Drucksache Nr. 0472/2021 F1:
Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage der Fraktion die FRAKTION zu Schneeräumarbeiten
in der Ratssitzung am 18.03.2021, TOP 3.3.

Inhalt der Drucksache:

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0472/2021 F1
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Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage der Fraktion die FRAKTION zu Schneeräumarbeiten
in der Ratssitzung am 18.03.2021, TOP 3.3.

Am ersten Februarwochenende (6./7.2.2021) kam es in der Region Hannover zu winterlichem Schneefall, in dessen Folge Schneeräumarbeiten nötig wurden. Radwege sind dabei in den ersten Tagen kaum oder auch schlecht geräumt worden, Schneeberge von geräumten Straßen blockierten sogar Radwege und Straßenübergänge, während der ÖPNV nahezu komplett ausfiel.

Der Winterdienst als Bestandteil der Straßenreinigung ist nach § 52 NStraßenG eine Aufgabe der Kommunen. Nur die Landeshauptstadt Hannover hat die Durchführung dieser Aufgaben an den Zweckverband aha übergeben. Dennoch ist weiterhin die Gebietskörperschaft Landeshauptstadt für diese Aufgabe zuständig.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Verwaltung:

1. In welchem Umfang (zeitlich, welches Gebiet / ggf. welche priorisierten Wege) ist die Räumung der Radwege vorgesehen? Sollte die Räumung der Radwege nicht oder nur eingeschränkt vorgesehen sein, bitten wir dies zu erläutern und zu begründen.
2. Bei den Räumarbeiten entstehen immer wieder Schneeberge an den Straßenübergängen. Diese machen es Menschen mit Kinderwagen oder bewegungseingeschränkten Menschen kaum möglich, Straßen zu überqueren. Warum werden diese Schneeberge nicht beseitigt, um ein barrierefreies Vorankommen zu gewährleisten?
3. Was muss geschehen, damit auch Radwege (im Sinne eines zusammenhängenden, lückenlos befahrbaren Straßennetzes) geräumt werden können und ein barrierefreies Vorankommen in Hannover auch bei Schneefall möglich ist? Welche Maschinen sind notwendig und welche personellen Kapazitäten?

Julian Klippert

Fraktionsvorsitzender

Text der Antwort

Frage 1: In welchem Umfang (zeitlich, welches Gebiet / ggf. welche priorisierten Wege) ist die Räumung der Radwege vorgesehen? Sollte die Räumung der Radwege nicht oder nur eingeschränkt vorgesehen sein, bitten wir dies zu erläutern und zu begründen.

Eine gesetzliche Räum- und Streupflicht besteht für Radwege grundsätzlich nicht.

Eine allgemeine Räum- und Streupflicht besteht für Fahrbahnen nur an Stellen (damit sind nicht ganze Straßen gemeint), die als verkehrswichtig (dauerhaftes + hohes Verkehrsaufkommen gemessen an der Größe der Stadt bzw./Gemeinde) und gefährlich gelten (z.B. schwierige Kurven, Gefälle, Kreuzungen). Diese Bereiche müssen dann zu ortsüblichen Zeiten geräumt und gestreut werden.
Das bedeutet für Hannover, dass im Rahmen der gesetzlichen Räum- und Streupflichten nur ein sehr geringer Anteil der Verkehrsflächen gesetzlich verpflichtend zu räumen und zu streuen ist.

Für Radwege in Hannover kommt die gesetzliche Räum- und Streupflicht nicht Betracht. Daher hat sich die Landeshauptstadt Hannover (LHH) seit vielen Jahren eine freiwillige Selbstverpflichtung auferlegt.
Diese beinhaltet, dass ca. 250 km städtische Radwege auch im Winter in der obersten Dringlichkeit durch aha zu räumen und zu streuen sind. Die Auswahl dieser Straßen erfolgte seinerzeit unter Beteiligung u.a. des ADFC und ist im Internet (https://www.aha-region.de/service/stadtreinigung-und-winterdienst/winterdienst/sichere-radwege/) einsehbar.

Das bedeutet konkret, dass die Räum- und Streumannschaften bei diesen 250 km Radwegen genauso zeitlich und einsatztechnisch vorgehen, wie auf den D1-klassifizierten Straßen (einschließlich Rufbereitschaften und Einsatzzeiten etc.).

Alle anderen Radwege werden wie die D2-klassifizierten Straßen nachrangig geräumt und gestreut.



Frage 2: Bei den Räumarbeiten entstehen immer wieder Schneeberge an den Straßen-übergängen. Diese machen es Menschen mit Kinderwagen oder bewegungseinge-schränkten Menschen kaum möglich, Straßen zu überqueren. Warum werden diese Schneeberge nicht beseitigt, um ein barrierefreies Vorankommen zu gewährleisten?

Aufgrund der bundesweiten Extremwetterlage, die zum andauernden Ausfall von Zugverbindungen im Nah- und Fernverkehr führte, streckenweise Bundesautobahnen lahmlegte und auch in Hannover zu tagelangem starken Schneefall und sogar Schneeverwehrungen führte, waren die Räum- und Streufahrzeuge im Dauereinsatz.

Dennoch konnte dieser Einsatz immer wieder nur temporär Abhilfe schaffen, weil die anhaltenden Schneefälle und Verwehungen die Fahrbahnen und Radwege nach Räumung/Streuung direkt wieder mit größeren Schneemassen überdeckten

Die vorübergehenden Beeinträchtigungen im barrierefreien Vorankommen des fußläufigen Verkehrs durch Schneeablagen der großen Räum- und Streufahrzeuge kann durch deren notwendige Betriebsabläufe entstehen und wird durch eine maschinelle oder manuelle Nachberäumung der rund 3800 Überwege im Stadtgebiet, binnen weniger Stunden beseitigt.

Grundsätzlich sind die maschinell bearbeiteten Räum- und Streutouren organisatorisch so geplant, dass die Fahrbahnen, mit einer größeren am Straßenrand rechtsseitig abzulegenden Schneemenge zeitlich vor den manuell bearbeiteten Kreuzungen und Überwegen abgearbeitet werden, um ein nachträgliches zuschieben der bereits beräumten Überwege zu verhindern. Insofern erfolgt gezielt eine zeitversetzte Bearbeitung der unterschiedlichen Verkehrswege, mit dem Ziel die satzungsgemäße Sicherstellung der Verkehrssicherheit zwischen 07.00 Uhr und 22.00 Uhr zu gewährleisten.

Bei plötzlichen und unerwarteten Störungen dieser Betriebsabläufe, beispielsweise durch Fahrzeugausfälle, kann sich die Nachberäumung der Überwege stellenweise verzögern.


Frage 3: Was muss geschehen, damit auch Radwege (im Sinne eines zusammen-hängenden, lückenlos befahrbaren Straßennetzes) geräumt werden können und ein barrierefreies Vorankommen in Hannover auch bei Schneefall möglich ist? Welche Maschinen sind notwendig und welche personellen Kapazitäten?

Das Radwegenetz in der Dringlichkeitsstufe 1 wird einsatztechnisch genauso behandelt wie die prioritären Straßen. Allerdings sind Radwege deutlich intensiver zu bearbeiten als Straßenfahrbahnen, soweit diese im Erscheinungsbild ebenso vollständig von Schnee und Eis befreit werden sollen. Aufgrund deutlich geringerer Nutzung bzw. Fahrbeziehungen mit geringerer Reibung/Fahrzeugbelastung und quantitativer Fahrbahnbewegung vereisen Radwege deutlich schneller als Straßenfahrbahnen mit höherer Frequenz und motorisiertem Verkehr, der geringe Mengen Schnee antaut oder zur Seite drückt/verweht. Zudem lässt sich ein vierrädriges Kraftfahrzeug bei leichter Glätte/Schneebildung deutlich sicherer führen als ein zweirädriges Fahrrad.

Sollte anstatt der „normalen“, bisher bereits herausgehobenen Bearbeitung der zentralen Radwege im D1-Einsatz, eine permanente „Schwarzräumung“ dieser Radwege gewünscht werden, müssten diese Strecken deutlich häufiger und intensiver bearbeitet werden. Dies ist möglich, würde aber eine deutliche Aufstockung von technischen und personellen Ressourcen erfordern.

Nach ersten erfahrungswertbasierten Schätzungen würde sich der Arbeitszeitaufwand im Winterdienst mindestens verdoppeln und es müssten bereits zum Zeitpunkt der Implementierung dieses neuen Standards ausreichend Fahrzeuge mit Vorräumbesen und Kombistreuung für die Bearbeitung der Radwege, sowie das erforderliche Personal zur Verfügung stehen.

Ein Radwege-Winterdienstspezialfahrzeug kostet ca. 200.000 € bei einer Abschreibungsdauer von 8 Jahren, was eine Erhöhung der Abschreibungskosten von 275 T € jährlich bei 11 neuen Fahrzeugen im Etat der Straßenreinigung bedeuten würde.
Hinzu kämen Personal- und Sachkosten für 11 Mitarbeiter*innen von derzeit ca. 715 T € jährlich. Der Zusatzaufwand würde somit knapp 1 Mio. € jährlich betragen.