Drucksache Nr. 0137/2009 N1:
Bebauungsplan Nr. 1708, Forschungszentrum Bemeroder Straße
Aufstellungs- und Auslegungsbeschluss

Informationen:

Beratungsverlauf:

Nachrichtlich:

  • Stadtbezirksrat Kirchrode-Bemerode-Wülferode
  • Stadtbezirksrat Misburg-Anderten
  • Stadtbezirksrat Döhren-Wülfel
  • Stadtbezirksrat Buchholz-Kleefeld
  • Ausschuss für Arbeitsmarkt- Wirtschafts- und Liegenschaftsangelegenheiten

Inhalt der Drucksache:

Bitte beachten Sie, dass der folgende Text eventuell medienbedingte Formatabweichungen aufweisen kann. Eine formatgetreue Abbildung des Inhalts finden Sie in der Anlage "Druckversion.pdf".
Landeshauptstadt HannoverBeschlussdrucksache-ZeichenBeschlussdrucksache
In den Stadtentwicklungs- und Bauausschuss
In den Ausschuss für Umweltschutz und Grünflächen
In den Verwaltungsausschuss
In die Ratsversammlung
An den Stadtbezirksrat Kirchrode-Bemerode-Wülferode (zur Kenntnis)
An den Stadtbezirksrat Misburg-Anderten (zur Kenntnis)
An den Stadtbezirksrat Döhren-Wülfel (zur Kenntnis)
An den Stadtbezirksrat Buchholz-Kleefeld (zur Kenntnis)
An den Ausschuss für Arbeitsmarkt-, Wirtschafts- und Liegenschaftsangelegenheiten (zur Kenntnis)
 
Nr.
Anzahl der Anlagen
Zu TOP
1. Neufassung
0137/2009 N1
5
 
BITTE AUFBEWAHREN - wird nicht noch einmal versandt

Bebauungsplan Nr. 1708, Forschungszentrum Bemeroder Straße
Aufstellungs- und Auslegungsbeschluss

Antrag,

  1. die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 1708 zu beschließen,
  2. dem Entwurf des Bebauungsplanes Nr.1708 mit Begründung zuzustimmen,
  3. dem Zusatzantrag des Stadtbezirksrates Kirchrode-Bemerode-Wülferode nicht zu folgen,
  4. die öffentliche Auslegung gemäß § 3 Abs. 2 BauGB zu beschließen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Die Bauleitplanverfahren und die damit verfolgten Planungsziele wirken sich in gleichwertiger Weise auf die Belange von Männern und Frauen bzw. auf alle gesellschaftlichen Gruppen aus.

Durch die verkehrsgünstige Lage des geplanten Baugebietes kann in besonderer Weise den Bedürfnissen von berufstätigen und erziehenden Frauen sowie mobilitätseingeschränkten Personen entsprochen werden, welche auf die Benutzung des ÖPNV angewiesen sind.

Kostentabelle

Die Kosten werden in Abschnitt 7 der Bebauungsplanbegründung (Anlage 2 zu dieser Drucksache) abgehandelt.

Begründung des Antrages

Die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit wurde nach Beschluss des Verwaltungsausschusses vom 12.06.2008 in der Zeit vom 25.08.2008 bis 24.09.2008 durchgeführt.
Insgesamt sind rd. 1.300 Zuschriften zur frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung eingegangen, die letzten am 20.10.2008. Davon sind 21 Zuschriften nicht durch Unterschrift autorisiert.

Hinsichtlich der Art der Einwanderhebung entfallen neben der Stellungnahme der "Bürgerinitiative gegen Massentierversuche in Wohngebieten" die Zuschriften auf:

  • Individuell formulierte Einwände 65
  • Stellungnahmen in vordruckhafter Form 118
  • Postkarten mit Bezug auf die Stellungnahme der Bürgerinitiative

in der Fassung vom 30.08.2008 1101

In drei Fällen schlossen sich durch Unterschriftslisten mit 10, 17 bzw. 14 Unterschriften Bürgerinnen und Bürger bereits abgegebenen Stellungnahmen an.

In 76 Fällen wurden Mehrfach-Stellungnahmen abgegeben, bis zu 15 pro Person.

Nach Name und Adresse erkennbar haben in sehr vielen Fällen Familienangehörige separate Stellungnahmen abgegeben, so dass die um Mehrfach-Stellungnahmen und nicht durch Unterschrift legitimierte Zuschriften bereinigte Anzahl von Stellungnahmen insgesamt 1244 Personen zuzuordnen war.

Die Stellungnahmen entfallen überwiegend auf die dem Ansiedlungsvorhaben benachbarten Stadtteile Kirchrode, Kleefeld, Seelhorst und Bemerode (1079 Personen), ein geringerer Anteil (128) entfällt auf das übrige Stadtgebiet. Darüber hinaus äußerten sich 37 Personen mit Adresse außerhalb des Stadtgebietes, davon 11 aus der Region Hannover.

Abgesehen von der direkten Nachbarschaft der Einrichtung der Lebenshilfe gGmbH konnte bezüglich einer räumlichen Betroffenheit (2 km-Radius) folgende Zuordnung vorgenommen werden:

Lage bis zu 500 m Entfernung vom Vorhabenstandort: 1


Lage zwischen 500 m und 1.000 m Entfernung vom Vorhabenstandort 191
Lage zwischen 1.000 m und 2.000 m 566

Summe: 758

Lage außerhalb 2.000 m 486

Ferner erhielt die Stadt per Adresse des Oberbürgermeisters bis zum 14.10.2008 zusätzlich 3.282 E-Mails, in denen ohne Bezugnahme auf die Bauleitplanung das Tierimpfstoffzentrum der Fa. Boehringer Ingelheim aus Gründen des Tierschutzes abgelehnt wird. Diese E-Mails enthalten keine Postanschrift und zum Teil auch keine Namensangabe.

Alle Stellungnahmen beziehen sich auf die konkrete Ansiedlung eines Europäischen Zentrums für Tierimpfstoffe der Fa. Boehringer Ingelheim (Boehringer Ingelheim Veterinary Research Center - BIVRC) und auch direkt oder indirekt auf das 202. Änderungsverfahren zum Flächennutzungsplan, Teilbereich 202.2, und das Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 1708. Sie sind - bis auf wenige Ausnahmen - das Ansiedlungsvorhaben und daher auch die Bauleitplanung strikt ablehnenden Inhalts.

Die Verwaltung hat die vorgetragenen Einwendungen ausgewertet und zu Themengruppen zusammengefasst, in einer für beide Bauleitplanverfahren gleichlautenden Anlage zusammengestellt und mit Anmerkungen versehen. Für den Bebauungsplan Nr. 1708 ist dies die Anlage 4 zu dieser Drucksache.

Die Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange wurde im Dezember 2008 durchgeführt.

Die Region Hannover hat Hinweise zur Regenwasserversickerung, zum Zielabweichungsverfahren zum Regionalen Raumordnungsprogramm 2005 und zum wasserrechtlichen Verfahren zur Verlegung des Heistergrabens gegeben, die inhaltlich in der Begründung (Anlage 2) behandelt werden.

Das Niedersächsische Forstamt Fuhrberg äußerte sich zum Schutz der Stieleiche und zum Abstand zu einen bewaldeten Grundstück in der Nachbarschaft. Hierauf wird ebenfalls in der Begründung eingegangen.

Zur öffentlichen Auslegung wurde der Geltungsbereich des Bebauungsplanes gegenüber der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit verändert.

Im Norden ist der Geltungsbereich um eine Dreieckfläche erweitert worden, weil hier die geplante Grünverbindung mit Fuß- und Radweg zum Westrand von Kirchrode (Röhrichtweg) in die Fuß- und Radwegeverbindung zwischen Bemeroder Straße und Lange-Feld-Straße einmündet. Zur städtebaulichen Betonung des Einmündungsbereiches ist hier eine Aufweitung der öffentlichen Grünverbindung geboten.

Die Eingriffsregelung hat ergeben, dass die erforderliche Ausgleichsfläche geringer ist, als zur frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung angenommen. Die damals vorgesehene Ausgleichsfläche im Stadtteil Anderten in der Nähe der Autobahnraststätte Wülferode entfällt deshalb.

Die Änderungen berühren die Grundzüge der Planung nicht.

Der Stadtbezirksrat Kirchrode-Bemerode-Wülferode hat am 25.03.2009 im Rahmen der Anhörung folgenden Zusatzantrag zur Drucksache Nr.0137/2009 beschlossen:

Im Planbeschluss sind folgende Festsetzungen wie folgt zu regeln:

  1. Die zulässigen Oberkanten von Gebäuden, derzeit mit 85 und mit 78 m ü. NN angegeben, sind für Tierhaltungsgebäude zu reduzieren auf die Höhe des derzeit im Bau befindlichen Klinikums der Tierärztlichen Hochschule am Bünteweg (Bebauungsplan Nr. 1574).
  2. Die Produktherstellung als untergeordnete Betriebseinrichtung ist zu beschränken auf eine solche im Zusammenhang mit einem Zulassungsverfahren und der Ermittlung des Herstellungsverfahrens.
  3. Maßnahmen des Artenschutzes, insbesondere für Fledermäuse, ggf. auch für den Eisvogel, sind explizit zu benennen.

Der Zusatzantrag mit Begründung (Drucksache Nr. 15-0641/2009) ist dieser Drucksache als Anlage 5 beigefügt.

Stellungnahme der Verwaltung:

  1. Der Geltungsbereich des Bebauungsplanes liegt im Einzugsbereich der zur EXPO 2000 neu gebauten Stadtbahnlinie in der Bemeroder Straße. Es ist städtebauliches Ziel, entlang dieses leistungsfähigen Nahverkehrssystems die Nutzungsintensität zu steigern. Gleichzeitig sollen aber die vorhandenen Höhendominanten an der Bemeroder Straße (TiHo-Hochhaus; Redaktionstürme Verlagsgesellschaft Madsack) in der Höhe nicht überschritten werden. Mit der Höhenbegrenzung für den westlichen Teil des Geltungsbereiches auf ca. 27 m über Gelände wird sichergestellt, dass sich Neubauten in das durch diese Dominanten geprägte Ortsbild einfügen. Im östlichen Teil wird die zulässige Höhe auf ca. 20 m über Gelände festgesetzt. Dieses Maß stellt sicher, dass Vorhaben sich der zulässigen Bauhöhe im Geltungsbereich des benachbarten B-Planes Nr. 1632 (22 m über Gelände) und den Wipfeln des denkmalgeschützten Trippschen Parks (25 – 31 m) unterordnen.
    Neben den städtebaulichen Rahmenbedingungen wird mit den Höhenfestsetzungen auf die äußerst vielfältigen Anforderungen reagiert, denen die innere Struktur von Forschungsreinrichtungen gerecht werden muss.
  2. In § 1 Abs. 2 Nr. 4 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes ist eindeutig geregelt, dass nur Betriebe zulässig sind, die im sachlichen und räumlichen Zusammenhang mit Labor- und Forschungseinrichtungen für den tiermedizinischen Bereich stehen und diesen gegenüber untergeordnet sind. Damit wird sichergestellt, dass eine von der tiermedizinischen Forschung unabhängige Produktion nicht zugelassen werden darf.
    Um neu entwickelte Impfstoffe später in Serie oder Großserie herstellen zu können, ist vorher der prinzipielle Nachweis der Anlagen- und Prozessfähigkeit zu erbringen. Die Vorgehensweise für Tierarzneimittel unterscheidet sich hier nicht von der der Humanarzneimittel. Dieses bedeutet, dass in einer so genannten „Pilotproduktion“ entwicklungsnah, aber unter seriennahen Bedingungen (meist kleinere Anlagen und Prozesse, die später für eine Groß-Serienproduktion für jeden anderen Standort hochscaliert werden), eine Qualifizierung der spezifischen Prozess-Anlagen und eine Feststellung der Zuverlässigkeit der Herstellprozesse durchgeführt werden muss. Alles dieses erfolgt in einer Pilotproduktionsanlage, die räumlich und sachlich im Zusammenhang mit der Forschung und Entwicklung steht.

  3. Zum Artenschutz sind vom einem Fachgutachter ausführliche und gründliche Untersuchungen durchgeführt worden.
    Dabei wurde festgestellt, dass Fledermäuse das Plangebiet lediglich als Jagdrevier nutzen. Diese ökologischen Funktionen können von anderen geeigneten Strukturen in der Umgebung des Plangebietes übernommen werden. Im engeren Untersuchungsgebiet (B-Plan-Geltungsbereich mit unmittelbar angrenzenden Flächen) wurden trotz intensiver Nachsuche und Telemetrie von Fledermäusen keine Quartiere (Fortpflanzungs- und Ruhestätten) gefunden. Das Vorhandensein von dauerhaft genutzten Quartieren und insbesondere von für die Populationsentwicklung besonders wichtigen Wochenstuben oder Winterquartieren kann daher ausgeschlossen werden.
    Der Eisvogel wurde im Plangebiet und seiner Umgebung nicht festgestellt. Das Brutrevier eines Eisvogels umfasst etwa 1,5 - 2 km Länge eines kleinen Fließgewässers mit Abbruchkanten in den Uferbereichen sowie angrenzende ruhige Bereiche. Entlang des Büntegrabens sind die Entwicklungsmöglichkeiten für den Eisvogel nicht optimal. Der (vom Bebauungsplan Nr. 1708 unabhängige) naturnahe Ausbau des Büntegrabens könnte ggfs. zu Verbesserungen des Bruthabitats und der Möglichkeiten der Nahrungsaufnahme führen.
    Zum Artenschutz siehe auch Abschnitt 2.2.3 des Umweltberichtes
    (Anlage 2 zu dieser Drucksache).

Die Verwaltung empfiehlt, dem Zusatzantrag des Stadtbezirksrates nicht zu folgen.

Die textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanentwurfes wurden in drei Punkten modifiziert:

  1. § 1 Abs. 2 Nr. 3, 2. Absatz, Satz 3
    "Die Fäkalien sind gefasst zu sammeln und fachgerecht bis zur vorgeschriebenen Vorbehandlung
    (gem. Gentechniksicherheits-Verordnung) zu lagern."
    Diese Änderung war erforderlich, weil für die Sicherheitsstufen 1 bis 3 unterschiedliche Vorbehandlungen vorgeschrieben sind
    (z. B. die Sterilisation bei Sicherheitsstufe 3).
  2. § 3 Satz 2
    "Ausgenommen davon sind Wege zur Pflege des Gewässers und für Zwecke des Brandschutzes sowie Anlagen zur Regenwasserrückhaltung bzw. -versickerung."
    Hier wurden die Anlagen für Regenwasserrückhaltung und -versickerung aufgenommen.
  3. § 5 Abs. 3 Satz 1
    "Auf der südlichen Fläche für die Bepflanzungen vorgeschrieben sind, sind je 100 m² mindestens 2 standortheimische Bäume erster und zweiter Ordnung und 20 standortheimische Sträucher zu pflanzen und zu erhalten."
    Auf Anregung der benachbarten Lebenshilfe wurde die Qualität der Bäume (1. und 2. Ordnung) ergänzt, um eine möglichst optimale Wirkung des Pflanzstreifen zu erreichen.

Die Region Hannover hat aufgrund der Anträge der Stadt vom 07.01.2008 und 28.08.2008 ein Zielabweichungsverfahren zum Regionalen Raumordnungsprogramm gem. § 11 des Nds. Raumordnungsgesetzes durchgeführt. Sie hat mit Entscheidung vom 13.03.2009 festgestellt, dass die Abweichung vom Ziel "Vorranggebiet für Freiraumsicherung" des Regionalen Raumordnungsprogrammes 2005 für die Verfahren zur
202. Änderung des Flächennutzungsplanes Hannover (Teilbereich 202.2) und den Bebauungsplan Nr. 1708, mit denen die Ansiedlung des Forschungszentrums Bemeroder Straße ermöglicht werden soll, zugelassen wird.

Die Begründung des Entwurfes wurde in den Abschnitten
2.4 Regionales Raumordnungsprogramm,
3.2 Art der baulichen Nutzung, Tierhaltung,
3.3 Maß der baulichen Nutzung / Baugrenzen,
4.2 Ver- und Entsorgung, Niederschlagswasser sowie
6.1 Schall
überarbeitet.

Die beantragten Beschlüsse sind erforderlich, um das Bebauungsplanverfahren weiterführen zu können.

In der Anlage 3 zur Drucksache sind die umweltbezogenen Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange sowie die naturschutzfachliche Stellungnahme des Fachbereichs Umwelt und Stadtgrün wiedergegeben. Diese Stellungnahmen werden mit dem Entwurf des Bebauungsplanes und der Entwurfsbegründung öffentlich ausgelegt.

Zum Bebauungsplan Nr. 1708 soll ein städtebaulicher Vertrag zwischen der Stadt Hannover und der Fa. Boehringer Ingelheim abgeschlossen werden, der Regelungen enthält, die über die Festsetzungsmöglichkeiten im Bebauungsplan hinausgehen. Die erforderliche Ratsvorlage wird parallel zu den Drucksachen zur öffentlichen Auslegung der Flächennutzungsplanänderung Nr. 202.2 und des Bebauungsplanes Nr. 1708 in den Ratsgremien behandelt werden. Die Verwaltung stellt sicher, dass der
Bebauungsplan Nr. 1708 nicht öffentlich ausgelegt wird, bevor der städtebauliche Vertrag rechtswirksam abgeschlossen ist.

61.12 
Hannover / 15.04.2009