer.

Klärwerk Herrenhausen
Im Fall des Klärwerks Herrenhausen ergibt die Auslegung auf eine Teilstrombehandlung einen Durchfluss von 3.800 m³/h, das entspricht einen behandelten Anteil der Jahresabwassermenge von rd. 98 %. Der Anteil von 98 % ist bereits sehr hoch, erfüllt die Anforderung an die Teilstrombehandlung von z.B. den Auslegungsempfehlungen des Kompetenzzentrums Mikroschadstoffe NRW für ein überwiegendes Trennsystem von mind. 90 % der Jahresabflussmenge und der gesamten Jahresschmutzwassermenge. Für die Vollstrombehandlung wird eine Auslegungswassermenge von 7.200 m³/h erforderlich; das stellt eine enorme Steigerung im Vergleich zur Teilstrombehandlung dar. Die Steigerung führt für einige Anlagenteile zu einer linearen Vergrößerung. Derzeit gibt es in Deutschland lediglich die Vorgaben zur Festlegung der Auslegungswassermenge durch die Kompetenzzentren Spurenstoffe bzw. Mikroschadstoffe auf Nordrhein-Westfalen und Baden- Württemberg. Eine gesetzliche Vorgabe gibt es noch nicht. Zur endgültigen Festlegung der Auslegungswassermenge fehlen derzeit noch die Vorgaben und sind letztendlich auch mit der Unteren Wasserbehörde der Region Hannover (UWB) abzustimmen, dies kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht durchgeführt werden.

Im Rahmen der Studie wurden die Aufstellung für die Teilstrom- und Vollstrombehandlung auf dem Klärwerk Herrenhausen untersucht. Derzeit ist eine Fläche nördlich der Belebungsbecken vorgesehen. Aktuell wird auf dem Klärwerk Herrenhausen die Errichtung eines Kombibauwerks inkl. eines Hochwasserpumpwerks, der Bau einer Lagerhalle und eine Großwärmepumpe durch die Enercity koordiniert. Die Bauwerke werden ebenfalls nördlich der Belebungsbecken errichtet. Daher wird als Aufstellungsfläche der Bereich zwischen den neuen Bauwerken und den bestehenden Belebungsbecken gewählt. Die Grobauslegung bzw. Vordimensionierung der verschiedenen Verfahren der 4. Reinigungsstufe ergibt, dass die Aufstellung der Verfahren sowohl im Voll- als auch im Teilstrom möglich ist. Die Varianten der GAK-Filtration oder der Kombination aus Ozon und GAK werden im Vollstrom jedoch beengt möglich sein und der gekennzeichnete Bereich muss verlassen werden. Die Planung des Kombibauwerks inkl. Hochwasserpumpwerk beinhaltet auch einen Umbau des Ablaufbauwerks sowie Anschlussschächte (Annahme und Abgabe) für eine 4. Reinigungsstufe. Die Anbindung einer 4. Reinigungsstufe an die vorgesehenen Schächte ist möglich. Hierfür wird ein Schneckenhebewerk erforderlich.

Die Jahreskosten (Kapitalkosten + Betriebskosten) betragen im Teilstromverfahren zwischen 3,8 Mio. EUR/a und 5,0 Mio. EUR/a für einen Zeitraum von 30 Jahren, je nach Verfahren. Im Vollstromverfahren liegen die Kosten der verschiedenen Varianten zwischen 4,2 Mio. EUR/a und 6,7 Mio. EUR/a.

Die Nutzwertanalyse zur Bildung eines Vorzugsverfahrens im Teilstromverfahren ergab ein nahezu ähnliches Ergebnis für die Variante der GAK-Filtration und das PAK-Verfahren. Das PAK-Verfahren erzielte eine geringfügig bessere Bewertung. Grundsätzlich scheinen adsorptive Verfahren zielführender. Ein wesentlicher Vorteil des PAK-Verfahrens gegenüber der granulierten Aktivkohle ist die Zugabe von Fällmittel, die einen Synergieeffekt für die Phosphorelimination darstellen. Besonders vor dem Hintergrund der angestrebten Verschärfung des Pges-Grenzwerte durch die EU. Die Zugabe von Fällmitteln und die sichere Abscheidung über die Schlussfiltration im PAK-Verfahren verbessern und stabilisieren die Phosphorelimination bei niedrigen Grenzwerten. Ein Vorteil der GAK-Filtration ist, dass die Verfahrenstechnik im Betrieb zum Teil weniger fehleranfällig ist und reaktivierte Aktivkohle eingesetzt werden kann. Die reaktivierte Kohle ist weniger kostenintensiv, klimafreundlicher und ermöglicht eine, in gewissen Grenzen, Entkopplung von fossilen Rohstoffen im Vergleich zur PAK. Jedoch sind die Betriebserfahrungen einer GAK im Kontext der 4. Reinigungsstufe noch nicht so weitgehend wie bei dem PAK-Verfahren. Allerdings nimmt die Zahl der Anlagen mit GAK stärker zu. Ein zentraler Punkt für die Stadtentwässerung Hannover ist die Möglichkeit der Phosphorelimination vor einer granulierten Aktivkohle. In der jüngeren Vergangenheit gab es hier positive Berichte über die Möglichkeit eine P-Fällung vor der GAK durchzuführen. Jedoch fehlen noch Erkenntnisse über Langzeitauswirkungen und der großtechnische Einsatz. Sollte eine P-Fällung vor einer GAK ohne größere negative Auswirkungen auf die Behandlungskosten möglich sein, rückt die GAK-Filtration im Teilstrom für das Klärwerk Herrenhausen wesentlich stärker in den Fokus. Die Möglichkeit der P-Elimination stellt aus Sicht des Eigenbetriebes einen der wesentlichsten Faktoren zur Auswahl des Verfahrens im Teilstrom dar. Im Vollstrom dagegen scheint aus Platz- und Kostengründen in der derzeitigen Analyse die günstigere Variante das PAK-Verfahren zu sein.

Im weiteren Vorgehen sollte die Verfahrenseignung empirisch weiter abgeklärt werden. Hierzu können Batch-Versuche im Labormaßstab erfolgen, größere Pilotierungen werden für die „standardisierten“ Verfahren in der Regel nicht erforderlich. Die Versuche müssen Erkenntnisse über die Leistungsfähigkeit der Verfahren zur Spurenstoffelimination sicherzustellen. Des Weiteren sollten Einsatzmengen und Auslegungsparameter verifiziert werden, damit vorliegende Kostenberechnungen evtl. ergänzt werden können. Außerdem werden weitergehende Spurenstoffuntersuchungen empfohlen, um weitere Einflüsse bei Regenwetter abschätzen zu können und ggf. auftretende jahreszeitliche Schwankungen zu identifizieren. Die Erkenntnisse können sich stark auf Betrachtungen und Festlegungen in Bezug auf die Varianten der Auslegungswassermenge auswirken. Hinsichtlich der Auslegungswassermenge fehlen jedoch noch klare geltende Vorgaben. Eine frühzeitige Abstimmung mit der Unteren Wasserbehörde der Region Hannover (UWB) und Abstimmungen hinsichtlich zu erstellender Studien auf Behördenseite (z.B. UWB) sind im weiteren Vorgehen sinnhaft.

Klärwerk Gümmerwald
Auf dem bestehenden Gelände des Klärwerks Gümmerwald ist derzeit keine Aufstellung einer 4. Reinigungsstufe möglich. Für eine Erweiterung des Klärwerksgeländes kommen Flächen im Norden und Osten in Frage, da sie nahe der Nachklärung und des Ablaufs sind. Das Klärwerk Gümmerwald liegt in mitten eines Landschaftsschutzgebiets. Die Fläche nördlich des Klärwerks weist zusätzlich auch den Status eines FFH Gebietes auf und hat damit einen besonderen Schutzstatus. Dieser Schutzstatus ist derart hoch, dass eine Umwidmung des Gebietes nicht möglich ist. Die Fläche östlich des Geländes ist nur Landschaftsschutzgebiet, eine Umwidmung wäre möglich. Zusätzlich zur 4. Reinigungsstufe muss in diesem Bereich auch die mechanische Reinigungsstufe neugebaut werden. Es wird daher beschlossen, in der Studie die Fläche östlich des bestehenden Geländes zu betrachten.

Sollten die Vorgaben der Teilstrombehandlung für das Klärwerk Gümmerwald angesetzt werden, ergibt sich eine Auslegungswassermenge von 4.800 m³/h. Mit dieser Auslegungswassermenge ergibt sich ein behandelter Anteil an der Jahresabflussmenge von rd.99 %. Im Vollstrom würde die Auslegungswassermenge 7.200 m³/h betragen. Die Auslegung im Vollstrom führt zu einer deutlich größeren Anlagentechnik. Grundsätzlich müssen in Abstimmung mit den zuständigen Wasserbehörden auch immissionsbezogenen Faktoren im Gewässer berücksichtigt werden und die Auslegungswassermenge festgesetzt werden, dies kann zu einer Auslegung im Vollstrom führen.

Ein wesentlicher Schritt für die Einführung einer 4. Reinigungsstufe auf dem Klärwerk Gümmerwald stellt die Ertüchtigung der Nachklärbecken dar. Die Nachklärbecken weisen einen schlechten Zustand des Bauwerks sowie, aufgrund der mangelnden Tiefe, eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit in Bezug auf die Feststoffabscheidung auf. Der zum Teil erhöhte Feststoffabtrieb stellt, besonders für die Filtration über granulierte Aktivkohle, einschränkende Faktoren dar. Im derzeitigen Fall ist eine zusätzliche Vorfiltration im Fall der granulierten Aktivkohle zu erwägen. Die Nachklärbecken können über eine Erhöhung der Beckentiefe ertüchtigt werden. Eine Erhöhung der Beckentiefe würde ein Hebewerk erfordern, damit das Abwasser aus dem Belebungsbecken in die Nachklärung gelangen kann. Für die Errichtung der 4. Reinigungsstufe ist ebenfalls ein Hebewerk erforderlich. Es wird daher dringend empfohlen, die Planung zur Ertüchtigung der Nachklärung und die Planung einer 4. Reinigungsstufe stark aufeinander abzustimmen oder zumindest teilweise in einem Projekt zu bearbeiten, um, soweit technisch möglich, die Errichtung von zwei Hebewerken zu vermeiden.

In der vorliegenden Studie wurden insgesamt vier Verfahren jeweils in der Teil- und Vollstrombehandlung untersucht. Die vier Verfahren sind die beschriebene Ozonung mit Sandfiltration, die Filtration über granulierte Aktivkohle, ein PAK-Verfahren und die Kombination aus Ozonung mit GAK-Filtration. Jedes der untersuchten Verfahren kann im Teilstrom und im Vollstrom auf der Fläche östlich des Klärwerk Gümmerwald errichtet werden. Die Fläche übersteigt mit vorläufigem Platzhalter für mechanische Reinigungsstufen den Platzbedarf für die neu zu errichtenden Anlagenteile. In den Aufstellungen der Studie wurde vorsorglich ein Schneckenhebewerk vorgesehen. Wie bereits erläutert, kann ggf. im Zuge der Ertüchtigung der Nachklärbecken eine Synergie erreicht werden. Für die Aktivkohlefiltration wurde platztechnisch auch eine Vorfiltration berücksichtigt. In den Kosten wurde diese nicht berücksichtigt, da der derzeitige Zustand der Nachklärung kein Bemessungszustand darstellen kann und eine faire Bewertung der Verfahren gewährleistet werden soll. Zum Verfahrensvergleich wurde eine Nutzwertanalyse erstellt, um auch nicht monetäre Faktoren zu bewerten, wie z.B. Treibhausgasemissionen, Arbeitsschutz, Wartung, Spurenstoffelimination etc.. Im Teilstromverfahren ergibt die Nutzwertanalyse ein enges Ergebnis. Die Verfahren der PAK und GAK liegen nahezu identisch vorne. Der Vorteil der PAK gegenüber der GAK ist minimal. Auch die Ozonung liegt mit geringem Abstand hinter den Aktivkohleverfahren. Von besonderer Bedeutung ist auch hier die Phosphorfällung vor dem GAK-Filter. Sollte es möglich sein, eine P-Fällung vor einer GAK-Filtration ohne negative Auswirkung auf die Reaktivierbarkeit und Rückspülhäufigkeiten, bzw. auf die entstehenden Betriebskosten, zu realisieren, gewinnt die GAK-Filtration an Vorzügen im Teilstromverfahren. In der PAK-Filtration ist eine Dosierung von Fällmittel zur Abtrennung bereits vorhanden und es können Synergien in Bezug auf die P-Elimination erzielt werden. Jedoch ist die Verfahrenstechnik einer PAK-Anlage wartungsintensiver und wird zum Teil als störanfälliger beschrieben. Im Vollstromverfahren liegt das PAK-Verfahren deutlicher vor den anderen Verfahren und besonders der GAK. Ursächlich hierfür ist der Kostenvorteil im Vollstromverfahren gegenüber der granulierten Aktivkohle.

Die Kostenberechnung hat ergeben, dass die Jahreskosten (Kapitalkosten + Betriebskosten) im Teilstromverfahren für eine 4. Reinigungsstufe zwischen 4,5 Mio. EUR./a und 6,2 Mio. EUR/a, je nach Verfahren, betragen. Die Nutzungsdauer wurde auf 30 Jahre festgelegt. Sollte eine Vollstrombehandlung erforderlich werden belaufen sich die Kosten 5,0 Mio. EUR/a bis 7,6 Mio. EUR/a.

Grundsätzlich scheinen die adsorptiven Verfahren an Aktivkohle auch für das Klärwerk Gümmerwald, nach derzeitigen Wissenstand, zielführender zu sein. Im weiteren Vorgehen sollte die generelle Verfahrenseignung abgeklärt werden. Hierzu empfehlen sich Laborversuche, um die Eliminationsleistung festzustellen und auch um gewählte Auslegungsparameter zu verifizieren und ggf. anzupassen. Eine Pilotierung vor Ort ist für die Standardverfahren in der Regel nicht erforderlich. „Batchversuche“ im Labormaßstab können ausreichend sein. Außerdem werden weitergehende Spurenstoffuntersuchungen empfohlen, um weiter Einflüsse bei Regenwetter abschätzen zu können und ggf. auftretende jahreszeitliche Schwankungen zu identifizieren. Die Erkenntnisse können sich stark auf Betrachtungen und Festlegungen in Bezug auf die Varianten der Auslegungswassermenge auswirken. In Bezug auf die Auslegungswassermenge fehlen jedoch noch klare geltende Vorgaben. Auch hier ist eine frühzeitige Abstimmung mit der UWB (s.o.) sinnvoll. Außerdem sollte die Planung der Ertüchtigung und die weitere Planung zur 4. Reinigungsstufe weiter aneinander gekoppelt werden. Außerdem wird ein zentraler Baustein zur Einführung der 4. Reinigungsstufe die Möglichkeit der Beschaffung der Fläche östlich des Klärwerks Gümmerwald sein. Mit dem Verfahren der Beschaffung und Nutzbarmachung sollte frühzeitig begonnen werden. Es wird mit einer mehrjährlichen Bearbeitungszeit gerechnet.







Weiteres Vorgehen
Nach Vorgaben der - in Überarbeitung befindlichen - Richtlinie zur Behandlung von kommunalem Abwasser wird für die Einführung von 20 % der Anlagen über 200.000 EW ab Ende 2035 eine Viertbehandlung verlangt. Im weiteren Vorgehen sollte die Bedarfsplanung (HOAI-Leistungsphase 0) weiter vorangetrieben werden. Die Rahmenbedingungen, welche sich derzeit parallel durch gesetzliche Vorgaben sowie weitere Erkenntnisse zu den Technologien entwickeln, sollten mit in die Bedarfsplanung der Stadtentwässerung Hannover aufgenommen werden. Detaillierte Planungsleistungen nach den Vorgaben der HOAI sollten möglichst nach einer vollständigen Bedarfsplanung erfolgen, damit die Rahmenbedingungen für die Planung vollständig klar sind.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Aussagen zur Geschlechterdifferenzierung gemäß Beschluss des Rates vom 03.07.2003 (siehe Drucksache Nr. 1278/2003) sind im Falle dieser Drucksache nicht relevant.

Auswirkungen auf den Klimaschutz

Die Klimawirkungsprüfungen sind in den Schritten im Anschluss an diese Studie vorzunehmen.

Kostentabelle


Klärwerk Herrenhausen (500 000 Einwohnergleichwerte)
Die Jahreskosten (Kapitalkosten + Betriebskosten) für eine 4. Reinigungsstufe betragen im Teilstromverfahren zwischen 3,8 Mio. EUR/a und 5,0 Mio. EUR/a für einen Zeitraum von 30 Jahren, je nach Verfahren. Im Vollstromverfahren liegen die Kosten der verschiedenen Varianten zwischen 4,2 Mio. EUR/a und 6,7 Mio. EUR/a.
Klärwerk Gümmerwald (750 000 Einwohnergleichwerte)
Die Jahreskosten (Kapitalkosten + Betriebskosten) betragen im Teilstromverfahren zwischen 4,5 Mio. EUR./a und 6,2 Mio. EUR/a, je nach Verfahren. Die Nutzungsdauer wurde auf 30 Jahre festgelegt. Sollte eine Vollstrombehandlung erforderlich werden, belaufen sich die Kosten 5,0 Mio. EUR/a bis 7,6 Mio. EUR/a.

68 .S
Hannover / 28.03.2024