Drucksache Nr. 0113/2020 F1:
Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage der Fraktion Die FRAKTION zum Thema "Kündigung nach Maß"
in der Ratssitzung am 27.02.2020, TOP 2.1.

Inhalt der Drucksache:

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0113/2020 F1
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Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage der Fraktion Die FRAKTION zum Thema "Kündigung nach Maß"
in der Ratssitzung am 27.02.2020, TOP 2.1.

Wie unter anderem der haz vom 22.11.2019 zu entnehmen war, hat die LHH einer im Ordnungsdienst tätigen Frau innerhalb der Probezeit gekündigt. Hintergrund hierfür war, dass die Stadt angeblich durch den Bekanntenkreis der Mitarbeiterin darauf aufmerksam gemacht wurde, dass die Dame nebenberuflich als Prostituierte tätig sei, ohne dies der Stadt angegeben zu haben. Da die Mitarbeiterin dies zunächst verneinte, kurze Zeit später jedoch eingestand, dass sie in der Vergangenheit als Prostituierte tätig gewesen sei, die Arbeit aber mit dem neuen Job im Ordnungsdienst aufgegeben hat, kündigte ihr die Stadt. Auch wenn die Kündigung in der Probezeit rechtlich keinen Grund benötigt, gab die LHH an, die Kündigung aufgrund der vorangegangen Lüge ausgesprochen zu haben.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Verwaltung:
1. Stimmt es, dass die Verwaltung der LHH monatelang Probleme hatte, die Stellen des neu geschaffenen Ordnungsdienstes mit Personal zu besetzen, und wenn ja: gestaltete sich eine paritätische Besetzung (gemäß Änderungsantrag 2346/2017) ähnlich schwierig oder gar noch schwieriger, und wie gedenkt die Verwaltung zukünftig eine Parität herzustellen?
2. Verfügt die LHH über einen Ermessensspielraum für Kündigungen in der Probezeit bzw. hält die LHH das Verschweigen einer gemeinhin gesellschaftlich geächteten und zum Großteil nur heimlich ausgeübten Tätigkeit wie die der Prostitution für eine nachvollziehbare Handlung und wenn nein: hätte die LHH ähnlich rigide reagiert, wäre die Frau z. B. beschuldigt worden, nebenberuflich Tiere zu pflegen?
3. Haben sich Fachbereich bzw. Führungskräfte entsprechend der Dienstvereinbarung Nr. 11/320 “für die Häusliche Gewalt und ihre Auswirkung auf die Arbeitswelt” verhalten (vor dem Hintergrund der häuslichen Gewalt durch Missbrauch von Macht und Ausüben von Kontrolle; Ausüben von psychischer und sozialer/ökonomischer Gewalt mit Einfluss auf das Arbeitsleben), Maßnahmen zur Unterstützung wie Erhalt des Arbeitsplatzes angeboten sowie auf Beratungsinstanzen innerhalb und außerhalb der LHH hingewiesen und wenn ja auf welche?
Julian Klippert
Fraktionsvorsitzender

Text der Antwort

Frage 1: Stimmt es, dass die Verwaltung der LHH monatelang Probleme hatte, die Stellen des neu geschaffenen Ordnungsdienstes mit Personal zu besetzen und wenn ja, gestaltete sich eine paritätische Besetzung (gemäß Änderungsantrag 2346/2017) ähnlich schwierig oder gar noch schwieriger, und wie gedenkt die Verwaltung zukünftig eine Parität herzustellen?

Die Personalauswahl für den Ordnungsdienst erfolgt in einem zweistufigen Verfahren. Nach einem strukturierten Interview durchlaufen die daraus erfolgreich hervorgegangenen Bewerber*innen eine zweitägige Hospitation im Städtischen Ordnungsdienst. Die Stellen im Außendienst wurden zunächst stadtintern im Rahmen eines Interessenbekundungsverfahrens unter Einbeziehung der eingegangenen Initiativbewerbungen besetzt. Eine interne und eine externe Ausschreibung erfolgten im Februar 2018. Hierauf gingen eine Vielzahl von Bewerbungen ein, die jedoch nach Durchlaufen des Auswahlverfahrens nur in 10% bis 15% als geeignet bewertet und eingestellt werden konnten. Eine weitere Ausschreibung zur Nachbesetzung bereits wieder frei gewordener Stellen ist in Vorbereitung.

In den bisherigen Verfahren lag der Anteil an Bewerbungen von Frauen bei unter 10%. Alle weiblichen Bewerber*innen, die die formellen Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, werden zu den Vorstellungsgesprächen eingeladen, da wir ein hohes Interesse an einer Steigerung des Frauenanteils im Ordnungsdienst haben. Aktuell sind gut 13% der Beschäftigten Frauen (6 von 45).


Frage 2: Verfügt die LHH über einen Ermessensspielraum für Kündigungen in der Probezeit bez. hält die LHH das Verschweigen einer gemeinhin gesellschaftlich geächteten und zum Großteil nur heimlich ausgeübten Tätigkeit wie die der Prostitution für eine nachvollziehbare Handlung und wenn nein, hätte die LHH ähnlich rigide reagiert, wäre die Frau Z. B. beschuldigt worden, nebenberuflich Tiere zu pflegen?

Eine Probezeitkündigung unterliegt nicht den strengen Maßgaben des Kündigungsschutzgesetzes. Sie muss sich jedoch am Willkürverbot messen lassen. Das bedeutet, dass ein sachlich nachvollziehbarer Grund für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses innerhalb der Probezeit vorliegen muss. Aus diesem Grunde werden Probezeitkündigungen bei der Landeshauptstadt Hannover nur dann ausgesprochen, wenn Tatsachen vorliegen, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.

Die Tatsache, dass die Beschäftigte der Prostitution nachgegangen ist, war für die Kündigung unerheblich.

Erheblich und damit Kündigungsgrund war die Tatsache, dass die Beschäftigte gegenüber der Arbeitgeberin Landeshauptstadt Hannover in fortgesetztem Maße die Unwahrheit gesagt hat und dadurch das Vertrauensverhältnis zu den Vorgesetzen erheblich gestört war.

Darüber hinaus sind entgeltliche Nebentätigkeiten, ob Prostitution oder sonstige Nebentätigkeiten, der Arbeitgeberin gemäß den tarifrechtlichen Vorgaben anzuzeigen. Ein Verstoß gegen diese Anzeigepflicht aus § 3 III TVöD stellt eine Dienstpflichtverletzung dar und kann zu personalrechtlichen Konsequenzen führen. Dabei ist der Landeshauptstadt Hannover der besondere Umstand und die mit der Beschäftigung als Prostituierte einhergehenden Ängste und Sorgen vor Ächtung oder Ausgrenzung durchaus bewusst.

Frage 3: Haben sich Fachbereich bzw. Führungskräfte entsprechend der Dienstvereinbarung Nr. 11/320 „für die Häusliche Gewalt und ihre Auswirkung auf die Arbeitswelt“ verhalten (vor dem Hintergrund der häuslichen Gewalt durch Missbrauch von Macht und Ausüben von Kontrolle; Ausüben von psychischer und sozialer/ökonomischer Gewalt mit Einfluss auf das Arbeitsleben), Maßnahmen zur Unterstützung wie Erhalt des Arbeitsplatzes angeboten sowie auf Beratungsinstanzen innerhalb und außerhalb der LHH hingewiesen und wenn ja, auf welche?
Die Dienstvereinbarung 11/320 wurde in diesem Fall nicht angewandt. Die Beschäftigte befand sich, nach eigenen Angaben, hinsichtlich ihrer persönlichen Situation bereits länger sowohl in polizeilicher als auch in anwaltlicher Beratung. Darüber hinaus haben wir für die Mitarbeiterin direkten Kontakt zur Polizeidirektion Hannover vermittelt. Hinweise auf darüberhinausgehende Beratungsmöglichkeiten innerhalb und außerhalb der Landeshauptstadt Hannover durch die Vorgesetzten erfolgten nicht.