Antrag Nr. 0311/2013:
Antrag der PIRATEN-Fraktion zu einer Satzung zur Regelung des Zugangs zu Informationen des eigenen Wirkungskreises der Landeshauptstadt Hannover

Informationen:

verwandte Drucksachen:

0311/2013 (Originalvorlage)

Beratungsverlauf:

Antragsteller(in):

PIRATEN-Fraktion

Inhalt der Drucksache:

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Antrag der PIRATEN-Fraktion zu einer Satzung zur Regelung des Zugangs zu Informationen des eigenen Wirkungskreises der Landeshauptstadt Hannover

Antrag

gemäß § 10 der GO des Rates der Landeshauptstadt Hannover den nachfolgenden Entwurf einer

Satzung zur Regelung des Zugangs zu Informationen des eigenen Wirkungskreises der Landeshauptstadt Hannover

zu beschließen:


Satzung zur Regelung des Zugangs zu Informationen des eigenen Wirkungskreises der Landeshauptstadt Hannover (Informationsfreiheitssatzung)


§ 1 Zweck der Satzung

Zweck dieser Satzung ist es, den freien Zugang zu den bei der Landeshauptstadt Hannover vorhandenen Informationen zu gewährleisten und die grundlegenden Voraussetzungen festzulegen, unter denen derartige Informationen zugänglich gemacht werden sollen. Von der Satzung betroffen sind ausschließlich Informationen in Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises.


§ 2 Begriffsbestimmung

Informationen im Sinne dieser Satzung sind alle Aufzeichnungen bei der Landeshauptstadt Hannover zu Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises, unabhängig von der Art ihrer Speicherung.


§ 3 Informationsfreiheit

(1) Jede Person mit Wohnsitz, Ausbildungsort oder Erwerbstätigkeit in der Landeshauptstadt Hannover sowie jede juristische Person mit Sitz in der Landeshauptstadt hat Anspruch auf Zugang zu den von dieser Satzung erfassten Informationen.

(2) Für die Ausführung der Aufgaben nach dieser Satzung entfällt die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit.



§ 4 Ausgestaltung des Informationszugangsanspruchs

(1) Die Landeshauptstadt Hannover hat grundsätzlich Auskunft zu erteilen, Akteneinsicht zu gewähren oder die Informationsträger zugänglich zu machen, welche die begehrten Informationen enthalten.

(2) Handelt es sich um vorübergehend beigezogene Akten anderer öffentlicher Stellen, die nicht Bestandteil der eigenen Verwaltungsunterlagen werden sollen, weist die Landeshauptstadt Hannover auf diese Tatsache hin und nennt der Antragstellerin oder dem Antragsteller die für die Entscheidung über die Einsicht in diese Akten zuständige Stelle.

(3) Die Landeshauptstadt Hannover stellt grundsätzlich ausreichende zeitliche, sachliche und räumliche Möglichkeiten für den Informationszugang zur Verfügung. Die Anfertigung von Notizen ist gestattet. Der Antragstellerin oder dem Antragsteller ist es erlaubt, Kopien anzufertigen. Die Landeshauptstadt stellt die dafür nötige Infrastruktur zur Verfügung oder ermöglicht sonstige Vervielfältigungsarten.

(4) Soweit der Erstellung von Kopien Urheberrechte Dritter entgegenstehen, ist von der zuständigen Stelle die Einwilligung der oder des Berechtigten einzuholen. Verweigert die oder der Berechtigte die Einwilligung, besteht kein Anspruch auf Aushändigung von Kopien. Wird eine Einwilligung nur gegen Entgelt erteilt, hat die Antragstellerin oder der Antragsteller dieses als Auslagen zu erstatten.

(5) Die Landeshauptstadt Hannover stellt auf Antrag Kopien von Informationsträgern, welche die begehrten Informationen enthalten, auch durch Versendung gegen Auslagenerstattung zur Verfügung.

(6) Soweit Informationsträger nur mit Hilfe spezieller technischer Hilfsmittel lesbar sind, stellt die Landeshauptstadt Hannover auf Verlangen der Antragstellerin oder des Antragstellers diese oder lesbare Ausdrucke zur Verfügung.

(7) Die Landeshauptstadt Hannover kann auf eine Veröffentlichung insbesondere im Internet verweisen, wenn sie der Antragstellerin oder dem Antragsteller die Fundstelle angibt.


§ 5 Antragstellung

(1) Der Zugang zu Informationen wird auf Antrag gewährt. Der Antrag kann schriftlich, mündlich, zur Niederschrift oder in elektronischer Form gestellt werden. Er muss hinreichend bestimmt sein und insbesondere solche Angaben enthalten, die das Auffinden der gewünschten Informationen mit angemessenem Aufwand ermöglichen. Sofern der Antragstellerin oder dem Antragsteller Angaben zur Umschreibung der begehrten Informationen fehlen, hat die Landeshauptstadt Hannover sie oder ihn zu beraten.

(2) Der Darlegung eines rechtlichen Interesses oder einer Begründung des Antrages bedarf es nicht.

(3) Der Antrag soll bei der zuständigen Stelle gestellt werden. Zuständig ist die Organisationseinheit der Landeshauptstadt Hannover, bei der die begehrten Informationen vorhanden sind. Ist die Stelle, bei der ein Antrag gestellt wird, nicht zuständig, so hat sie den Antrag an die zuständige Organisationseinheit weiterzuleiten und die Antragstellerin oder den Antragsteller darüber in Kenntnis zu setzen.


§ 6 Erledigung des Antrages

(1) Die Landeshauptstadt Hannover macht die begehrten Informationen über die zuständige Stelle unverzüglich, spätestens aber innerhalb eines Monats ab Antragstellung zugänglich.

(2) Soweit Umfang und/oder Komplexität der begehrten Informationen dies rechtfertigen, kann die Frist des Absatzes 1 um bis zu zwei weitere Monate verlängert werden. Die Antragstellerin oder der Antragsteller ist über die Fristverlängerung und deren Gründe schriftlich zu informieren.

(3) Die Ablehnung eines Antrags oder die Beschränkung des begehrten Zugangs zu Informationen ist ein Verwaltungsakt und innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist schriftlich zu begründen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.


§ 7 Schutz öffentlicher Belange und Rechtsdurchsetzung

Der Antrag auf Zugang zu Informationen kann insbesondere abgelehnt werden, soweit und solange
1. die begehrten Informationen nach einem Gesetz geheim
gehalten werden müssen oder
2. durch die Bekanntgabe der Informationen der Verfahrensablauf eines anhängigen Gerichtsverfahrens, Ordnungswidrigkeitsverfahrens
oder Disziplinarverfahrens erheblich beeinträchtigt würde oder

3. die Bekanntgabe der Informationen den Erfolg eines
strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gefährden würde.


§ 8 Schutz des behördlichen Entscheidungsbildungsprozesses

Der Antrag auf Zugang zu Informationen ist abzulehnen, soweit sie Verfahren und Entscheidungen betreffen, die sich noch in der Entwurfsphase befinden und in denen Entschlüsse erst vorbereitet werden. Ist das Verfahren abgeschlossen und der Entschluss gefasst, können Akten aus der Entwurfsphase und zur Vorbereitung von Entschlüssen eingesehen werden.


§ 9 Schutz personenbezogener Daten

Einem Antrag auf den Zugang zu Informationen, welche personenbezogene Daten enthalten, ist nur stattzugeben, soweit datenschutzrechtliche Bestimmungen dies zulassen.


§ 10 Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen

(1) Der Antrag auf Zugang zu Informationen kann abgelehnt werden, wenn durch die Übermittlung der Informationen Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse offenbart werden und die schutzwürdigen Belange der oder des Betroffenen das Offenbarungsinteresse der Allgemeinheit erheblich überwiegen, es sei denn, die oder der Betroffene ist mit der Informationserteilung einverstanden.

(2) Soll Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gewährt werden, so hat die Landeshauptstadt Hannover der oder dem Betroffenen vorher Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Landeshauptstadt Hannover ist bei ihrer Entscheidung über den Informationszugang an diese Stellungnahme nicht gebunden.


§ 11 Verfahren bei Beteiligung Dritter

(1) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass durch den Antrag auf Information Belange Dritter berührt sein können und diese ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss der Information haben könnten, gibt die Landeshauptstadt Hannover der oder dem Dritten schriftlich Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats.

(2) Eine Entscheidung über den Informationszugang ergeht in diesen Fällen stets schriftlich und wird auch der oder dem Dritten bekannt gegeben. Die Information erfolgt erst, nachdem die Entscheidung der oder dem Dritten gegenüber bestandskräftig geworden oder die sofortige Vollziehung angeordnet worden ist und seit Bekanntgabe der Anordnung an die Dritte oder den Dritten eine Frist von zwei Wochen verstrichen ist.


§ 12 Trennungsprinzip

Wenn nur Teile des angeforderten Dokuments den Schutzbestimmungen der §§ 7 bis 10 unterliegen, werden die übrigen Teile des Dokuments der Antragstellerin oder dem Antragsteller zugänglich gemacht.


§ 13 Verhältnis zu anderen Informationszugangsrechten

Rechtsvorschriften, die einen weitergehenden Zugang zu Informationen ermöglichen oder ihre Grundlage in besonderen Rechtsverhältnissen haben, bleiben unberührt.


§ 14 Kosten

(1) Mündlich oder telefonisch erteilte sowie einfache schriftliche Auskünfte sind kostenfrei.

(2) Für weitergehende Auskünfte sind die Gebühren so zu bemessen, dass zwischen Verwaltungsaufwand einerseits und dem Recht auf Akteneinsicht andererseits ein angemessenes Verhältnis besteht. Die Gebührensätze richten sich nach der Verwaltungskostensatzung der Landeshauptstadt Hannover.

(3) Über die Höhe der Gebühren ist die Antragstellerin oder der Antragsteller vorab zu informieren.


§ 15 Aktive Veröffentlichungen

Das Prinzip der maximalen Öffentlichkeit soll Anwendung finden. Alle rechtlichen Ermessensspielräume sollen ausgeschöpft werden, um eine frühestmögliche elektronische Veröffentlichung aller Informationen zu gewährleisten, die den Entscheidungsprozessen des Rates und der Verwaltung zugrunde liegen.


§ 16 Inkrafttreten

Diese Satzung tritt am …………… in Kraft, zunächst für eine Beobachtungsfrist von 30 Monaten. Sie tritt außer Kraft, wenn der Rat bis zum Ablauf der Frist keine Fortgeltung beschließt.

Begründung

Transparenz ist ein wichtiges Mitgestaltungs- und Kontrollinstrument in unserer Demokratie. Dazu gehört auch Informationsfreiheit, welche die effektive Wahrnehmung von Bürgerrechten vereinfacht und das Vertrauensverhältnis zur öffentlichen Verwaltung fördert.

Das Informationsfreiheitsgesetz, das Umweltinformationsgesetz und weitere Regelungen auf Bundes- sowie Landesebene erlauben Menschen die Einsicht in Akten und Daten der Verwaltungen. Diese Abkehr vom Prinzip der Amtsverschwiegenheit ist ein wichtiger Paradigmenwechsel in einer Wissensgesellschaft, in der es auf Beteiligung jedes Einzelnen ankommt.

Mittlerweile elf Bundesländer haben eigene Informationsfreiheitsgesetze erlassen. In Niedersachsen jedoch existiert kein entsprechendes Landesgesetz. Umso bedeutender ist hier, dass die Gemeinden mit gutem Beispiel vorrangehen und auf Basis einer Selbstverpflichtung in Form einer kommunalen Informationsfreiheitssatzung für den Zugang zu Informationen sorgen.

Niedersächsische Städte wie Braunschweig, Göttingen oder Langenhagen haben zwischenzeitlich jeweils einstimmig eigene kommunale Informationsfreiheits-satzungen beschlossen. Diese vereinfachen auf Ortsebene den öffentlichen Zugang zu Behördeninformationen und räumen Bürgerinnen und Bürgern zugleich weitreichende, verbindliche Informationsrechte ein. Amtliche Unterlagen und Bestände, die mit Mitteln der Allgemeinheit erstellt wurden, sind nun ohne bürokratische Hürden allgemein zugänglich.

Auch für Hannover ist eine solche kommunale Informationsfreiheitssatzung wünschenswert, denn die Landeshauptstadt sollte bezüglich Informationsfreiheit zum Standard benachbarter Kommunen aufschließen.

Vor diesem Hintergrund hatte die PIRATEN-Fraktion im August 2012 einen Antrag (Drs. 1806/2012) eingereicht, durch den die Verwaltung mit der Erarbeitung einer Informationsfreiheitssatzung für die Landeshauptstadt Hannover beauftragt werden sollte. Dieser Antrag wurde in der Ratssitzung am 31. Januar 2013 abgelehnt.

In vorausgegangenen politischen Diskussionen, u.a. im federführenden Organisations- und Personalausschuss, wurde als Ablehnungs-Argument auch ein enormer Arbeitsaufwand angeführt, der auf die Verwaltung zukäme.

Um den Arbeitsaufwand der Verwaltung zu minimieren, enthält der vorliegende Antrag einen ausgearbeiteten Entwurf einer „Satzung zur Regelung des Zugangs zu Informationen des eigenen Wirkungskreises der Landeshauptstadt Hannover“. Ähnlich lautende Satzungen wurden bereits von zahlreichen Kommunen beschlossen.

Der Satzungsentwurf für die Landeshauptstadt Hannover wurde mit einer Befristung versehen, um dem Rat die Möglichkeit zu geben, diese im Falle einer Nichtbewährung, oder im Falle einer Gesetzesänderung auf Landesebene, ohne neue Befassung zum Ablauf der Frist auslaufen zu lassen. Sollte sich die Satzung bewähren, kann die Befristung durch einen Ratsbeschluss aufgehoben oder verlängert werden.



Hannover, den 8. Februar 2013




Dr. Jürgen Junghänel
(Fraktionsvorsitzender)